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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Hemmnisse innerer Kolonisation

Reinertrag der abgeschriebenen Parzelle und das Restgut würde außerdem
durch die Neuansiedlung an Wert gewinnen. Allerdings würde man noch eine
Prüfung fordern müssen, ob der Gutsbesitzer sich auch wirklich nicht mehr als
die Rente ausbedungen hat. Da über jeden Grundstückskauf eine gerichtliche
und notarielle Urkunde aufgenommen werden muß, so kann zweckmäßig in
derselben vom Verkäufer und Käufer versichert werden, daß Verkäufer sich
nicht mehr als die Rente ausbedungen hat und daß Käufer nicht mehr als
die Rente gibt. Der Gemeindevorsteher und Amtsvorsteher wird dies auch
leicht nachprüfen können. In diesem Falle könnte daher das Unschädlichkeits¬
attest sehr wohl durch eine Bescheinigung des Amtsvorstehers oder des Gemeinde¬
vorstehers ersetzt werden. Diese Bescheinigung wird dahin zu lauten haben,
daß die ausbedungene Rente den Jahreszinsen des ortsüblichen Wertes der
Parzelle entspricht.

Verlangt man diese Bescheinigung, die leicht zu beschaffen wäre, und jene
Versicherung beider Teile im Kaufvertrage, so werden schwerlich die Hypotheken¬
gläubiger jemals geschädigt werden können. Schließlich erhalten sie ja auch
von jeder Abschreibung Mitteilung vom Gericht und können, wenn sie wollen,
alles nachprüfen.




Ähnliches habe ich auf der Versammlung des Vereins für exakte Wirt¬
schaft forschung (5. Ergänzungsheft S. 12) und auf dem zweiten Internatio¬
nalen Hausbesitzerkongreß ausgeführt (Stenogr. Bericht Bd. II, S. 159).

Jüngst fragte ein Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses bei mir an,
ob ich meine in jenen Versammlungen gemachten Vorschläge bereits formuliert
hätte. Dies ist die Ursache, daß ich folgenden Gesetzesoorschlag der Öffent¬
lichkeit unterbreite:

Gesetzentwurf
zur Förderung von kleinen Anstedlungcn

§ 1-

§ 13s des Ansiedlungsgesetzes vom 10. August 1904 wird aufgehoben und erhält dafür
folgende Fassung:

Die Ansiedlungsgenehmigung ist ferner nicht erforderlich zu Wohnhäusern, die nicht mehr
als fünf heizbare Zimmer haben und höchstens zwei Familien Wohnung gewähren.

8 2.

ß 15 des Gesetzes betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen
in Städten und ländlichen Ortschaften WuchtliniengesetzeS) vom 2. Juli 187S erhält folgenden
Zusatz:

In Dorf- und Stadtgemeinden sowie Gutsbezirken von weniger als zehntausend Einwohnern
ist durch Ortsstatut ein für allemal festzusetzen, wieviel für den laufenden Meter Frontlänge
einer Baustelle bei einem Bau an unregulierten Straßen an Straßenregulierungskosten zu
zählen ist, und daß die Abbürdung dieses Betrages auch durch Eintragung einer Rente von
dreißig- bis fünfzigjähriger Dauer gestattet ist. Kommt der Baulustige diesen: nach, so darf
die Baugenehmigung auf Grund von H 12 des Fluchtliniengesetzes nicht versagt werden.


Hemmnisse innerer Kolonisation

Reinertrag der abgeschriebenen Parzelle und das Restgut würde außerdem
durch die Neuansiedlung an Wert gewinnen. Allerdings würde man noch eine
Prüfung fordern müssen, ob der Gutsbesitzer sich auch wirklich nicht mehr als
die Rente ausbedungen hat. Da über jeden Grundstückskauf eine gerichtliche
und notarielle Urkunde aufgenommen werden muß, so kann zweckmäßig in
derselben vom Verkäufer und Käufer versichert werden, daß Verkäufer sich
nicht mehr als die Rente ausbedungen hat und daß Käufer nicht mehr als
die Rente gibt. Der Gemeindevorsteher und Amtsvorsteher wird dies auch
leicht nachprüfen können. In diesem Falle könnte daher das Unschädlichkeits¬
attest sehr wohl durch eine Bescheinigung des Amtsvorstehers oder des Gemeinde¬
vorstehers ersetzt werden. Diese Bescheinigung wird dahin zu lauten haben,
daß die ausbedungene Rente den Jahreszinsen des ortsüblichen Wertes der
Parzelle entspricht.

Verlangt man diese Bescheinigung, die leicht zu beschaffen wäre, und jene
Versicherung beider Teile im Kaufvertrage, so werden schwerlich die Hypotheken¬
gläubiger jemals geschädigt werden können. Schließlich erhalten sie ja auch
von jeder Abschreibung Mitteilung vom Gericht und können, wenn sie wollen,
alles nachprüfen.




Ähnliches habe ich auf der Versammlung des Vereins für exakte Wirt¬
schaft forschung (5. Ergänzungsheft S. 12) und auf dem zweiten Internatio¬
nalen Hausbesitzerkongreß ausgeführt (Stenogr. Bericht Bd. II, S. 159).

Jüngst fragte ein Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses bei mir an,
ob ich meine in jenen Versammlungen gemachten Vorschläge bereits formuliert
hätte. Dies ist die Ursache, daß ich folgenden Gesetzesoorschlag der Öffent¬
lichkeit unterbreite:

Gesetzentwurf
zur Förderung von kleinen Anstedlungcn

§ 1-

§ 13s des Ansiedlungsgesetzes vom 10. August 1904 wird aufgehoben und erhält dafür
folgende Fassung:

Die Ansiedlungsgenehmigung ist ferner nicht erforderlich zu Wohnhäusern, die nicht mehr
als fünf heizbare Zimmer haben und höchstens zwei Familien Wohnung gewähren.

8 2.

ß 15 des Gesetzes betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen
in Städten und ländlichen Ortschaften WuchtliniengesetzeS) vom 2. Juli 187S erhält folgenden
Zusatz:

In Dorf- und Stadtgemeinden sowie Gutsbezirken von weniger als zehntausend Einwohnern
ist durch Ortsstatut ein für allemal festzusetzen, wieviel für den laufenden Meter Frontlänge
einer Baustelle bei einem Bau an unregulierten Straßen an Straßenregulierungskosten zu
zählen ist, und daß die Abbürdung dieses Betrages auch durch Eintragung einer Rente von
dreißig- bis fünfzigjähriger Dauer gestattet ist. Kommt der Baulustige diesen: nach, so darf
die Baugenehmigung auf Grund von H 12 des Fluchtliniengesetzes nicht versagt werden.


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[0455] Hemmnisse innerer Kolonisation Reinertrag der abgeschriebenen Parzelle und das Restgut würde außerdem durch die Neuansiedlung an Wert gewinnen. Allerdings würde man noch eine Prüfung fordern müssen, ob der Gutsbesitzer sich auch wirklich nicht mehr als die Rente ausbedungen hat. Da über jeden Grundstückskauf eine gerichtliche und notarielle Urkunde aufgenommen werden muß, so kann zweckmäßig in derselben vom Verkäufer und Käufer versichert werden, daß Verkäufer sich nicht mehr als die Rente ausbedungen hat und daß Käufer nicht mehr als die Rente gibt. Der Gemeindevorsteher und Amtsvorsteher wird dies auch leicht nachprüfen können. In diesem Falle könnte daher das Unschädlichkeits¬ attest sehr wohl durch eine Bescheinigung des Amtsvorstehers oder des Gemeinde¬ vorstehers ersetzt werden. Diese Bescheinigung wird dahin zu lauten haben, daß die ausbedungene Rente den Jahreszinsen des ortsüblichen Wertes der Parzelle entspricht. Verlangt man diese Bescheinigung, die leicht zu beschaffen wäre, und jene Versicherung beider Teile im Kaufvertrage, so werden schwerlich die Hypotheken¬ gläubiger jemals geschädigt werden können. Schließlich erhalten sie ja auch von jeder Abschreibung Mitteilung vom Gericht und können, wenn sie wollen, alles nachprüfen. Ähnliches habe ich auf der Versammlung des Vereins für exakte Wirt¬ schaft forschung (5. Ergänzungsheft S. 12) und auf dem zweiten Internatio¬ nalen Hausbesitzerkongreß ausgeführt (Stenogr. Bericht Bd. II, S. 159). Jüngst fragte ein Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses bei mir an, ob ich meine in jenen Versammlungen gemachten Vorschläge bereits formuliert hätte. Dies ist die Ursache, daß ich folgenden Gesetzesoorschlag der Öffent¬ lichkeit unterbreite: Gesetzentwurf zur Förderung von kleinen Anstedlungcn § 1- § 13s des Ansiedlungsgesetzes vom 10. August 1904 wird aufgehoben und erhält dafür folgende Fassung: Die Ansiedlungsgenehmigung ist ferner nicht erforderlich zu Wohnhäusern, die nicht mehr als fünf heizbare Zimmer haben und höchstens zwei Familien Wohnung gewähren. 8 2. ß 15 des Gesetzes betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften WuchtliniengesetzeS) vom 2. Juli 187S erhält folgenden Zusatz: In Dorf- und Stadtgemeinden sowie Gutsbezirken von weniger als zehntausend Einwohnern ist durch Ortsstatut ein für allemal festzusetzen, wieviel für den laufenden Meter Frontlänge einer Baustelle bei einem Bau an unregulierten Straßen an Straßenregulierungskosten zu zählen ist, und daß die Abbürdung dieses Betrages auch durch Eintragung einer Rente von dreißig- bis fünfzigjähriger Dauer gestattet ist. Kommt der Baulustige diesen: nach, so darf die Baugenehmigung auf Grund von H 12 des Fluchtliniengesetzes nicht versagt werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/455>, abgerufen am 15.01.2025.