Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Reichsspicgel hofft das große Österreich zur Nachgiebigkeit zu zwingen, indem es durch die Soweit scheint die Lage ganz .klar, wenn Rußland nicht wäre; ein Reichsspicgel hofft das große Österreich zur Nachgiebigkeit zu zwingen, indem es durch die Soweit scheint die Lage ganz .klar, wenn Rußland nicht wäre; ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0450" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322852"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspicgel</fw><lb/> <p xml:id="ID_2266" prev="#ID_2265"> hofft das große Österreich zur Nachgiebigkeit zu zwingen, indem es durch die<lb/> Eroberung von Durazzo ein lait acLompIi schafft. Österreich-Ungarn seinerseits<lb/> kann im Hinblick auf die künftige Entwicklung seiner Machtstellung an der Adria<lb/> nicht nachgeben und wird es auch nicht tun.</p><lb/> <p xml:id="ID_2267" next="#ID_2268"> Soweit scheint die Lage ganz .klar, wenn Rußland nicht wäre; ein<lb/> Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien ohne Rußlands Mitwirkung<lb/> brauchte niemanden in Deutschland zu beunruhigen. Rußland hat aber<lb/> nicht nur das oben gekennzeichnete Interesse an Serbien, es ist durch die<lb/> Entwicklung der Sandschakfrage seit dem Jahre 1909 auch noch ganz persönlich<lb/> in Mitleidenschaft gezogen. Rußland hat damals vor den Waffen Österreich-<lb/> Ungarns und Deutschlands zurückweichen müssen, weil es die Niederlagen im<lb/> fernen Osten noch nicht verwunden hatte. Heute fühlt es sich in seinem Land¬<lb/> heer wieder stark oder tut doch wenigstens so. Und selbst wenn es sich nicht<lb/> so stark fühlte, hat der serbisch - österreichische Konflikt für das offizielle Rußland<lb/> eine Bedeutung gewonnen, die sich durchaus nicht allein in dem Stärkerwerden<lb/> seines serbischen Bundesgenossen erschöpft. Der 1909 vor Österreich-Ungarn<lb/> angetretene Rückzug lastet auf der inneren Politik Rußlands wie eine schwere<lb/> Niederlage; die panslawistischen Elemente in der Presse und im Heer haben<lb/> unermüdlich daran gearbeitet, den Krieg gegen Österreich populär zu machen<lb/> und, wenn man den Angaben der Russen trauen darf, so ist er es,<lb/> freilich mit ganz besonders scharfer Spitze gegen das Deutschtum. Daneben</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0450]
Reichsspicgel
hofft das große Österreich zur Nachgiebigkeit zu zwingen, indem es durch die
Eroberung von Durazzo ein lait acLompIi schafft. Österreich-Ungarn seinerseits
kann im Hinblick auf die künftige Entwicklung seiner Machtstellung an der Adria
nicht nachgeben und wird es auch nicht tun.
Soweit scheint die Lage ganz .klar, wenn Rußland nicht wäre; ein
Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien ohne Rußlands Mitwirkung
brauchte niemanden in Deutschland zu beunruhigen. Rußland hat aber
nicht nur das oben gekennzeichnete Interesse an Serbien, es ist durch die
Entwicklung der Sandschakfrage seit dem Jahre 1909 auch noch ganz persönlich
in Mitleidenschaft gezogen. Rußland hat damals vor den Waffen Österreich-
Ungarns und Deutschlands zurückweichen müssen, weil es die Niederlagen im
fernen Osten noch nicht verwunden hatte. Heute fühlt es sich in seinem Land¬
heer wieder stark oder tut doch wenigstens so. Und selbst wenn es sich nicht
so stark fühlte, hat der serbisch - österreichische Konflikt für das offizielle Rußland
eine Bedeutung gewonnen, die sich durchaus nicht allein in dem Stärkerwerden
seines serbischen Bundesgenossen erschöpft. Der 1909 vor Österreich-Ungarn
angetretene Rückzug lastet auf der inneren Politik Rußlands wie eine schwere
Niederlage; die panslawistischen Elemente in der Presse und im Heer haben
unermüdlich daran gearbeitet, den Krieg gegen Österreich populär zu machen
und, wenn man den Angaben der Russen trauen darf, so ist er es,
freilich mit ganz besonders scharfer Spitze gegen das Deutschtum. Daneben
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