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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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oft in vielen dickleibigen und seltenen Büchern
berstreut, deren Beschaffung mit bieten Um¬
ständen und großem Zeit- und Geldaufwand
verknüpft ist. Da kommen uns zwei Unter¬
nehmungen entgegen, die die nötige Auswahl
und Beschränkung vorgenommen und alles
Wissenswerte in einem oder zwei Bänden
oder Bündchen vereinigt haben. Ich nenne
an erster Stelle die "Deutschen Charakter¬
köpfe, Denkmäler deutscher Persönlichkeiten
aus ihren Schriften", herausgegeben im Ver¬
lage von B, G. Teubner in Leipzig von
Wilhelm Capelle. Die Ausstattung ist eine
würdige, wie sie einem solchen für unsere
nationale Kultur wertvollen Unternehmen ge¬
ziemt, das in ganz besonderer Weise zur Er¬
weckung wahrhaft vaterländischen Sinnes und
zur Vertiefung historischer Bildung beitragen
kann. Die Bände (zu je 2 M, in Leinen
gebunden) enthalten eingehende Einleitungen
von hervorragenden Kennern der Zeiten und
Persönlichkeiten, eine durchweg vorzüglich ge¬
troffene Auswahl aus Briefen und Schriften
und, um das Bild der Zeit vollständig zu
machen, eine Anzahl Abbildungen nach gleich¬
zeitigen Vorlagen, Die Wiederkehr der großen
Gedenktage von 1813 läßt uns zuerst nach
dem Bande "Gneisenau" greifen, dessen Briefe
und Denkschriften W, Ccipelle herausgegeben
hat, und in denen die Zeit der Not und
Trübsal, wie der endgültigen Befreiung wieder
vor uns aufsteht, gezeichnet von einem der
Edelsten, der nie selbständig eine eigene Armee
führen durfte und doch als wahrer Besieger
des Korsen erscheint. Das Bild eines echten
Patrioten und aufrechten Mannes gewinnen
wir aus der Autobiographie Nettelbecks, die
Max Schmitt-Hartlieb nach der Hakenschen
Ausgabe besorgt hat. Mit feinem Takt hat
I, Wille eine Auswahl der köstlichen Briefe
der Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans,
gegeben; Markus Zucker läßt Albrecht Dürer
und seine Zeit in Dürers Briefen vor uns
aufleben; Heinrich Pestalozzi, der liebenswerte,
wird uns von Hermann Walsemann in einer
Auswahl von Briefen und kleinen Schriften
vorgeführt; in den Reigen der Frauen um
Goethe führt uns Gertrud Büumer in den
Briefen von "Goethes Freundinnen", die
einen stattlichen Doppelband (zu 3 M,) füllen;
und den großen Staatsmann und Freund

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Goethes und Schillers, "Wilhelm von Hum¬
boldt" läßt uns in seinen Briefen Karl Sell
näher treten. Wenn sich auch die Sammlung
an alle Kreise unseres Volkes wendet, so ist
sie besonders ein Schatz der heranwachsenden
Jugend, die wir durch sie über seichte Lektüre
hinweg an die Gründe unserer nationalen
Kultur führen können, -- Ein ähnliches Unter¬
nehmen bringt N, Voigtländers Verlag in
Leipzig in seinen "Qucllcnvnchern", die in
kleinerem Format und zu wechselndem Preis
(kartonniert, je nach Umfang 60 Pf. bis 1 M,)
erscheinen und schon eine stattliche Reihe von
Nummern ausweisen. Doch ziehen sie ihre
Kreise weiter, und neben hervorragenden
deutschen Persönlichkeiten (wie "Blücher" in
seinen Briefen) bringen sie kulturhistorische
und fachwissenschaftliche Monographien ("Die
ersten deutschen Eisenbahnen", Rob, Mayer,
"Erhaltung der Kraft"), Kriegsschilderungen
von Augenzeugen (Guericke, "Belagerung
Magdeburgs", 1864, 1866, Kämpfe mit Wit-
boi usw,) und über Deutschland hinaus her¬
vorragende Vertreter der Wissenschaft (wie
Celsus, "Über Grundfragen der Medizin",
Mela, "Geographie des Erdkreises"), Sie
dienen gleichermaßen gediegener Unterhaltung
wie der Vertiefung des Studiums, und da
sie in rascher Folge fortgesetzt werden, dürfte
jeder etwas für sich Geeignetes darin finde".
Ihr billiger Preis wird sie namentlich in
Schüler- und Studentenkreisen schnell ein¬
Dr. Z. bürgern.

Hermann Lingg. Eine Lebensgeschichte
von Frieda Port. C. H. Becksche Verlags¬
buchhandlung, München 1912, Frieda Port
hat Hermann Lingg und seinem Hause viele
Jahre hindurch nahe gestanden und auch das
Werden Linggscher Werke teilnehmend be¬
gleiten dürfen. Aus herzlicher Liebe und
mannigfacher Kenntnis heraus schildert sie
hier das Leben des Dichters. Es wird vor
diesem Buch manchen geben, der erstaunt die
tiefe Problematik erkennt, die Lingg durch¬
kämpfen mußte, bis er menschlich zur Ruhe
und dichterisch zum großen Kunstwerk kam;
und es wird auf den viel verkannten Teil¬
nehmer des viel verkannten Münchener Dichter¬
kreises mehr als ein neues Licht aus dieser
niemals übertreibender und sicherlich getreuen

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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oft in vielen dickleibigen und seltenen Büchern
berstreut, deren Beschaffung mit bieten Um¬
ständen und großem Zeit- und Geldaufwand
verknüpft ist. Da kommen uns zwei Unter¬
nehmungen entgegen, die die nötige Auswahl
und Beschränkung vorgenommen und alles
Wissenswerte in einem oder zwei Bänden
oder Bündchen vereinigt haben. Ich nenne
an erster Stelle die „Deutschen Charakter¬
köpfe, Denkmäler deutscher Persönlichkeiten
aus ihren Schriften", herausgegeben im Ver¬
lage von B, G. Teubner in Leipzig von
Wilhelm Capelle. Die Ausstattung ist eine
würdige, wie sie einem solchen für unsere
nationale Kultur wertvollen Unternehmen ge¬
ziemt, das in ganz besonderer Weise zur Er¬
weckung wahrhaft vaterländischen Sinnes und
zur Vertiefung historischer Bildung beitragen
kann. Die Bände (zu je 2 M, in Leinen
gebunden) enthalten eingehende Einleitungen
von hervorragenden Kennern der Zeiten und
Persönlichkeiten, eine durchweg vorzüglich ge¬
troffene Auswahl aus Briefen und Schriften
und, um das Bild der Zeit vollständig zu
machen, eine Anzahl Abbildungen nach gleich¬
zeitigen Vorlagen, Die Wiederkehr der großen
Gedenktage von 1813 läßt uns zuerst nach
dem Bande „Gneisenau" greifen, dessen Briefe
und Denkschriften W, Ccipelle herausgegeben
hat, und in denen die Zeit der Not und
Trübsal, wie der endgültigen Befreiung wieder
vor uns aufsteht, gezeichnet von einem der
Edelsten, der nie selbständig eine eigene Armee
führen durfte und doch als wahrer Besieger
des Korsen erscheint. Das Bild eines echten
Patrioten und aufrechten Mannes gewinnen
wir aus der Autobiographie Nettelbecks, die
Max Schmitt-Hartlieb nach der Hakenschen
Ausgabe besorgt hat. Mit feinem Takt hat
I, Wille eine Auswahl der köstlichen Briefe
der Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans,
gegeben; Markus Zucker läßt Albrecht Dürer
und seine Zeit in Dürers Briefen vor uns
aufleben; Heinrich Pestalozzi, der liebenswerte,
wird uns von Hermann Walsemann in einer
Auswahl von Briefen und kleinen Schriften
vorgeführt; in den Reigen der Frauen um
Goethe führt uns Gertrud Büumer in den
Briefen von „Goethes Freundinnen", die
einen stattlichen Doppelband (zu 3 M,) füllen;
und den großen Staatsmann und Freund

[Spaltenumbruch]

Goethes und Schillers, „Wilhelm von Hum¬
boldt" läßt uns in seinen Briefen Karl Sell
näher treten. Wenn sich auch die Sammlung
an alle Kreise unseres Volkes wendet, so ist
sie besonders ein Schatz der heranwachsenden
Jugend, die wir durch sie über seichte Lektüre
hinweg an die Gründe unserer nationalen
Kultur führen können, — Ein ähnliches Unter¬
nehmen bringt N, Voigtländers Verlag in
Leipzig in seinen „Qucllcnvnchern", die in
kleinerem Format und zu wechselndem Preis
(kartonniert, je nach Umfang 60 Pf. bis 1 M,)
erscheinen und schon eine stattliche Reihe von
Nummern ausweisen. Doch ziehen sie ihre
Kreise weiter, und neben hervorragenden
deutschen Persönlichkeiten (wie „Blücher" in
seinen Briefen) bringen sie kulturhistorische
und fachwissenschaftliche Monographien („Die
ersten deutschen Eisenbahnen", Rob, Mayer,
„Erhaltung der Kraft"), Kriegsschilderungen
von Augenzeugen (Guericke, „Belagerung
Magdeburgs", 1864, 1866, Kämpfe mit Wit-
boi usw,) und über Deutschland hinaus her¬
vorragende Vertreter der Wissenschaft (wie
Celsus, „Über Grundfragen der Medizin",
Mela, „Geographie des Erdkreises"), Sie
dienen gleichermaßen gediegener Unterhaltung
wie der Vertiefung des Studiums, und da
sie in rascher Folge fortgesetzt werden, dürfte
jeder etwas für sich Geeignetes darin finde».
Ihr billiger Preis wird sie namentlich in
Schüler- und Studentenkreisen schnell ein¬
Dr. Z. bürgern.

Hermann Lingg. Eine Lebensgeschichte
von Frieda Port. C. H. Becksche Verlags¬
buchhandlung, München 1912, Frieda Port
hat Hermann Lingg und seinem Hause viele
Jahre hindurch nahe gestanden und auch das
Werden Linggscher Werke teilnehmend be¬
gleiten dürfen. Aus herzlicher Liebe und
mannigfacher Kenntnis heraus schildert sie
hier das Leben des Dichters. Es wird vor
diesem Buch manchen geben, der erstaunt die
tiefe Problematik erkennt, die Lingg durch¬
kämpfen mußte, bis er menschlich zur Ruhe
und dichterisch zum großen Kunstwerk kam;
und es wird auf den viel verkannten Teil¬
nehmer des viel verkannten Münchener Dichter¬
kreises mehr als ein neues Licht aus dieser
niemals übertreibender und sicherlich getreuen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/443>, abgerufen am 15.01.2025.