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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Balkanbund und Dreibund

arbeitet überwiegend auf dem europäischen Festlande. Unser Bezug aus den
Kolonien ist noch verhältnismäßig gering. Der Umtausch unserer Waren geht
überwiegend in Europa selbst vor sich.

Das Statistische Jahrbuch für 1910 stellt fest, daß im Jahre 1909 Waren
im Werte von 8238 Millionen Mark aus und nach Deutschland mit den übrigen
Ländern des europäischen Festlandes und dem unmittelbar anstoßenden türkischen
Asien und dem französischen Nordafrika ausgetauscht wurden. Diesen auf
Land- und Flußwegen und mit Küstenschiffen beförderten Gütern standen solche,
die auf Seeschiffen verfrachtet wurden, im Werte von nur 6862 Millionen Mark
gegenüber. Die Überlegenheit des deutschen Festlandshandels über den deutschen
Seehandel läßt sich von anderer Seite noch durch eine Statistik beleuchten,
die Geoffroy Durham in der Contemporary Review aufgemacht hat. Danach
nahm die deutsche Ausfuhr nach Rußland, Österreich-Ungarn und der Schweiz
in den beiden Jahrzehnten 1889 bis 1908 um 33 Millionen Pfund Sterling
mehr zu als der englische Handel dorthin. Im letzten Jahrzehnt 1899 bis 1908
nahm der englische Handel nach Rußland sogar um neunzehntausend Pfund Sterling
ab. der deutsche aber um 4^ Millionen Pfund Sterling zu. Nach Österreich-
Ungarn wuchs der deutsche Handel um fast 8^ Millionen Pfund Sterling,
der englische noch nicht einmal um eine Million. Nach fast allen anderen
Nachbarländern Deutschlands steigerte sich der deutsche Handel um fast das
Doppelte gegenüber dem englischen. Dagegen ist das Wachstum des englischen
Warenaustausches im Seehandel ganz unvergleichlich größer als das des deutschen.
Schon im gegenseitigen Verkehr zwischen Deutschland und England ist die Zu¬
nahme des britischen Handels um 1^ Millionen Pfund Sterling größer als
die des deutschen, und der Gesamthandel Englands nach Außereuropa ist im
letzten Jahrzehnt um 31^ Millionen mehr gewachsen als der des Deutschen
Reiches.

Damit ist klipp und klar bewiesen, daß die Stärke des deutschen Handels¬
verkehrs auf dem europäischen Festlande und nach den anstoßenden Ge¬
bieten Nordafrikas und Vorderasiens liegt. Aber auch in dem so abgegrenzten
Verkehrsbereich Deutschlands lassen sich noch gewisse Gebiete als besonders
belangreich abzirkeln. Die beiden größten Verkehrsstränge unseres Vaterlandes
laufen von Norden nach Süden rhein- und elbaufwärts, um dann längs der
Donau ihren Weg nach dem nahen Orient gemeinsam zu bahnen und vom
Zusammenstoß des Schwarzen Meeres mit den östlichsten Becken des Mittelmeeres
(bei Konstantinopel und Haidar Pascha) ihre Straße durch Anatolien und
Mesopotamien nach dem Indischen Ozean zu suchen. Dieses Wegenetz zieht
Mitteleuropa (das Deutsche und das Habsburger Reich) in engste Fühlung mit
den slawischen Balkanstaaten, Rumänien und dem Osmcmenreich. Mitten ein¬
gezwängt zwischen die in sich geschlossenen Weltwirtschaftsgebiete Rußlands und
Frankreichs setzte der mitteleuropäisch-vorderasiatische Handel Deutschlands im
Jahre 1909 Waren im Werte von 3213 Millionen um, der Verkehr Deutschlands


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/305>, abgerufen am 23.01.2025.