Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr."We ohne ilZesIs!" mehr an in seinem täglichen Beruf. Mag er sogar die Namen der in der Hiermit schließen wir unsere mosaikartig aneinander gereihten Zitate. Wir Grenzboten IV 191222
„We ohne ilZesIs!" mehr an in seinem täglichen Beruf. Mag er sogar die Namen der in der Hiermit schließen wir unsere mosaikartig aneinander gereihten Zitate. Wir Grenzboten IV 191222
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0176" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322578"/> <fw type="header" place="top"> „We ohne ilZesIs!"</fw><lb/> <p xml:id="ID_792" prev="#ID_791"> mehr an in seinem täglichen Beruf. Mag er sogar die Namen der in der<lb/> Klasse gelesenen alten Autoren vergessen, die Erinnerung an jene Tage und jene<lb/> Männer hat ihre Wirkung auf den Menschen selbst geübt: er ist dadurch besser<lb/> geworden, auch ein besserer Geschäftsmann (Sloaned, Großkaufmann, New<lb/> Uork). Daß eine klassische Erziehung eine ausgezeichnete Vorbereitung für das<lb/> Geschäftsleben sei, ist mir immer als ein von selbst einleuchtender Satz erschienen.<lb/> An der auch in Europa beklagten Mißachtung der alten Sprachen ist zum Teil<lb/> ihr trockener und grammatistischer Betrieb schuld: der menschliche und ästhetische<lb/> Wert der klassischen Literatur sollte von den Lehrern mehr betont werden. Der<lb/> Sinn für die ewige Schönheit der Alten tut unserer Jugend not, die nicht das<lb/> „Erkenne dich selbst", sondern „Mache Geld", „Habe Erfolg", „Überflügle<lb/> Krösus" zu ihrem Wahlspruche macht. Die gegenwärtige laxe Jugenderziehung,<lb/> die zur Autoritäts- und Arbeitsscheu geführt hat, benötigt der Zucht des Klassi¬<lb/> zismus. Der künftige Beruf kommt erst in zweiter Linie; Fachschulen sind im<lb/> Überfluß da, und doch entwickelt sich der Geschäftsmann erst im Geschäft selbst,<lb/> während der Nutzen der Theorie sehr problematisch ist. Da liegt eineVerkennung des<lb/> wahren Zwecks der Ausbildung. Wir brauchen Ideale in unserem Lande! Das<lb/> innere Leben kommt zu kurz. Glücklich der Geschäftsmann, der, nachdem er zu<lb/> erwünschtem Wohlstande gelangt ist, für etwas mehr als Golf, Tennis und Spieltisch<lb/> Interesse hat, und dem sein Sophokles, sein Homer und sein Catull den Winter<lb/> seines Lebens zum Frühling machen (Loch, ehemaliger Großkaufmann in New Uork).</p><lb/> <p xml:id="ID_793"> Hiermit schließen wir unsere mosaikartig aneinander gereihten Zitate. Wir<lb/> haben uns öfter auf die Folgerungen beschränken müssen und die Begründung<lb/> weggelassen, aber nicht selten hat sich auch schon der Redner nur auf den Aus¬<lb/> druck seiner Überzeugung beschränkt: und die scheint uns bei Männern, die<lb/> intelligent, lebenskundig und aller Schwärmerei abhold sind, für unsere Zwecke<lb/> beweiskräftig genug zu sein. Es kam uns darauf an, zu zeigen, welche geistigen<lb/> Strömungen weite Kreise des als rein erfolganbetend verschrienen Dollarlandes<lb/> beherrschen. Daß man nicht — auch der Humanist nicht — jede hier geäußerte<lb/> Ansicht unterschreiben, jeden Vorschlag ohne weiteres auf unsere Verhältnisse<lb/> übertragen kann, versteht sich von selbst — aber dem ewigen Exemplifizieren<lb/> unserer Modernen auf das Ausland schieben solche Stimmen, wie sie von dort<lb/> drüben ertönen, doch wohl einen Riegel vor und warnen vor leichtsinniger<lb/> Preisgabe inkommensurabler Werte, deren eine Fülle auch das klassische Altertum,<lb/> la Sinne antiquit6, wie sie Voltaire nennt, uns noch heute darreichen kann.<lb/> Bezeichnend für diese amerikanischen Verteidiger des klassischen Altertums ist,<lb/> daß sie praktische Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen und die Denken und<lb/> Sprechen disziplinierende Kraft der alten Sprachen hervorheben, d. h. die formale<lb/> Bildung, die bei unseren Reformern mitleidiges Lächeln erregt — und daß<lb/> gerade die Geschäftsleute bei den moralischen und ästhetischen Wirkungen des<lb/> Klassizismus mit Vorliebe verweilen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 191222</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0176]
„We ohne ilZesIs!"
mehr an in seinem täglichen Beruf. Mag er sogar die Namen der in der
Klasse gelesenen alten Autoren vergessen, die Erinnerung an jene Tage und jene
Männer hat ihre Wirkung auf den Menschen selbst geübt: er ist dadurch besser
geworden, auch ein besserer Geschäftsmann (Sloaned, Großkaufmann, New
Uork). Daß eine klassische Erziehung eine ausgezeichnete Vorbereitung für das
Geschäftsleben sei, ist mir immer als ein von selbst einleuchtender Satz erschienen.
An der auch in Europa beklagten Mißachtung der alten Sprachen ist zum Teil
ihr trockener und grammatistischer Betrieb schuld: der menschliche und ästhetische
Wert der klassischen Literatur sollte von den Lehrern mehr betont werden. Der
Sinn für die ewige Schönheit der Alten tut unserer Jugend not, die nicht das
„Erkenne dich selbst", sondern „Mache Geld", „Habe Erfolg", „Überflügle
Krösus" zu ihrem Wahlspruche macht. Die gegenwärtige laxe Jugenderziehung,
die zur Autoritäts- und Arbeitsscheu geführt hat, benötigt der Zucht des Klassi¬
zismus. Der künftige Beruf kommt erst in zweiter Linie; Fachschulen sind im
Überfluß da, und doch entwickelt sich der Geschäftsmann erst im Geschäft selbst,
während der Nutzen der Theorie sehr problematisch ist. Da liegt eineVerkennung des
wahren Zwecks der Ausbildung. Wir brauchen Ideale in unserem Lande! Das
innere Leben kommt zu kurz. Glücklich der Geschäftsmann, der, nachdem er zu
erwünschtem Wohlstande gelangt ist, für etwas mehr als Golf, Tennis und Spieltisch
Interesse hat, und dem sein Sophokles, sein Homer und sein Catull den Winter
seines Lebens zum Frühling machen (Loch, ehemaliger Großkaufmann in New Uork).
Hiermit schließen wir unsere mosaikartig aneinander gereihten Zitate. Wir
haben uns öfter auf die Folgerungen beschränken müssen und die Begründung
weggelassen, aber nicht selten hat sich auch schon der Redner nur auf den Aus¬
druck seiner Überzeugung beschränkt: und die scheint uns bei Männern, die
intelligent, lebenskundig und aller Schwärmerei abhold sind, für unsere Zwecke
beweiskräftig genug zu sein. Es kam uns darauf an, zu zeigen, welche geistigen
Strömungen weite Kreise des als rein erfolganbetend verschrienen Dollarlandes
beherrschen. Daß man nicht — auch der Humanist nicht — jede hier geäußerte
Ansicht unterschreiben, jeden Vorschlag ohne weiteres auf unsere Verhältnisse
übertragen kann, versteht sich von selbst — aber dem ewigen Exemplifizieren
unserer Modernen auf das Ausland schieben solche Stimmen, wie sie von dort
drüben ertönen, doch wohl einen Riegel vor und warnen vor leichtsinniger
Preisgabe inkommensurabler Werte, deren eine Fülle auch das klassische Altertum,
la Sinne antiquit6, wie sie Voltaire nennt, uns noch heute darreichen kann.
Bezeichnend für diese amerikanischen Verteidiger des klassischen Altertums ist,
daß sie praktische Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen und die Denken und
Sprechen disziplinierende Kraft der alten Sprachen hervorheben, d. h. die formale
Bildung, die bei unseren Reformern mitleidiges Lächeln erregt — und daß
gerade die Geschäftsleute bei den moralischen und ästhetischen Wirkungen des
Klassizismus mit Vorliebe verweilen.
Grenzboten IV 191222
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