Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Die politische Entwicklung Llsaß-Lothringens Macht mindestens mit den Liberalen, Demokraten und Sozialdemokratin, unter Wenn man aber auch versucht, die Motive, die das elsaß-lothringische Die unmittelbaren Folgen seiner Taktik hatte das Zentrum selbst zu tragen. Die politische Entwicklung Llsaß-Lothringens Macht mindestens mit den Liberalen, Demokraten und Sozialdemokratin, unter Wenn man aber auch versucht, die Motive, die das elsaß-lothringische Die unmittelbaren Folgen seiner Taktik hatte das Zentrum selbst zu tragen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0163" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322565"/> <fw type="header" place="top"> Die politische Entwicklung Llsaß-Lothringens</fw><lb/> <p xml:id="ID_755" prev="#ID_754"> Macht mindestens mit den Liberalen, Demokraten und Sozialdemokratin, unter<lb/> Umständen aber auch mit dem Lothringer Block als Gegnern zu rechnen hatte.<lb/> Es war daher für ihn, wenn er auf die Erhaltung seiner bisherigen Macht¬<lb/> stellung sah, eine absolute Notwendigkeit, in sich fest zusammenzuhalten. Hätte<lb/> das Zentrum daher die nationalistischen Verfassungsgegner von sich abgestoßen,<lb/> so hätte es eine unter Umständen verhängnisvolle Spaltung seiner Kräfte herbei¬<lb/> geführt und wäre der Gefahr ausgesetzt gewesen, bei den Wahlen weit ins<lb/> Hintertreffen zu geraten. Ich persönlich bin zwar der Meinung, daß die ent¬<lb/> schiedene Abstoßung der Nationalisten dem Zentrum nur wenige Mandate gekostet,<lb/> dafür aber eine ganz bedeutende innere Festigung seiner Organisation verschafft<lb/> haben würde. Auf jeden Fall würde das Zentrum weit mehr Mandate erobert<lb/> haben als die Nationalisten, und diese wären später im Landtage gezwungen<lb/> gewesen, sich dem Zentrum unter den von diesem diktierten Bedingungen wieder<lb/> zu nähern; aber man kann es vom Standpunkt der Taktik immerhin verstehen,<lb/> wenn die Führer der Partei es angesichts der Landtagswahlen nicht auf eine<lb/> Machtprobe ankommen lassen wollten; denn selbst in dem deutschen Flügel des<lb/> elsaß-lothringischen Zentrums sind in nationaler Beziehung noch mancherlei<lb/> Schattierungen vorhanden, so daß bei einer reinlichen Scheidung zwischen Zentrum<lb/> und Nationalisten unter Umständen auch der Verlust mancher für die Partei<lb/> wertvollen Persönlichkeiten zu befürchten gewesen wäre, die in absehbarer Zeit<lb/> zuverlässige Stützen der Zentrumspolitik werden konnten. Einzig und allein die<lb/> Machtfrage war daher für das Zentrum ausschlaggebend, als es der Parole<lb/> der Nationalisten, die Verfassungsreform zu bekämpfen, folgte und den scheinbar<lb/> unbegreiflichen Entschluß faßte, sich von der altdeutschen Zentrumspartei wieder<lb/> weiter zu entfernen.</p><lb/> <p xml:id="ID_756"> Wenn man aber auch versucht, die Motive, die das elsaß-lothringische<lb/> Zentrum zur Preisgabe seiner früher gerade gegen den Nationalismus eifrig<lb/> verfochtenen nationalen Überzeugungen veranlaßten, so objektiv wie nur möglich<lb/> zu würdigen, so helfen doch alle Bemühungen, praktischen Erwägungen gerecht<lb/> zu werden, nicht über die Tatsache hinweg, daß der Entschluß des Zentrums,<lb/> mit den Nationalisten gemeinsame Sache zu machen, die ganze politische Ent¬<lb/> wicklung des Landes vom Augenblick der Einführung der neuen Verfassung an<lb/> in verhängnisvoller Weise beeinflußt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_757" next="#ID_758"> Die unmittelbaren Folgen seiner Taktik hatte das Zentrum selbst zu tragen.<lb/> Seine Fraktion ist in der Zweiten Kammer des Landtags zwar die bei weitem<lb/> stärkste. Da es außerdem dank dem geschickten Vorgehen seiner Parteifreunde<lb/> in Lothringen die dortigen Wahlen ganz in seinem Sinne beeinflußt hatte,<lb/> verfügt es fast ohne Einschränkung auch über die lothringischen Stimmen. Seine<lb/> Stellung im Parlament wäre dadurch geradezu glänzend, wenn es nicht an<lb/> den inneren Widersprüchen krankte, die der Gegensatz zwischen deutscher und<lb/> rationalistischer Richtung mit sich bringt. Die viel besprochenen Beschlüsse der<lb/> Budgetkommission der Zweiten Kammer über den kaiserlichen Gnadenfonds, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0163]
Die politische Entwicklung Llsaß-Lothringens
Macht mindestens mit den Liberalen, Demokraten und Sozialdemokratin, unter
Umständen aber auch mit dem Lothringer Block als Gegnern zu rechnen hatte.
Es war daher für ihn, wenn er auf die Erhaltung seiner bisherigen Macht¬
stellung sah, eine absolute Notwendigkeit, in sich fest zusammenzuhalten. Hätte
das Zentrum daher die nationalistischen Verfassungsgegner von sich abgestoßen,
so hätte es eine unter Umständen verhängnisvolle Spaltung seiner Kräfte herbei¬
geführt und wäre der Gefahr ausgesetzt gewesen, bei den Wahlen weit ins
Hintertreffen zu geraten. Ich persönlich bin zwar der Meinung, daß die ent¬
schiedene Abstoßung der Nationalisten dem Zentrum nur wenige Mandate gekostet,
dafür aber eine ganz bedeutende innere Festigung seiner Organisation verschafft
haben würde. Auf jeden Fall würde das Zentrum weit mehr Mandate erobert
haben als die Nationalisten, und diese wären später im Landtage gezwungen
gewesen, sich dem Zentrum unter den von diesem diktierten Bedingungen wieder
zu nähern; aber man kann es vom Standpunkt der Taktik immerhin verstehen,
wenn die Führer der Partei es angesichts der Landtagswahlen nicht auf eine
Machtprobe ankommen lassen wollten; denn selbst in dem deutschen Flügel des
elsaß-lothringischen Zentrums sind in nationaler Beziehung noch mancherlei
Schattierungen vorhanden, so daß bei einer reinlichen Scheidung zwischen Zentrum
und Nationalisten unter Umständen auch der Verlust mancher für die Partei
wertvollen Persönlichkeiten zu befürchten gewesen wäre, die in absehbarer Zeit
zuverlässige Stützen der Zentrumspolitik werden konnten. Einzig und allein die
Machtfrage war daher für das Zentrum ausschlaggebend, als es der Parole
der Nationalisten, die Verfassungsreform zu bekämpfen, folgte und den scheinbar
unbegreiflichen Entschluß faßte, sich von der altdeutschen Zentrumspartei wieder
weiter zu entfernen.
Wenn man aber auch versucht, die Motive, die das elsaß-lothringische
Zentrum zur Preisgabe seiner früher gerade gegen den Nationalismus eifrig
verfochtenen nationalen Überzeugungen veranlaßten, so objektiv wie nur möglich
zu würdigen, so helfen doch alle Bemühungen, praktischen Erwägungen gerecht
zu werden, nicht über die Tatsache hinweg, daß der Entschluß des Zentrums,
mit den Nationalisten gemeinsame Sache zu machen, die ganze politische Ent¬
wicklung des Landes vom Augenblick der Einführung der neuen Verfassung an
in verhängnisvoller Weise beeinflußt hat.
Die unmittelbaren Folgen seiner Taktik hatte das Zentrum selbst zu tragen.
Seine Fraktion ist in der Zweiten Kammer des Landtags zwar die bei weitem
stärkste. Da es außerdem dank dem geschickten Vorgehen seiner Parteifreunde
in Lothringen die dortigen Wahlen ganz in seinem Sinne beeinflußt hatte,
verfügt es fast ohne Einschränkung auch über die lothringischen Stimmen. Seine
Stellung im Parlament wäre dadurch geradezu glänzend, wenn es nicht an
den inneren Widersprüchen krankte, die der Gegensatz zwischen deutscher und
rationalistischer Richtung mit sich bringt. Die viel besprochenen Beschlüsse der
Budgetkommission der Zweiten Kammer über den kaiserlichen Gnadenfonds, die
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