Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Karl Salzer das arme Made in die Zwangsjacke stecken. Was das eine Not und ein Elend Da rückt Karl mit seinem Plan heraus. Vielleicht würde bei eingetretener Tante Seelchen schüttelt den Kopf. Man könne von den Leuten doch nicht Nun meint der Karl, man solle sich an Willem, den Gesellen, wenden, der Tante Seelchen wechselt die Kleider und besinnt sich aus einen Ausweg aus "Wenn's halt die anständigen Leut net tun, muß man in Gottesnamen zu Karl erwidert, daran habe er auch schon gedacht, aber sie hätten doch keine "'s gibt immer noch gute Menschen!" sagt Tante Seelchen, "'s gibt immer Sie hebt ihren Oberrock in die Höhe. Seinen Geldbeutel verwahrt man im "Vom Vetter Holtner?" fragt Karl erstaunt. "Von wem anders?! Aber das mußt du abverdienen, lieber Bub, wenn du Karl steckt das Silbergeld in die Tasche und macht sich auf den Weg, der Karl Salzer das arme Made in die Zwangsjacke stecken. Was das eine Not und ein Elend Da rückt Karl mit seinem Plan heraus. Vielleicht würde bei eingetretener Tante Seelchen schüttelt den Kopf. Man könne von den Leuten doch nicht Nun meint der Karl, man solle sich an Willem, den Gesellen, wenden, der Tante Seelchen wechselt die Kleider und besinnt sich aus einen Ausweg aus „Wenn's halt die anständigen Leut net tun, muß man in Gottesnamen zu Karl erwidert, daran habe er auch schon gedacht, aber sie hätten doch keine „'s gibt immer noch gute Menschen!" sagt Tante Seelchen, „'s gibt immer Sie hebt ihren Oberrock in die Höhe. Seinen Geldbeutel verwahrt man im „Vom Vetter Holtner?" fragt Karl erstaunt. „Von wem anders?! Aber das mußt du abverdienen, lieber Bub, wenn du Karl steckt das Silbergeld in die Tasche und macht sich auf den Weg, der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322547"/> <fw type="header" place="top"> Karl Salzer</fw><lb/> <p xml:id="ID_658" prev="#ID_657"> das arme Made in die Zwangsjacke stecken. Was das eine Not und ein Elend<lb/> wäre! Und jetzt wolle sich am Ende niemand finden, der den Vater auf den<lb/> Kirchhof trage. Ob denn die Menschen ihren Katechismus ganz vergessen hätten<lb/> und nicht mehr wüßten, daß Totebegraben zu den Werken der Barmherzigkeit<lb/> gehöre.</p><lb/> <p xml:id="ID_659"> Da rückt Karl mit seinem Plan heraus. Vielleicht würde bei eingetretener<lb/> Dunkelheit der Vetter Holtner den Gaul anspannen; man könne den Sarg ja auch<lb/> auf den Wagen laden.</p><lb/> <p xml:id="ID_660"> Tante Seelchen schüttelt den Kopf. Man könne von den Leuten doch nicht<lb/> grad alles verlangen; der Karl solle doch nicht gleich den Sack mitsamt dem Zipfel<lb/> haben wollen. Zudem müsse man sich doch auch selbst etwas zutrauen und dürfe<lb/> sich nicht ganz auf fremden Beistand verlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_661"> Nun meint der Karl, man solle sich an Willem, den Gesellen, wenden, der<lb/> doch seine Dienste angeboten habe. Aber auch davon will Tante Seelchen nichts<lb/> wissen und sagt dem Burschen, der Willem habe schon genug gesehen und gehört,<lb/> und ob der Karl denn nicht spüre, daß die Schande vor bekannten Menschen weher<lb/> tue als vor solchen, die einem fremder sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_662"> Tante Seelchen wechselt die Kleider und besinnt sich aus einen Ausweg aus<lb/> dieser neuen Verwirrung, macht ein bekümmertes Gesicht, seufzt ein übers andere<lb/> Mal und sagt dann:</p><lb/> <p xml:id="ID_663"> „Wenn's halt die anständigen Leut net tun, muß man in Gottesnamen zu<lb/> denen gehen, die für drei Kreuzer alles tun!"</p><lb/> <p xml:id="ID_664"> Karl erwidert, daran habe er auch schon gedacht, aber sie hätten doch keine<lb/> drei Kreuzer, noch nicht einmal drei Pfennig hätten sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_665"> „'s gibt immer noch gute Menschen!" sagt Tante Seelchen, „'s gibt immer<lb/> noch gute Menschen, wenn sie auch grob sind!"</p><lb/> <p xml:id="ID_666"> Sie hebt ihren Oberrock in die Höhe. Seinen Geldbeutel verwahrt man im<lb/> unteren Kamisol besser. Ein Zehnmarkstück legt sie auf den Tisch und dazu noch<lb/> vierzehn Mark in Silber.</p><lb/> <p xml:id="ID_667"> „Vom Vetter Holtner?" fragt Karl erstaunt.</p><lb/> <p xml:id="ID_668"> „Von wem anders?! Aber das mußt du abverdienen, lieber Bub, wenn du<lb/> mal droben bei dene drei bist! Siehst du, das muß dein erster Ehrgeiz sein! So,<lb/> und jetzert geh fort zum Mandietz - Philipp, zum Büttner-Karl, zum Schmitte-<lb/> buckel und zum Ollwcmgs-Madhees. Die viere tragen uns den Vater schon hinaus.<lb/> Aber meinen dir Geld mit, denn das wirst du dir schon gefallen lassen müssen, daß<lb/> sie dich fragen, ob du sie auch bezahlen könntst!"</p><lb/> <p xml:id="ID_669"> Karl steckt das Silbergeld in die Tasche und macht sich auf den Weg, der<lb/> wieder ein Leidensweg für ihn wird. (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
Karl Salzer
das arme Made in die Zwangsjacke stecken. Was das eine Not und ein Elend
wäre! Und jetzt wolle sich am Ende niemand finden, der den Vater auf den
Kirchhof trage. Ob denn die Menschen ihren Katechismus ganz vergessen hätten
und nicht mehr wüßten, daß Totebegraben zu den Werken der Barmherzigkeit
gehöre.
Da rückt Karl mit seinem Plan heraus. Vielleicht würde bei eingetretener
Dunkelheit der Vetter Holtner den Gaul anspannen; man könne den Sarg ja auch
auf den Wagen laden.
Tante Seelchen schüttelt den Kopf. Man könne von den Leuten doch nicht
grad alles verlangen; der Karl solle doch nicht gleich den Sack mitsamt dem Zipfel
haben wollen. Zudem müsse man sich doch auch selbst etwas zutrauen und dürfe
sich nicht ganz auf fremden Beistand verlassen.
Nun meint der Karl, man solle sich an Willem, den Gesellen, wenden, der
doch seine Dienste angeboten habe. Aber auch davon will Tante Seelchen nichts
wissen und sagt dem Burschen, der Willem habe schon genug gesehen und gehört,
und ob der Karl denn nicht spüre, daß die Schande vor bekannten Menschen weher
tue als vor solchen, die einem fremder sind.
Tante Seelchen wechselt die Kleider und besinnt sich aus einen Ausweg aus
dieser neuen Verwirrung, macht ein bekümmertes Gesicht, seufzt ein übers andere
Mal und sagt dann:
„Wenn's halt die anständigen Leut net tun, muß man in Gottesnamen zu
denen gehen, die für drei Kreuzer alles tun!"
Karl erwidert, daran habe er auch schon gedacht, aber sie hätten doch keine
drei Kreuzer, noch nicht einmal drei Pfennig hätten sie.
„'s gibt immer noch gute Menschen!" sagt Tante Seelchen, „'s gibt immer
noch gute Menschen, wenn sie auch grob sind!"
Sie hebt ihren Oberrock in die Höhe. Seinen Geldbeutel verwahrt man im
unteren Kamisol besser. Ein Zehnmarkstück legt sie auf den Tisch und dazu noch
vierzehn Mark in Silber.
„Vom Vetter Holtner?" fragt Karl erstaunt.
„Von wem anders?! Aber das mußt du abverdienen, lieber Bub, wenn du
mal droben bei dene drei bist! Siehst du, das muß dein erster Ehrgeiz sein! So,
und jetzert geh fort zum Mandietz - Philipp, zum Büttner-Karl, zum Schmitte-
buckel und zum Ollwcmgs-Madhees. Die viere tragen uns den Vater schon hinaus.
Aber meinen dir Geld mit, denn das wirst du dir schon gefallen lassen müssen, daß
sie dich fragen, ob du sie auch bezahlen könntst!"
Karl steckt das Silbergeld in die Tasche und macht sich auf den Weg, der
wieder ein Leidensweg für ihn wird. (Fortsetzung folgt)
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