Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.An der Wiege des Königreichs Rumänien -- fiel ich ein, denn ein anderer würde Ihnen doch sicher nicht gefallen haben. Die Wahrheit ist auch hier die: daß Österreich bei der ganzen Frage von Daher tritt auch Osterreich, welches für den Krieg gegen Nußland nichts Daß also mit dem österreichischen Kommissär über das Projekt eines den Was nun die Westmächte betrifft, so ist England bereits von seiner in Be¬ An der Wiege des Königreichs Rumänien — fiel ich ein, denn ein anderer würde Ihnen doch sicher nicht gefallen haben. Die Wahrheit ist auch hier die: daß Österreich bei der ganzen Frage von Daher tritt auch Osterreich, welches für den Krieg gegen Nußland nichts Daß also mit dem österreichischen Kommissär über das Projekt eines den Was nun die Westmächte betrifft, so ist England bereits von seiner in Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0134" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322536"/> <fw type="header" place="top"> An der Wiege des Königreichs Rumänien</fw><lb/> <p xml:id="ID_539" prev="#ID_538"> — fiel ich ein, denn ein anderer würde Ihnen doch sicher nicht gefallen haben.<lb/> Warum da nicht lieber gleich einen Fürsten?</p><lb/> <p xml:id="ID_540"> Die Wahrheit ist auch hier die: daß Österreich bei der ganzen Frage von<lb/> nichts weniger, als von einem Interesse für jene Länder bestimmt wird, daß<lb/> es vielmehr, seiner historischen Politik in Beziehung auf dieselben treu, unter<lb/> dem Schatten irgendwelcher mysteriösen Negociation, ganz wie dies nach dem<lb/> Frieden von Kaynardyi (10/21 ---- July 1774) geschehen ist, eine Macht¬<lb/> vergrößerung anstrebt. Daher die Fortdauer der Besetzung der Moldau und<lb/> Wallachei durch die österreichischen Truppen unter dem Vorwande der noch nicht<lb/> ausgeführten Grenzregulierung; binnen kurzem soll, nach den Andeutungen<lb/> von Baron Prokesch, eine ausgedehnte Anhäufung von Truppen längs der ganzen<lb/> moldau-wallachischen Grenze in Siebenbürgen und der Bukowina dazu kommen<lb/> unter den: ferneren Vorwande, daß die in Paris beschlossene Anhörung der<lb/> Volkswünsche in der Moldau und Wallachei, die Rumänen in Siebenbürgen,<lb/> Ungarn und der Bukowina aufgeregt, und dies bereits zu einer großartigen Ver¬<lb/> schwörung im nationalen Sinne daselbst geführt hätte, der man auf der Spur<lb/> sei. Daher ferner die geheime Wirksamkeit Österreichs gegen jeden andern, als<lb/> österreichischen Einfluß in jenen Ländern, so z. B. gegen Frankreich in betreff<lb/> der von einer französischen Kompagnie beabsichtigten Sereth> Schiffahrt, und gegen<lb/> uns in Beziehung auf die Bank. Auch in Hinsicht auf die „europäische Donau-<lb/> Schiffahrt Regulierungskommission" glaubte Baron Prokesch bereits ohne Rück¬<lb/> halt aussprechen zu dürfen, daß diese nichts zustande bringen, und schließlich auf<lb/> der Donau alles beim alten bleiben werde. „Österreich sei" — so meinte Baron<lb/> Prokesch — „bei jenen Nachbarländern in dem Grade interessiert, daß es eher<lb/> in einen Krieg eintreten, als eine Umgestaltung der dortigen Verhältnisse in<lb/> einem Sinne zugeben werde, der die jetzigen Machtverhältnisse änderte."</p><lb/> <p xml:id="ID_541"> Daher tritt auch Osterreich, welches für den Krieg gegen Nußland nichts<lb/> getan, jetzt, wo es gilt, die Verhältnisse in der Moldau und Wallachei zu<lb/> regulieren, mit einer Freundlichkeit gegen Rußland bei der Grenzregulierung<lb/> und sonst auf, als wenn es gelte, die eigenen Triumphe zu realisieren, während<lb/> es doch nur die fremden sind, und die Briefe von Herrn von Boutinieff sind<lb/> voll von Klagen über das mauvai8 vouloir des Wiener Kabinetts.</p><lb/> <p xml:id="ID_542"> Daß also mit dem österreichischen Kommissär über das Projekt eines den<lb/> Fürstentümern zu gebenden erblichen fremden Fürsten gar nicht gesprochen werden<lb/> kann, wird hiernach keiner weiteren Ausführung bedürfen. Man könnte es nnr<lb/> tun auf die Gefahr hin, mit Österreich gänzlich zu brechen, und diese Gefahr<lb/> soll ich nach dem Hauptgesichtspunkt der mir allergnädigst erteilten Instruktion<lb/> vermeiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_543" next="#ID_544"> Was nun die Westmächte betrifft, so ist England bereits von seiner in Be¬<lb/> ziehung aus die Fürstentümer im Kongreß zu Wien bekannten und verteidigten<lb/> Politik desertiert, und befindet sich im vollen Rückzüge; das Kabinett von London<lb/> hat sich, wie jederzeit in den orientalischen Angelegenheiten geschehen ist, endlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0134]
An der Wiege des Königreichs Rumänien
— fiel ich ein, denn ein anderer würde Ihnen doch sicher nicht gefallen haben.
Warum da nicht lieber gleich einen Fürsten?
Die Wahrheit ist auch hier die: daß Österreich bei der ganzen Frage von
nichts weniger, als von einem Interesse für jene Länder bestimmt wird, daß
es vielmehr, seiner historischen Politik in Beziehung auf dieselben treu, unter
dem Schatten irgendwelcher mysteriösen Negociation, ganz wie dies nach dem
Frieden von Kaynardyi (10/21 ---- July 1774) geschehen ist, eine Macht¬
vergrößerung anstrebt. Daher die Fortdauer der Besetzung der Moldau und
Wallachei durch die österreichischen Truppen unter dem Vorwande der noch nicht
ausgeführten Grenzregulierung; binnen kurzem soll, nach den Andeutungen
von Baron Prokesch, eine ausgedehnte Anhäufung von Truppen längs der ganzen
moldau-wallachischen Grenze in Siebenbürgen und der Bukowina dazu kommen
unter den: ferneren Vorwande, daß die in Paris beschlossene Anhörung der
Volkswünsche in der Moldau und Wallachei, die Rumänen in Siebenbürgen,
Ungarn und der Bukowina aufgeregt, und dies bereits zu einer großartigen Ver¬
schwörung im nationalen Sinne daselbst geführt hätte, der man auf der Spur
sei. Daher ferner die geheime Wirksamkeit Österreichs gegen jeden andern, als
österreichischen Einfluß in jenen Ländern, so z. B. gegen Frankreich in betreff
der von einer französischen Kompagnie beabsichtigten Sereth> Schiffahrt, und gegen
uns in Beziehung auf die Bank. Auch in Hinsicht auf die „europäische Donau-
Schiffahrt Regulierungskommission" glaubte Baron Prokesch bereits ohne Rück¬
halt aussprechen zu dürfen, daß diese nichts zustande bringen, und schließlich auf
der Donau alles beim alten bleiben werde. „Österreich sei" — so meinte Baron
Prokesch — „bei jenen Nachbarländern in dem Grade interessiert, daß es eher
in einen Krieg eintreten, als eine Umgestaltung der dortigen Verhältnisse in
einem Sinne zugeben werde, der die jetzigen Machtverhältnisse änderte."
Daher tritt auch Osterreich, welches für den Krieg gegen Nußland nichts
getan, jetzt, wo es gilt, die Verhältnisse in der Moldau und Wallachei zu
regulieren, mit einer Freundlichkeit gegen Rußland bei der Grenzregulierung
und sonst auf, als wenn es gelte, die eigenen Triumphe zu realisieren, während
es doch nur die fremden sind, und die Briefe von Herrn von Boutinieff sind
voll von Klagen über das mauvai8 vouloir des Wiener Kabinetts.
Daß also mit dem österreichischen Kommissär über das Projekt eines den
Fürstentümern zu gebenden erblichen fremden Fürsten gar nicht gesprochen werden
kann, wird hiernach keiner weiteren Ausführung bedürfen. Man könnte es nnr
tun auf die Gefahr hin, mit Österreich gänzlich zu brechen, und diese Gefahr
soll ich nach dem Hauptgesichtspunkt der mir allergnädigst erteilten Instruktion
vermeiden.
Was nun die Westmächte betrifft, so ist England bereits von seiner in Be¬
ziehung aus die Fürstentümer im Kongreß zu Wien bekannten und verteidigten
Politik desertiert, und befindet sich im vollen Rückzüge; das Kabinett von London
hat sich, wie jederzeit in den orientalischen Angelegenheiten geschehen ist, endlich
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