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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Amerika den Amerikanern
von

merita den Amerikanern. Ein Schlagwort. Wie alle entweder
banale Binsenwahrheit kündend oder lächerlich anmaßend. Man
könnte füglich leichten Sinns darüber hinweggehen, wenn ihm
nicht seitens seiner Verkünder ein Sinn untergelegt würde, der für
die künftige friedliche Entwicklung von Zivilisation und Kultur
ungeheure Gefahren in sich schließt. Das werden und wollen die Dankees freilich
nicht zugeben. Gerade die Hauptstützen des Panamerikanismus, die Carnegie,
Rook, Rowe, Reinsch usw. sind gleichzeitig Vorkämpfer der Friedensidee und
bezeichnen die panamerikanischen Bestrebungen lediglich als ein Kapitel in dem
Weltfriedensprogramm. Daß sich hinter ihnen der rücksichtsloseste Imperialismus
birgt, von dem wir bei Hissung des Sternenbanners auf den Philippinen und
bei Proklamierung der Republik Panama bereits einen Vorgeschmack bekommen
haben, wird erst die Zukunft offen dartun. Die Gegenwart läßt uns aber an
einer solchen Fülle von Anzeichen den wahren Sinn und Zweck des Pan¬
amerikanismus erkennen, daß es sich lohnt ihnen einmal nachzugehen.

"Amerika den Amerikanern" heißt nichts anderes als: Ganz Amerika
den Uankees. Wie sich die Grönländer und Eskimos zu dieser Frage stellen,
ist einstweilen noch von keiner Bedeutung. Wie Kanada und mit ihm oder
für es England darüber denken, ist eine Privatangelegenheit Allbritanniens.
Vorläufig ist die kanadische Regierung sehr damit einverstanden, daß jährlich
tausende tüchtige Farmer aus den Staaten über die nördliche Grenze in das
englische Kronland abwandern; dort finden sie bessere Lebensbedingungen,
als ihnen die nur auf schnellen Gewinn bedachten großen Landgesellschaften
(vielfach identisch oder eng verbunden mit den Eisenbahntrusts) im Dollarlande
bieten. Über Mexikos Stellung zum Panamerikanismus wird man erst wieder
sprechen können, wenn es dem unglücklichen Lande gelungen sein wird, innerhalb


Grenzboten III 1912 74


Amerika den Amerikanern
von

merita den Amerikanern. Ein Schlagwort. Wie alle entweder
banale Binsenwahrheit kündend oder lächerlich anmaßend. Man
könnte füglich leichten Sinns darüber hinweggehen, wenn ihm
nicht seitens seiner Verkünder ein Sinn untergelegt würde, der für
die künftige friedliche Entwicklung von Zivilisation und Kultur
ungeheure Gefahren in sich schließt. Das werden und wollen die Dankees freilich
nicht zugeben. Gerade die Hauptstützen des Panamerikanismus, die Carnegie,
Rook, Rowe, Reinsch usw. sind gleichzeitig Vorkämpfer der Friedensidee und
bezeichnen die panamerikanischen Bestrebungen lediglich als ein Kapitel in dem
Weltfriedensprogramm. Daß sich hinter ihnen der rücksichtsloseste Imperialismus
birgt, von dem wir bei Hissung des Sternenbanners auf den Philippinen und
bei Proklamierung der Republik Panama bereits einen Vorgeschmack bekommen
haben, wird erst die Zukunft offen dartun. Die Gegenwart läßt uns aber an
einer solchen Fülle von Anzeichen den wahren Sinn und Zweck des Pan¬
amerikanismus erkennen, daß es sich lohnt ihnen einmal nachzugehen.

„Amerika den Amerikanern" heißt nichts anderes als: Ganz Amerika
den Uankees. Wie sich die Grönländer und Eskimos zu dieser Frage stellen,
ist einstweilen noch von keiner Bedeutung. Wie Kanada und mit ihm oder
für es England darüber denken, ist eine Privatangelegenheit Allbritanniens.
Vorläufig ist die kanadische Regierung sehr damit einverstanden, daß jährlich
tausende tüchtige Farmer aus den Staaten über die nördliche Grenze in das
englische Kronland abwandern; dort finden sie bessere Lebensbedingungen,
als ihnen die nur auf schnellen Gewinn bedachten großen Landgesellschaften
(vielfach identisch oder eng verbunden mit den Eisenbahntrusts) im Dollarlande
bieten. Über Mexikos Stellung zum Panamerikanismus wird man erst wieder
sprechen können, wenn es dem unglücklichen Lande gelungen sein wird, innerhalb


Grenzboten III 1912 74
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[0593] [Abbildung] Amerika den Amerikanern von merita den Amerikanern. Ein Schlagwort. Wie alle entweder banale Binsenwahrheit kündend oder lächerlich anmaßend. Man könnte füglich leichten Sinns darüber hinweggehen, wenn ihm nicht seitens seiner Verkünder ein Sinn untergelegt würde, der für die künftige friedliche Entwicklung von Zivilisation und Kultur ungeheure Gefahren in sich schließt. Das werden und wollen die Dankees freilich nicht zugeben. Gerade die Hauptstützen des Panamerikanismus, die Carnegie, Rook, Rowe, Reinsch usw. sind gleichzeitig Vorkämpfer der Friedensidee und bezeichnen die panamerikanischen Bestrebungen lediglich als ein Kapitel in dem Weltfriedensprogramm. Daß sich hinter ihnen der rücksichtsloseste Imperialismus birgt, von dem wir bei Hissung des Sternenbanners auf den Philippinen und bei Proklamierung der Republik Panama bereits einen Vorgeschmack bekommen haben, wird erst die Zukunft offen dartun. Die Gegenwart läßt uns aber an einer solchen Fülle von Anzeichen den wahren Sinn und Zweck des Pan¬ amerikanismus erkennen, daß es sich lohnt ihnen einmal nachzugehen. „Amerika den Amerikanern" heißt nichts anderes als: Ganz Amerika den Uankees. Wie sich die Grönländer und Eskimos zu dieser Frage stellen, ist einstweilen noch von keiner Bedeutung. Wie Kanada und mit ihm oder für es England darüber denken, ist eine Privatangelegenheit Allbritanniens. Vorläufig ist die kanadische Regierung sehr damit einverstanden, daß jährlich tausende tüchtige Farmer aus den Staaten über die nördliche Grenze in das englische Kronland abwandern; dort finden sie bessere Lebensbedingungen, als ihnen die nur auf schnellen Gewinn bedachten großen Landgesellschaften (vielfach identisch oder eng verbunden mit den Eisenbahntrusts) im Dollarlande bieten. Über Mexikos Stellung zum Panamerikanismus wird man erst wieder sprechen können, wenn es dem unglücklichen Lande gelungen sein wird, innerhalb Grenzboten III 1912 74

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/593>, abgerufen am 01.07.2024.