Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Die Blumen des Florentill Kiep Dann kam Jelde, zog mit dem Handrücken unter der Nase her, als schnupfe Wieschens Gesicht leuchtete auf. "Ich wußte, du hattest zuletzt noch was Sie tat dann, als treibe sie das Erwarten zu eiligen Schritten an, während Als Wieschen dann neben dem Fuhrmann und mit ihrer Kommode die Die Straße ging aus den Bergen nieder in die Ebene, und der Fuhr¬ Der dörfische Fuhrmann war derselbe, welcher die Früchte und Blumen Sie fuhren in die Ebene hinaus. Es war ein Heller Tag, und wenn Die Blumen des Florentill Kiep Dann kam Jelde, zog mit dem Handrücken unter der Nase her, als schnupfe Wieschens Gesicht leuchtete auf. „Ich wußte, du hattest zuletzt noch was Sie tat dann, als treibe sie das Erwarten zu eiligen Schritten an, während Als Wieschen dann neben dem Fuhrmann und mit ihrer Kommode die Die Straße ging aus den Bergen nieder in die Ebene, und der Fuhr¬ Der dörfische Fuhrmann war derselbe, welcher die Früchte und Blumen Sie fuhren in die Ebene hinaus. Es war ein Heller Tag, und wenn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0381" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322128"/> <fw type="header" place="top"> Die Blumen des Florentill Kiep</fw><lb/> <p xml:id="ID_1614"> Dann kam Jelde, zog mit dem Handrücken unter der Nase her, als schnupfe<lb/> sie an einer Priese und fühle ihr Prickeln im Kopf. Das Wort des Mädchens,<lb/> die Absage eines nächsten Besuches, den sie aus mancherlei Neugier gern gesehen,<lb/> hatte sie eben geärgert. „Gib einmal Acht," sagte sie, „beim Vorsteher Linhoff,<lb/> da wartet was auf dich, kannst dir's besehen und dich daran freuen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1615"> Wieschens Gesicht leuchtete auf. „Ich wußte, du hattest zuletzt noch was<lb/> Liebes für mich," sagte sie dankbar.</p><lb/> <p xml:id="ID_1616"> Sie tat dann, als treibe sie das Erwarten zu eiligen Schritten an, während<lb/> ihr die Schuhsohlen hängen bleiben wollten an der Scholle, welche sie lieb<lb/> hatte. So schritt sie laut und mutig den gepflasterten Pfad vom Hause zum<lb/> Tor; hier und da lag vom Wege daneben Sand auf den Steinen, und wenn<lb/> sie dahin trat auf die trockenen, braungelben Körner, war's als schrien sie auf,<lb/> als schreie die Heimaterde die Menschen an um das, was sie einem einzelnen<lb/> Verwaisten taten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1617"> Als Wieschen dann neben dem Fuhrmann und mit ihrer Kommode die<lb/> Straße hinunter fuhr und am Linhofshof vorbeikam, fiel ihr Jettes letztes<lb/> Wort ein, sie beugte sich vor und spähte hinüber. Da sah sie im Vorsteh¬<lb/> kasten eine Schrift aushängen, sie mußte irgendwelche Hochzeiter angehen; denn<lb/> es war nach Sitte ein Kranz aus Tannengrün mit bunten Papierschleifen und<lb/> einzelnen roten und weißen gemachten Rosen darum getan; die Rosen waren<lb/> in Form und Farbe ähnlich denen aus dem Garten des Florentin Kien.<lb/> Wieschen zuckte zusammen, als hätte sie sich an einem Dorn gerissen. Warum<lb/> hatte ihr Jelde das uoch antun müssen, zu sehen, wie der Florentin mit der<lb/> Regime aufhing? Keiner von Jettes heimlichen Nadelstichen waren so scharf<lb/> hingehalten wie dieser Dorn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1618"> Die Straße ging aus den Bergen nieder in die Ebene, und der Fuhr¬<lb/> mann trieb den Gaul an. Es war dem Mädchen, als seien welche hinter ihr<lb/> und vertrieben sie aus dem Dorf. Sie war wie ein junges, edles Wild, hinter<lb/> dem die kläffenden und angeknüppelten Hunde sind, die es wohl Hetzen, ihn:<lb/> aber nicht verkommen können, und vor denen das fliehende Wild mit seinen<lb/> ängstlichen Sprüngen am schönsten seine große Haltung zeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1619"> Der dörfische Fuhrmann war derselbe, welcher die Früchte und Blumen<lb/> des Kien allwöchentlich in die Städte hinaus und zu Markte brachte. Wieschen<lb/> saß bei ihm und war selbst wie eine Blume, hervorgegangen aus jenem Garten<lb/> und gezogen von der Hand desselben Gärtners, wenn sie dessen Pflege auch<lb/> anders genossen hatte, so, als habe es einer herben Frostnacht gebraucht, die<lb/> Wurzelart dieser seltenen Blume zu prüfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1620" next="#ID_1621"> Sie fuhren in die Ebene hinaus. Es war ein Heller Tag, und wenn<lb/> man aus den Bergen kam, konnte man meinen, die Sonne wolle alle ihre<lb/> Liebe zumeist über die Ebene ausschütten. Aus den Feldern grüßten die Stroh¬<lb/> diemen wie die blonden Köpfe von Landsmännern. Man hörte das Ernte¬<lb/> singen der Dreschmaschinen und über den weiten Feldern lag noch ein Hauch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0381]
Die Blumen des Florentill Kiep
Dann kam Jelde, zog mit dem Handrücken unter der Nase her, als schnupfe
sie an einer Priese und fühle ihr Prickeln im Kopf. Das Wort des Mädchens,
die Absage eines nächsten Besuches, den sie aus mancherlei Neugier gern gesehen,
hatte sie eben geärgert. „Gib einmal Acht," sagte sie, „beim Vorsteher Linhoff,
da wartet was auf dich, kannst dir's besehen und dich daran freuen."
Wieschens Gesicht leuchtete auf. „Ich wußte, du hattest zuletzt noch was
Liebes für mich," sagte sie dankbar.
Sie tat dann, als treibe sie das Erwarten zu eiligen Schritten an, während
ihr die Schuhsohlen hängen bleiben wollten an der Scholle, welche sie lieb
hatte. So schritt sie laut und mutig den gepflasterten Pfad vom Hause zum
Tor; hier und da lag vom Wege daneben Sand auf den Steinen, und wenn
sie dahin trat auf die trockenen, braungelben Körner, war's als schrien sie auf,
als schreie die Heimaterde die Menschen an um das, was sie einem einzelnen
Verwaisten taten.
Als Wieschen dann neben dem Fuhrmann und mit ihrer Kommode die
Straße hinunter fuhr und am Linhofshof vorbeikam, fiel ihr Jettes letztes
Wort ein, sie beugte sich vor und spähte hinüber. Da sah sie im Vorsteh¬
kasten eine Schrift aushängen, sie mußte irgendwelche Hochzeiter angehen; denn
es war nach Sitte ein Kranz aus Tannengrün mit bunten Papierschleifen und
einzelnen roten und weißen gemachten Rosen darum getan; die Rosen waren
in Form und Farbe ähnlich denen aus dem Garten des Florentin Kien.
Wieschen zuckte zusammen, als hätte sie sich an einem Dorn gerissen. Warum
hatte ihr Jelde das uoch antun müssen, zu sehen, wie der Florentin mit der
Regime aufhing? Keiner von Jettes heimlichen Nadelstichen waren so scharf
hingehalten wie dieser Dorn.
Die Straße ging aus den Bergen nieder in die Ebene, und der Fuhr¬
mann trieb den Gaul an. Es war dem Mädchen, als seien welche hinter ihr
und vertrieben sie aus dem Dorf. Sie war wie ein junges, edles Wild, hinter
dem die kläffenden und angeknüppelten Hunde sind, die es wohl Hetzen, ihn:
aber nicht verkommen können, und vor denen das fliehende Wild mit seinen
ängstlichen Sprüngen am schönsten seine große Haltung zeigt.
Der dörfische Fuhrmann war derselbe, welcher die Früchte und Blumen
des Kien allwöchentlich in die Städte hinaus und zu Markte brachte. Wieschen
saß bei ihm und war selbst wie eine Blume, hervorgegangen aus jenem Garten
und gezogen von der Hand desselben Gärtners, wenn sie dessen Pflege auch
anders genossen hatte, so, als habe es einer herben Frostnacht gebraucht, die
Wurzelart dieser seltenen Blume zu prüfen.
Sie fuhren in die Ebene hinaus. Es war ein Heller Tag, und wenn
man aus den Bergen kam, konnte man meinen, die Sonne wolle alle ihre
Liebe zumeist über die Ebene ausschütten. Aus den Feldern grüßten die Stroh¬
diemen wie die blonden Köpfe von Landsmännern. Man hörte das Ernte¬
singen der Dreschmaschinen und über den weiten Feldern lag noch ein Hauch
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