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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Haupt nicht, teils "weil sie undurchführbar
sind", teils "weil andere sie auch nicht be¬
folgen" oder wenigstens, weil sie sich darauf
verlassen, daß man ihnen den Nachweis der
Übertretung nicht werde erbringen können.
In letzterer Beziehung sei jedoch darauf auf"
merksam gemacht, daß die Geschwindigkeits¬
messungen durch je zwei mit sogenannten
Stoppuhren versehenen Kriminalbeamten all¬
mählich bei den Polizeibehörden immer mehr
Aufnahme finden. Wie weit die kriminalistische
Harmlosigkeit der Automobilisten geht, wird
am besten durch eine Rede illustriert, die kürz¬
lich in einem Automobilverein gehalten wurde.
Der Redner glaubte die Vereinsmitglieder
zur Vorsicht dadurch ernähren zu sollen, daß
er ihnen riet, in geschlossenen Ortschaften
"wenigstens nicht schneller als 40 Kilometer
in der Stunde" zu fahren. Die Überschreitung
der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeiten von 15
bezüglicherweise 25 Kilometer wird für etwas
Selbstverständliches gehalten I Solche Reden
können irrige Auffassungen hervorrufen oder
befestigen, die den Beteiligten erhebliche Un¬
annehmlichkeiten bereiten können.

Darüber, ob die zurzeit geltenden gesetz¬
lichen Bestimmungen den Interessen des Auto¬
mobilverkehrs gerecht werden, kann man strei¬
ten. Man kann sie bekämpfen und ihre
Änderung anstreben. Solange sie aber be¬
stehen, liegt es im ureigensten Interesse der
Automobilisten, sie zu befolgen, wenn sie nicht
mit dem Strafrichter in unangenehme Be¬
rührung kommen wollen.

Landrichter Simon
Genealogie

Die Frage der Abstammung des Fürsten
Guido von DonnerSmarck, Grafen Henckcl,
und der Grafen Henckcl, Freiherren von
Donnersmarck, ist auch für reichsdeutsche
und namentlich Preußische Leser, diejenige der
Fürsten von Kohary ganz allgemein von be¬
sonderem Interesse, über die Abstammung
der Henckel ist ganz kurz folgendes zu sagen.
Der ausgezeichnete Amateurgcnealoge, übri¬
gens ein Grandseigneur, August von Doerr
auf Schloß Smilkau in Böhmen, hat im
"Jahrbuch" der Gesellschaft "Adler" in Wien
im Jahre 1907 eine umfangreiche Arbeit
veröffentlicht: "Beiträge zur Geschichte und

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Genealogie der Familie Henckcl von Don-
nersmarck." Er erwähnt das Vorkommen
des Namens urkundlich zum ersten Male
im Jahre 1364 in Ungarn. Von 1435 bis
zumJahre1560 hat er der Henkel, urkundliches,
ununterbrochenes Erscheinen in Leutschau und
Umgegend, und im Zipser Komitat, also
beides in Ungarn nachgewiesen. An der Ge¬
schichte des Geschlechtes in der Folgezeit ist
nicht das Geringste dunkel. Von einer jü¬
dischen Abstammung des Geschlechtes Weiß
Doerr kein Wort. Zur vollen Sicherheit habe
ich nochmals wegen der Abstammung an
diesen genauesten Kenner der Genealogie der
Henckel geschrieben. In seiner Antwort vom
26. Juni 1912 weist er mich darauf hin, daß
er die Stammreihe bis etwa 1500 zurück-
vcrfolgt habe, und fährt fort: "Damals waren
das gläubige Christen, zwei Mitglieder der
Familie Pfarrer in ihrer Heimat, der eine
Prediger der Königin Marie endet als Ka¬
nonikus in Breslau. Die anderen Familien¬
mitglieder kleine, aber immerhin kaiserliche
resp, königliche ungarische Beamte. Nichts,
aber rein gar nichts berechtigt zur Annahme,
die Familie sei israelitischer Abkunft." Die
boshafte Bemerkung des "Semigotha" (S.16):
"In den schlesischen Adelskreisen herrscht die
allgemeine Anschauung, daß die Henckel jü¬
dischen Ursprunges sind. Und das ist auch so;"
dürfte damit erledigt sein.

Was nun die Behauptung anlangt, die
KohSry seien jüdischen Ursprunges, so ist jeder
Wissende Wohl zuerst geneigt, sie sür einen
schlechten Witz zu halten. Dieses 1815 in
den Fürstenstand aufgestiegene, 1826 im
Mannesstamme aber bereits wieder erloschene
ungarische Geschlecht, ist nämlich nicht nur
eines der angesehensten und reichsten, sondern
auch eines der ältesten und vornehmsten Ge¬
schlechter des ungarischen Adels gewesen. Das
wissen die Gelehrten des "Semigotha" sogar
alles, es hindert sie aber nicht, die kindliche
Behauptung aufzustellen, die Kohüry feien
"aus dem Stamme Aaron, kassarischer Her¬
kunft." Auf hebräisch laute derName: "Kober",
was gleichbedeutend mit "Priester" sei, und
sei "magyarisiert in Kohary"! Das, worauf
es dem "Semigotha" ankam, war offenbar
ganz ausschließlich, die Nachkommen der letzten
KohÄryschen Erbtochter, der Prinzessin Antonie

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Haupt nicht, teils „weil sie undurchführbar
sind", teils „weil andere sie auch nicht be¬
folgen" oder wenigstens, weil sie sich darauf
verlassen, daß man ihnen den Nachweis der
Übertretung nicht werde erbringen können.
In letzterer Beziehung sei jedoch darauf auf»
merksam gemacht, daß die Geschwindigkeits¬
messungen durch je zwei mit sogenannten
Stoppuhren versehenen Kriminalbeamten all¬
mählich bei den Polizeibehörden immer mehr
Aufnahme finden. Wie weit die kriminalistische
Harmlosigkeit der Automobilisten geht, wird
am besten durch eine Rede illustriert, die kürz¬
lich in einem Automobilverein gehalten wurde.
Der Redner glaubte die Vereinsmitglieder
zur Vorsicht dadurch ernähren zu sollen, daß
er ihnen riet, in geschlossenen Ortschaften
„wenigstens nicht schneller als 40 Kilometer
in der Stunde" zu fahren. Die Überschreitung
der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeiten von 15
bezüglicherweise 25 Kilometer wird für etwas
Selbstverständliches gehalten I Solche Reden
können irrige Auffassungen hervorrufen oder
befestigen, die den Beteiligten erhebliche Un¬
annehmlichkeiten bereiten können.

Darüber, ob die zurzeit geltenden gesetz¬
lichen Bestimmungen den Interessen des Auto¬
mobilverkehrs gerecht werden, kann man strei¬
ten. Man kann sie bekämpfen und ihre
Änderung anstreben. Solange sie aber be¬
stehen, liegt es im ureigensten Interesse der
Automobilisten, sie zu befolgen, wenn sie nicht
mit dem Strafrichter in unangenehme Be¬
rührung kommen wollen.

Landrichter Simon
Genealogie

Die Frage der Abstammung des Fürsten
Guido von DonnerSmarck, Grafen Henckcl,
und der Grafen Henckcl, Freiherren von
Donnersmarck, ist auch für reichsdeutsche
und namentlich Preußische Leser, diejenige der
Fürsten von Kohary ganz allgemein von be¬
sonderem Interesse, über die Abstammung
der Henckel ist ganz kurz folgendes zu sagen.
Der ausgezeichnete Amateurgcnealoge, übri¬
gens ein Grandseigneur, August von Doerr
auf Schloß Smilkau in Böhmen, hat im
„Jahrbuch" der Gesellschaft „Adler" in Wien
im Jahre 1907 eine umfangreiche Arbeit
veröffentlicht: „Beiträge zur Geschichte und

[Spaltenumbruch]

Genealogie der Familie Henckcl von Don-
nersmarck." Er erwähnt das Vorkommen
des Namens urkundlich zum ersten Male
im Jahre 1364 in Ungarn. Von 1435 bis
zumJahre1560 hat er der Henkel, urkundliches,
ununterbrochenes Erscheinen in Leutschau und
Umgegend, und im Zipser Komitat, also
beides in Ungarn nachgewiesen. An der Ge¬
schichte des Geschlechtes in der Folgezeit ist
nicht das Geringste dunkel. Von einer jü¬
dischen Abstammung des Geschlechtes Weiß
Doerr kein Wort. Zur vollen Sicherheit habe
ich nochmals wegen der Abstammung an
diesen genauesten Kenner der Genealogie der
Henckel geschrieben. In seiner Antwort vom
26. Juni 1912 weist er mich darauf hin, daß
er die Stammreihe bis etwa 1500 zurück-
vcrfolgt habe, und fährt fort: „Damals waren
das gläubige Christen, zwei Mitglieder der
Familie Pfarrer in ihrer Heimat, der eine
Prediger der Königin Marie endet als Ka¬
nonikus in Breslau. Die anderen Familien¬
mitglieder kleine, aber immerhin kaiserliche
resp, königliche ungarische Beamte. Nichts,
aber rein gar nichts berechtigt zur Annahme,
die Familie sei israelitischer Abkunft." Die
boshafte Bemerkung des „Semigotha" (S.16):
„In den schlesischen Adelskreisen herrscht die
allgemeine Anschauung, daß die Henckel jü¬
dischen Ursprunges sind. Und das ist auch so;"
dürfte damit erledigt sein.

Was nun die Behauptung anlangt, die
KohSry seien jüdischen Ursprunges, so ist jeder
Wissende Wohl zuerst geneigt, sie sür einen
schlechten Witz zu halten. Dieses 1815 in
den Fürstenstand aufgestiegene, 1826 im
Mannesstamme aber bereits wieder erloschene
ungarische Geschlecht, ist nämlich nicht nur
eines der angesehensten und reichsten, sondern
auch eines der ältesten und vornehmsten Ge¬
schlechter des ungarischen Adels gewesen. Das
wissen die Gelehrten des „Semigotha" sogar
alles, es hindert sie aber nicht, die kindliche
Behauptung aufzustellen, die Kohüry feien
„aus dem Stamme Aaron, kassarischer Her¬
kunft." Auf hebräisch laute derName: „Kober",
was gleichbedeutend mit „Priester" sei, und
sei „magyarisiert in Kohary"! Das, worauf
es dem „Semigotha" ankam, war offenbar
ganz ausschließlich, die Nachkommen der letzten
KohÄryschen Erbtochter, der Prinzessin Antonie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/243>, abgerufen am 29.06.2024.