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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspicgel

rechnet sich das als Verdienst an, sie wird es aber keinem nationalen Politiker
verdenken können, wenn er die gegen solche Steigerung des ausländischen
Arbeiterzustroms geltend zu machenden Bedenken in den Vordergrund stellt.




Nachdem die deutsche Feldarbeiterzentralstelle auch in ihrem diesjährigen
Bericht zunächst wieder den Nachweis führt, wie sehr sie um den Ausbau
ihrer Organisation bemüht ist, beschäftigt sie sich schließlich mit der bisher an
ihrer Tätigkeit geübten Kritik. Die Zentralstelle will es nicht gelten lassen,
daß sie der "mZe 6u nombre" verfallen sei und sich daran freue, möglichst
viele ausländische Arbeiter ins Land zu bringen. Sie bemerkt demgegenüber:
"Nicht an dem äußeren Anwachsen ihrer Vermittlungszahlen freut sich die
Zentralstelle, sondern an dem in ihnen zum Ausdruck gelangenden Wachstum
des Vertrauens zu ihrer praktischen gemeinnützigen Arbeit bei Arbeitgebern und
Arbeitnehmern." Nun, was wir in dem vorigen Abschnitt über die Bemühungen
der Zentralstelle, unmittelbar in den Herkunftsländern der ausländischen Zu-
wanderer eine rege Werbetätigkeit zu entfalten, gehört haben, und was wir in
ihrem vorjährigen Bericht an konkurrenzneidischen Ausfallen gegen die Aus¬
wandererwerbung der großen Reedereien jenseits der deutschen Grenzen gelesen
haben, das beweist denn doch, daß die Feldarbeiterzentralstelle nicht nur ihre
Freude hat an dem wachsenden Vertrauen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern,
sondern in recht erheblichem Grade doch auch schlechthin an dem weiteren Ausbau
ihrer Tätigkeit, ohne die wünschenswerte Sorge, wie diese Tätigkeit mit den
nationalen Interessen in Einklang zu bringen ist.

Dem vorjährigen Bericht der Feldarbeiterzentralstelle ist entgegengehalten
worden, daß die Zentralstelle eine umfangreiche Vermittlungstätigkeit ausübe
und ihren ganzen Apparat aus den für die Legitimierung erhobenen Gebühren
erhalte. Hieraus wurde gefolgert, daß die Zentralstelle, schon um sich fest zu
fundieren, auf die Einführung einer möglichst großen Zahl ausländischer Arbeiter
bedacht sein müsse. Dagegen sucht die Zentralstelle sich nun folgendermaßen
zu verteidigen:

"Legitimierung und Vermittlung sind zwei auch in dein Verwaltungsapparat
der Zentralstelle getrennte Dinge. Die Einnahmen aus der Legitimierung
dienen zur Erhaltung der hierfür etwa nötigen Einrichtungen. Etwa verbleibende
Überschüsse darf die Zentralstelle nur mit Zustimmung der königlichen Staats¬
regierung verwenden. Sie dienen zur Ansammlung eines Reservefonds, wie
ihn die große und kostspielige Legitimierungsorganisation unbedingt erfordert.
Die Gebühren für die Vermittlung werden unabhängig hiervon jedes Jahr unter
Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und in Gemeinschaft mit den Vertretungen
der Interessenten neu festgesetzt. Sie sind so kalkuliere, daß die Selbstkosten der
Zentralstelle gedeckt werden. Von Überschüssen aus der Vermittlung ist daher
weder in Absicht noch in Verfolg die Rede."


Reichsspicgel

rechnet sich das als Verdienst an, sie wird es aber keinem nationalen Politiker
verdenken können, wenn er die gegen solche Steigerung des ausländischen
Arbeiterzustroms geltend zu machenden Bedenken in den Vordergrund stellt.




Nachdem die deutsche Feldarbeiterzentralstelle auch in ihrem diesjährigen
Bericht zunächst wieder den Nachweis führt, wie sehr sie um den Ausbau
ihrer Organisation bemüht ist, beschäftigt sie sich schließlich mit der bisher an
ihrer Tätigkeit geübten Kritik. Die Zentralstelle will es nicht gelten lassen,
daß sie der „mZe 6u nombre" verfallen sei und sich daran freue, möglichst
viele ausländische Arbeiter ins Land zu bringen. Sie bemerkt demgegenüber:
„Nicht an dem äußeren Anwachsen ihrer Vermittlungszahlen freut sich die
Zentralstelle, sondern an dem in ihnen zum Ausdruck gelangenden Wachstum
des Vertrauens zu ihrer praktischen gemeinnützigen Arbeit bei Arbeitgebern und
Arbeitnehmern." Nun, was wir in dem vorigen Abschnitt über die Bemühungen
der Zentralstelle, unmittelbar in den Herkunftsländern der ausländischen Zu-
wanderer eine rege Werbetätigkeit zu entfalten, gehört haben, und was wir in
ihrem vorjährigen Bericht an konkurrenzneidischen Ausfallen gegen die Aus¬
wandererwerbung der großen Reedereien jenseits der deutschen Grenzen gelesen
haben, das beweist denn doch, daß die Feldarbeiterzentralstelle nicht nur ihre
Freude hat an dem wachsenden Vertrauen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern,
sondern in recht erheblichem Grade doch auch schlechthin an dem weiteren Ausbau
ihrer Tätigkeit, ohne die wünschenswerte Sorge, wie diese Tätigkeit mit den
nationalen Interessen in Einklang zu bringen ist.

Dem vorjährigen Bericht der Feldarbeiterzentralstelle ist entgegengehalten
worden, daß die Zentralstelle eine umfangreiche Vermittlungstätigkeit ausübe
und ihren ganzen Apparat aus den für die Legitimierung erhobenen Gebühren
erhalte. Hieraus wurde gefolgert, daß die Zentralstelle, schon um sich fest zu
fundieren, auf die Einführung einer möglichst großen Zahl ausländischer Arbeiter
bedacht sein müsse. Dagegen sucht die Zentralstelle sich nun folgendermaßen
zu verteidigen:

„Legitimierung und Vermittlung sind zwei auch in dein Verwaltungsapparat
der Zentralstelle getrennte Dinge. Die Einnahmen aus der Legitimierung
dienen zur Erhaltung der hierfür etwa nötigen Einrichtungen. Etwa verbleibende
Überschüsse darf die Zentralstelle nur mit Zustimmung der königlichen Staats¬
regierung verwenden. Sie dienen zur Ansammlung eines Reservefonds, wie
ihn die große und kostspielige Legitimierungsorganisation unbedingt erfordert.
Die Gebühren für die Vermittlung werden unabhängig hiervon jedes Jahr unter
Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und in Gemeinschaft mit den Vertretungen
der Interessenten neu festgesetzt. Sie sind so kalkuliere, daß die Selbstkosten der
Zentralstelle gedeckt werden. Von Überschüssen aus der Vermittlung ist daher
weder in Absicht noch in Verfolg die Rede."


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[0605] Reichsspicgel rechnet sich das als Verdienst an, sie wird es aber keinem nationalen Politiker verdenken können, wenn er die gegen solche Steigerung des ausländischen Arbeiterzustroms geltend zu machenden Bedenken in den Vordergrund stellt. Nachdem die deutsche Feldarbeiterzentralstelle auch in ihrem diesjährigen Bericht zunächst wieder den Nachweis führt, wie sehr sie um den Ausbau ihrer Organisation bemüht ist, beschäftigt sie sich schließlich mit der bisher an ihrer Tätigkeit geübten Kritik. Die Zentralstelle will es nicht gelten lassen, daß sie der „mZe 6u nombre" verfallen sei und sich daran freue, möglichst viele ausländische Arbeiter ins Land zu bringen. Sie bemerkt demgegenüber: „Nicht an dem äußeren Anwachsen ihrer Vermittlungszahlen freut sich die Zentralstelle, sondern an dem in ihnen zum Ausdruck gelangenden Wachstum des Vertrauens zu ihrer praktischen gemeinnützigen Arbeit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern." Nun, was wir in dem vorigen Abschnitt über die Bemühungen der Zentralstelle, unmittelbar in den Herkunftsländern der ausländischen Zu- wanderer eine rege Werbetätigkeit zu entfalten, gehört haben, und was wir in ihrem vorjährigen Bericht an konkurrenzneidischen Ausfallen gegen die Aus¬ wandererwerbung der großen Reedereien jenseits der deutschen Grenzen gelesen haben, das beweist denn doch, daß die Feldarbeiterzentralstelle nicht nur ihre Freude hat an dem wachsenden Vertrauen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern in recht erheblichem Grade doch auch schlechthin an dem weiteren Ausbau ihrer Tätigkeit, ohne die wünschenswerte Sorge, wie diese Tätigkeit mit den nationalen Interessen in Einklang zu bringen ist. Dem vorjährigen Bericht der Feldarbeiterzentralstelle ist entgegengehalten worden, daß die Zentralstelle eine umfangreiche Vermittlungstätigkeit ausübe und ihren ganzen Apparat aus den für die Legitimierung erhobenen Gebühren erhalte. Hieraus wurde gefolgert, daß die Zentralstelle, schon um sich fest zu fundieren, auf die Einführung einer möglichst großen Zahl ausländischer Arbeiter bedacht sein müsse. Dagegen sucht die Zentralstelle sich nun folgendermaßen zu verteidigen: „Legitimierung und Vermittlung sind zwei auch in dein Verwaltungsapparat der Zentralstelle getrennte Dinge. Die Einnahmen aus der Legitimierung dienen zur Erhaltung der hierfür etwa nötigen Einrichtungen. Etwa verbleibende Überschüsse darf die Zentralstelle nur mit Zustimmung der königlichen Staats¬ regierung verwenden. Sie dienen zur Ansammlung eines Reservefonds, wie ihn die große und kostspielige Legitimierungsorganisation unbedingt erfordert. Die Gebühren für die Vermittlung werden unabhängig hiervon jedes Jahr unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und in Gemeinschaft mit den Vertretungen der Interessenten neu festgesetzt. Sie sind so kalkuliere, daß die Selbstkosten der Zentralstelle gedeckt werden. Von Überschüssen aus der Vermittlung ist daher weder in Absicht noch in Verfolg die Rede."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/605>, abgerufen am 01.07.2024.