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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Strömungen innerhalb der Zentrumspartei

überwiegenden Majorität völlig unbekannt sein dürsten, trotzdem auch, wie gesagt,
die Konferenz als solche auch nicht im allergeringsten an dem politischen, nicht
konfessionellen Charakter der Partei rütteln wollte. Jedenfalls sind dahingehende
Bestrebungen auf der Konferenz selbst nicht zutage getreten. Sie würden andern-
falls dort auch auf den allerentschiedensten Widerspruch gestoßen sein. Für das.
was einzelne Teilnehmer der Konferenz früher oder später getan haben, sind
diese allein verantwortlich, nicht aber die Osterdienstagskonferenz. Diese war
lediglich eine willkürliche, private Zusammenkunft zu privatem Meinungsaustausch
über die infolge der erwähnten Polemik zwischen der Kölnischen Volkszeitung
und der Augsburger Postzeitung usw. die Öffentlichkeit bewegenden Fragen.
Den einzelnen Teilnehmern war vorher auch nicht bekannt, wer sich an dieser
Aussprache beteiligen würde. Es lag der Konferenz auch durchaus fern, irgend
etwas am Charakter der Zentrumspartei ändern oder die Partei irgendwie
offiziell definieren zu wollen. Das sind alles Erfindungen der Kölnischen Volks-
Seitung. Die Konferenz hat überhaupt keine Definition der Zentrumspartei
aufgestellt. Der so viel angefeindete Satz über das Zentrum, wonach dasselbe
eine politische Partei ist, die sich zur Aufgabe gestellt hat. die Interessen des
gesamten Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens im Einklange mit
den Grundsätzen der katholischen Weltanschauung zu vertreten, ist auch gar nicht
von der Konferenz formuliert worden, sondern erst nachträglich von Herrn
L>r. Bitter. Diese Formulierung hat Anlaß zu vielen Mißverständnissen geboten,
sie wollte aber nach der späteren Erklärung Dr. Bitters und anderer Teilnehmer
der Konferenz, zu denen ich auch gehöre, nichts anderes besagen, als daß die
Politik des Zentrums nicht im Gegensatz zur katholischen Weltanschauung
erfolgen dürfe. Und in diesem Sinne ist der Satz Gemeingut des gesamten
Zentrums. So schreibt noch Dr. Armin Kaufen, der Herausgeber der Allgemeinen
Rundschau, in Ur. 14 der genannten Zeitschrift vom 6. April 1912 (S. 206):


"An dem Tage, an welchem das Zentrum sich irgendwie im Gegensatz zur katholischen
Weltanschauung stellen würde, hätte es das Vertrauen des katholischen Volkes verloren. Das
ist eine so klare Binsenweisheit, daß man über die Unterstellung, als ob dies jemals geschehen
könnte, förmlich erschrecken muß."

Das ist genau der Standpunkt der Osterdienstagskonferenz. Nichts anderes
hat sie jemals gewollt. Im übrigen verweise ich auf die erwähnte Broschüre
"Köln und Koblenz", die das ganze die Osterdienstagskonferenz und ihre Folge¬
erscheinungen betreffende Material enthält.

Zur Rechtfertigung der Bestrebungen der Osterdienstagskonferenz und um
allen Gelegenheit zur Aussprache zu geben, fand am 9. August 1909 im Gorresbau
w Koblenz eine von mehreren Teilnehmern der Osterdienstagskonferenz und
ewer Anzahl sonstiger Herren einberufene Versammlung statt, in der nach einem
längeren Referate des Herrn Dr. Bitter eine Resolution zur Annahme gelangte,
w der dagegen Verwahrung eingelegt wurde, daß die Osterdienstagskonferenz
beabsichtigt habe, das Zentrum zu einer einseitig konfessionellen Parte: zu


Strömungen innerhalb der Zentrumspartei

überwiegenden Majorität völlig unbekannt sein dürsten, trotzdem auch, wie gesagt,
die Konferenz als solche auch nicht im allergeringsten an dem politischen, nicht
konfessionellen Charakter der Partei rütteln wollte. Jedenfalls sind dahingehende
Bestrebungen auf der Konferenz selbst nicht zutage getreten. Sie würden andern-
falls dort auch auf den allerentschiedensten Widerspruch gestoßen sein. Für das.
was einzelne Teilnehmer der Konferenz früher oder später getan haben, sind
diese allein verantwortlich, nicht aber die Osterdienstagskonferenz. Diese war
lediglich eine willkürliche, private Zusammenkunft zu privatem Meinungsaustausch
über die infolge der erwähnten Polemik zwischen der Kölnischen Volkszeitung
und der Augsburger Postzeitung usw. die Öffentlichkeit bewegenden Fragen.
Den einzelnen Teilnehmern war vorher auch nicht bekannt, wer sich an dieser
Aussprache beteiligen würde. Es lag der Konferenz auch durchaus fern, irgend
etwas am Charakter der Zentrumspartei ändern oder die Partei irgendwie
offiziell definieren zu wollen. Das sind alles Erfindungen der Kölnischen Volks-
Seitung. Die Konferenz hat überhaupt keine Definition der Zentrumspartei
aufgestellt. Der so viel angefeindete Satz über das Zentrum, wonach dasselbe
eine politische Partei ist, die sich zur Aufgabe gestellt hat. die Interessen des
gesamten Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens im Einklange mit
den Grundsätzen der katholischen Weltanschauung zu vertreten, ist auch gar nicht
von der Konferenz formuliert worden, sondern erst nachträglich von Herrn
L>r. Bitter. Diese Formulierung hat Anlaß zu vielen Mißverständnissen geboten,
sie wollte aber nach der späteren Erklärung Dr. Bitters und anderer Teilnehmer
der Konferenz, zu denen ich auch gehöre, nichts anderes besagen, als daß die
Politik des Zentrums nicht im Gegensatz zur katholischen Weltanschauung
erfolgen dürfe. Und in diesem Sinne ist der Satz Gemeingut des gesamten
Zentrums. So schreibt noch Dr. Armin Kaufen, der Herausgeber der Allgemeinen
Rundschau, in Ur. 14 der genannten Zeitschrift vom 6. April 1912 (S. 206):


«An dem Tage, an welchem das Zentrum sich irgendwie im Gegensatz zur katholischen
Weltanschauung stellen würde, hätte es das Vertrauen des katholischen Volkes verloren. Das
ist eine so klare Binsenweisheit, daß man über die Unterstellung, als ob dies jemals geschehen
könnte, förmlich erschrecken muß."

Das ist genau der Standpunkt der Osterdienstagskonferenz. Nichts anderes
hat sie jemals gewollt. Im übrigen verweise ich auf die erwähnte Broschüre
"Köln und Koblenz", die das ganze die Osterdienstagskonferenz und ihre Folge¬
erscheinungen betreffende Material enthält.

Zur Rechtfertigung der Bestrebungen der Osterdienstagskonferenz und um
allen Gelegenheit zur Aussprache zu geben, fand am 9. August 1909 im Gorresbau
w Koblenz eine von mehreren Teilnehmern der Osterdienstagskonferenz und
ewer Anzahl sonstiger Herren einberufene Versammlung statt, in der nach einem
längeren Referate des Herrn Dr. Bitter eine Resolution zur Annahme gelangte,
w der dagegen Verwahrung eingelegt wurde, daß die Osterdienstagskonferenz
beabsichtigt habe, das Zentrum zu einer einseitig konfessionellen Parte: zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/531>, abgerufen am 23.07.2024.