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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Heinrich Heine

Heine erhielt einst von diesem Werke den Band von mir geschenkt, worin
seiner, von derselben Hand, gedacht wurde. Er freute sich damals sehr darüber;
er wünschtJhnen hiermit eine gleiche Freude zu bereiten. Auch klagt er sich an, solange
nicht an Sie geschrieben zu haben! -- Bald will er das Versäumte nachholen.

Den größten Teil dieses Jahres lebte er hier und ging dann über Cux°
daven nach Nordernev: wo er der letzte Gast blieb*). Seit 3 Wochen wohnt
er in Lüneburg bei seinem Vater, gerne lebt er bei uns; es wird also nicht
lange mehr währen, so trifft er hier ein.

Der hoffentlich bald beginnende Druck des 2^°" Bandes der Reisebilder**)
verlangt auch gewissermaßen seine Gegenwart."

Die Wiener Jahrbücher enthielten im Jahrgang 1826 eine umfangreiche
Besprechung von Immermanns Jugendwerken aus der Feder des Herausgebers
Deinhardstein, mit welcher der Dichter zufrieden sein konnte. Ein Jahr früher
hatte dasselbe Journal ein Referat über Heines Tragödien und lyrisches Inter¬
mezzo gebracht. Heines Dankbarkeit für ein aufmunterndes Wort, das Immer-
mann 1822 im Rheinisch-Westphälischen Anzeiger über seine Poesien öffentlich
ausgesprochen hatte, gab sich immer von neuem kund, er wankte nicht in seinem
Bemühen, dem "hohen Mitstrebenden" zu nützen, besonders nachdem 1824 eine
persönliche Begegnung in Magdeburg seine Bewunderung vor Immermann noch
gesteigert hatte***).

Ein zweiter Brief Campes lautet:

"Hamburg d. 7 Decbr. 1826


Ew. Wohlgeboren

sehr geehrtes Schreiben vom 1t°" Decbr. habe ich empfangen und freue mich,
daß Sie die freundliche Gabe Heines gern angenommen haben. Noch ist er
nicht hier; doch sagte er mir in einem eben empfangner ^nicht erhaltenen^ Briefe,
daß er meciio Januar hierher kommen wollte und dann sogleich den Druck
des 2^" Bandes der Reisebilder beginnen könnte: der 6 Wochen vor Ostern
nach seiner Meinung fertig werden soll. -- Was von mir abhängt, soll geschehen,
um diese gute Absicht in Erfüllung zu bringen; doch fürchte ich, daß das gute
vorhaben durch Heines LorreLturen um ein Ansehnliches verlängert werden dürste.

Uebrigens befindet er sich wohl; klagt aber über Langeweile, die in Lüne¬
burg zu Hause ist. Heine ist zu gütig gegen mich gewesen. Er glaubt daß





') Vgl. Reisebilder II. Hamburg 1827. S. 91.
**) Der erste Band war in demselben Jahre erschienen.
Vgl. Deetjen, Immermanns Werke (Gold. Klass. Bibl.). Bd. l, S. XXVIII, Z. 39 ff.
V°, VI, S. 288; Deetjen, Immermanns Jugendtraum. Leipzig 1904. (Inhaltsverzeichnis);
^ster, Deutsche Rundschau. Bd. 107, S. 486 f. Wir können nicht genug bedauern, daß
Immermanns Briefe an Heine durch den großen Hamburger Brand fast sämtlich vernichtet
wurden. Erst durch sie hätten wir uns über das eigentümliche Verhältnis, in dem die
beiden so verschiedenartigen Dichter zueinander standen, volle Klarheit verschaffen können.
Karpeles (H. Heine. Aus seinem Leben und aus seiner Zeit. Leipzig. Adolf Titze, 1899.
160 ff.) hat es keineswegs erschöpfend behandelt.
Heinrich Heine

Heine erhielt einst von diesem Werke den Band von mir geschenkt, worin
seiner, von derselben Hand, gedacht wurde. Er freute sich damals sehr darüber;
er wünschtJhnen hiermit eine gleiche Freude zu bereiten. Auch klagt er sich an, solange
nicht an Sie geschrieben zu haben! — Bald will er das Versäumte nachholen.

Den größten Teil dieses Jahres lebte er hier und ging dann über Cux°
daven nach Nordernev: wo er der letzte Gast blieb*). Seit 3 Wochen wohnt
er in Lüneburg bei seinem Vater, gerne lebt er bei uns; es wird also nicht
lange mehr währen, so trifft er hier ein.

Der hoffentlich bald beginnende Druck des 2^°" Bandes der Reisebilder**)
verlangt auch gewissermaßen seine Gegenwart."

Die Wiener Jahrbücher enthielten im Jahrgang 1826 eine umfangreiche
Besprechung von Immermanns Jugendwerken aus der Feder des Herausgebers
Deinhardstein, mit welcher der Dichter zufrieden sein konnte. Ein Jahr früher
hatte dasselbe Journal ein Referat über Heines Tragödien und lyrisches Inter¬
mezzo gebracht. Heines Dankbarkeit für ein aufmunterndes Wort, das Immer-
mann 1822 im Rheinisch-Westphälischen Anzeiger über seine Poesien öffentlich
ausgesprochen hatte, gab sich immer von neuem kund, er wankte nicht in seinem
Bemühen, dem „hohen Mitstrebenden" zu nützen, besonders nachdem 1824 eine
persönliche Begegnung in Magdeburg seine Bewunderung vor Immermann noch
gesteigert hatte***).

Ein zweiter Brief Campes lautet:

„Hamburg d. 7 Decbr. 1826


Ew. Wohlgeboren

sehr geehrtes Schreiben vom 1t°" Decbr. habe ich empfangen und freue mich,
daß Sie die freundliche Gabe Heines gern angenommen haben. Noch ist er
nicht hier; doch sagte er mir in einem eben empfangner ^nicht erhaltenen^ Briefe,
daß er meciio Januar hierher kommen wollte und dann sogleich den Druck
des 2^« Bandes der Reisebilder beginnen könnte: der 6 Wochen vor Ostern
nach seiner Meinung fertig werden soll. — Was von mir abhängt, soll geschehen,
um diese gute Absicht in Erfüllung zu bringen; doch fürchte ich, daß das gute
vorhaben durch Heines LorreLturen um ein Ansehnliches verlängert werden dürste.

Uebrigens befindet er sich wohl; klagt aber über Langeweile, die in Lüne¬
burg zu Hause ist. Heine ist zu gütig gegen mich gewesen. Er glaubt daß





') Vgl. Reisebilder II. Hamburg 1827. S. 91.
**) Der erste Band war in demselben Jahre erschienen.
Vgl. Deetjen, Immermanns Werke (Gold. Klass. Bibl.). Bd. l, S. XXVIII, Z. 39 ff.
V°, VI, S. 288; Deetjen, Immermanns Jugendtraum. Leipzig 1904. (Inhaltsverzeichnis);
^ster, Deutsche Rundschau. Bd. 107, S. 486 f. Wir können nicht genug bedauern, daß
Immermanns Briefe an Heine durch den großen Hamburger Brand fast sämtlich vernichtet
wurden. Erst durch sie hätten wir uns über das eigentümliche Verhältnis, in dem die
beiden so verschiedenartigen Dichter zueinander standen, volle Klarheit verschaffen können.
Karpeles (H. Heine. Aus seinem Leben und aus seiner Zeit. Leipzig. Adolf Titze, 1899.
160 ff.) hat es keineswegs erschöpfend behandelt.
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[0435] Heinrich Heine Heine erhielt einst von diesem Werke den Band von mir geschenkt, worin seiner, von derselben Hand, gedacht wurde. Er freute sich damals sehr darüber; er wünschtJhnen hiermit eine gleiche Freude zu bereiten. Auch klagt er sich an, solange nicht an Sie geschrieben zu haben! — Bald will er das Versäumte nachholen. Den größten Teil dieses Jahres lebte er hier und ging dann über Cux° daven nach Nordernev: wo er der letzte Gast blieb*). Seit 3 Wochen wohnt er in Lüneburg bei seinem Vater, gerne lebt er bei uns; es wird also nicht lange mehr währen, so trifft er hier ein. Der hoffentlich bald beginnende Druck des 2^°" Bandes der Reisebilder**) verlangt auch gewissermaßen seine Gegenwart." Die Wiener Jahrbücher enthielten im Jahrgang 1826 eine umfangreiche Besprechung von Immermanns Jugendwerken aus der Feder des Herausgebers Deinhardstein, mit welcher der Dichter zufrieden sein konnte. Ein Jahr früher hatte dasselbe Journal ein Referat über Heines Tragödien und lyrisches Inter¬ mezzo gebracht. Heines Dankbarkeit für ein aufmunterndes Wort, das Immer- mann 1822 im Rheinisch-Westphälischen Anzeiger über seine Poesien öffentlich ausgesprochen hatte, gab sich immer von neuem kund, er wankte nicht in seinem Bemühen, dem „hohen Mitstrebenden" zu nützen, besonders nachdem 1824 eine persönliche Begegnung in Magdeburg seine Bewunderung vor Immermann noch gesteigert hatte***). Ein zweiter Brief Campes lautet: „Hamburg d. 7 Decbr. 1826 Ew. Wohlgeboren sehr geehrtes Schreiben vom 1t°" Decbr. habe ich empfangen und freue mich, daß Sie die freundliche Gabe Heines gern angenommen haben. Noch ist er nicht hier; doch sagte er mir in einem eben empfangner ^nicht erhaltenen^ Briefe, daß er meciio Januar hierher kommen wollte und dann sogleich den Druck des 2^« Bandes der Reisebilder beginnen könnte: der 6 Wochen vor Ostern nach seiner Meinung fertig werden soll. — Was von mir abhängt, soll geschehen, um diese gute Absicht in Erfüllung zu bringen; doch fürchte ich, daß das gute vorhaben durch Heines LorreLturen um ein Ansehnliches verlängert werden dürste. Uebrigens befindet er sich wohl; klagt aber über Langeweile, die in Lüne¬ burg zu Hause ist. Heine ist zu gütig gegen mich gewesen. Er glaubt daß ') Vgl. Reisebilder II. Hamburg 1827. S. 91. **) Der erste Band war in demselben Jahre erschienen. Vgl. Deetjen, Immermanns Werke (Gold. Klass. Bibl.). Bd. l, S. XXVIII, Z. 39 ff. V°, VI, S. 288; Deetjen, Immermanns Jugendtraum. Leipzig 1904. (Inhaltsverzeichnis); ^ster, Deutsche Rundschau. Bd. 107, S. 486 f. Wir können nicht genug bedauern, daß Immermanns Briefe an Heine durch den großen Hamburger Brand fast sämtlich vernichtet wurden. Erst durch sie hätten wir uns über das eigentümliche Verhältnis, in dem die beiden so verschiedenartigen Dichter zueinander standen, volle Klarheit verschaffen können. Karpeles (H. Heine. Aus seinem Leben und aus seiner Zeit. Leipzig. Adolf Titze, 1899. 160 ff.) hat es keineswegs erschöpfend behandelt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/435>, abgerufen am 22.07.2024.