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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Aus Hebbels Studienzeit

Zu Deinem bevorstehenden Examen nimm meinen besten Glückwunsch. Du
wirst selbst einsehen, daß der Ausfall desselben in Deinem Leben und für Dein
Leben Epoche machen muß; Du wirst mithin gethan haben, was in Deinen
Kräften stand, und dann kannst Du Dein Schicksal ruhig abwarten. Darüber,
ob Du wirklich, wie Du schreibst, nach Dithmarschen zu Polemann gehen wirst,
darf ich noch nähere Auskunft erwarten. In Dithmarschen muß es ja wunderlich
aussehen, da die Süddeutschen Blätter voll von den dortigen Vorfallenheiten
sind; ich lese von Aufständen, Insultationen der Beamten, Räuberbanden u. d. gi.
Du würdest mich sehr verbinden, wenn Du mir über den dortigen Zustand der
Dinge Näheres melden mögtest. Wahrscheinlich weißt Du jetzt, wie Schacht
mit seinem Examen gefahren ist, bitte, schreib' mir das.

Herzlichst grüßend, bitt' ich Dich, mir recht bald und recht ausführlich, damit
Dein Brief mich hier noch treffe, zu antworten; ich habe wirklich bei der Unbestimmt¬
heit meiner Pläne für den Winter nicht eher schreiben können. Den Punct mit meiner
Mutter empfehl' ich vor Allem am Schluß Deiner sorgfältigen Berücksichtigung.


In ewiger LiebeDein Hebbel.

Schreib' auch, ob wir uns in Hamburg sehen können. Ich bin Anfang
October da.

Ich werde Dir von hier aus noch einmal, und gleich nach Eingang Deines
Briefs, schreiben und dann auf einem Bogen mit Heidelberg. Dann hast Du
Schloß und Stadt!




In Hebbels Abrechnung mit Franz in diesem Briefe findet sich ein Posten -
für die "Sendschreiben" 5 C. M. Was es mit diesem "Sendschreiben" für eine
Bewandtnis hat, war bisher durchaus unbekannt. An Elise Lensing schreibt
Hebbel, gleichfalls aus Heidelberg: "Die Nachricht wegen meines Sendschreibens
hat mich allerdings gefreut und ich danke Dir herzlichst dafür. Es kann mir
nur angenehm seyn, wenn ich in meinem Vaterland noch immer in guten:
Andenken stehe. Lieb wäre mir's, wenn ich den Artikel aus dem Correspondenz-
blatt selbst zu sehen bekommen könnte; sollte es Dir nicht möglich seyn, das
Blatt auszutreiben und die wenigen Zeilen heraus zu schreiben? Vielleicht
erkennte ich den Verfasser." -- Von dieser Briefstelle aus gelang mir die Auf¬
klärung des "Sendschreibens", nachdem mir gelungen war, festzustellen, daß das
Correspondenz-Blatt eine damals in Kiel erscheinende Tageszeitung war. Hebbels
oben herangezogener Brief an Elisen trägt das Datum des 3. September 1836.
Am 20. August 1836 bringt in Ur. 78 auf Seite 304 das Kieler Korrespondenz-
Blatt folgende Notiz:

"Sendschreiben an die Norderdithmarscher von einem Norder-
dithmarscher, in Betreff der Zoll-Angelegenheit. London, gedruckt und
verlegt bei Baillie u. Comp.


Aus Hebbels Studienzeit

Zu Deinem bevorstehenden Examen nimm meinen besten Glückwunsch. Du
wirst selbst einsehen, daß der Ausfall desselben in Deinem Leben und für Dein
Leben Epoche machen muß; Du wirst mithin gethan haben, was in Deinen
Kräften stand, und dann kannst Du Dein Schicksal ruhig abwarten. Darüber,
ob Du wirklich, wie Du schreibst, nach Dithmarschen zu Polemann gehen wirst,
darf ich noch nähere Auskunft erwarten. In Dithmarschen muß es ja wunderlich
aussehen, da die Süddeutschen Blätter voll von den dortigen Vorfallenheiten
sind; ich lese von Aufständen, Insultationen der Beamten, Räuberbanden u. d. gi.
Du würdest mich sehr verbinden, wenn Du mir über den dortigen Zustand der
Dinge Näheres melden mögtest. Wahrscheinlich weißt Du jetzt, wie Schacht
mit seinem Examen gefahren ist, bitte, schreib' mir das.

Herzlichst grüßend, bitt' ich Dich, mir recht bald und recht ausführlich, damit
Dein Brief mich hier noch treffe, zu antworten; ich habe wirklich bei der Unbestimmt¬
heit meiner Pläne für den Winter nicht eher schreiben können. Den Punct mit meiner
Mutter empfehl' ich vor Allem am Schluß Deiner sorgfältigen Berücksichtigung.


In ewiger LiebeDein Hebbel.

Schreib' auch, ob wir uns in Hamburg sehen können. Ich bin Anfang
October da.

Ich werde Dir von hier aus noch einmal, und gleich nach Eingang Deines
Briefs, schreiben und dann auf einem Bogen mit Heidelberg. Dann hast Du
Schloß und Stadt!




In Hebbels Abrechnung mit Franz in diesem Briefe findet sich ein Posten -
für die „Sendschreiben" 5 C. M. Was es mit diesem „Sendschreiben" für eine
Bewandtnis hat, war bisher durchaus unbekannt. An Elise Lensing schreibt
Hebbel, gleichfalls aus Heidelberg: „Die Nachricht wegen meines Sendschreibens
hat mich allerdings gefreut und ich danke Dir herzlichst dafür. Es kann mir
nur angenehm seyn, wenn ich in meinem Vaterland noch immer in guten:
Andenken stehe. Lieb wäre mir's, wenn ich den Artikel aus dem Correspondenz-
blatt selbst zu sehen bekommen könnte; sollte es Dir nicht möglich seyn, das
Blatt auszutreiben und die wenigen Zeilen heraus zu schreiben? Vielleicht
erkennte ich den Verfasser." — Von dieser Briefstelle aus gelang mir die Auf¬
klärung des „Sendschreibens", nachdem mir gelungen war, festzustellen, daß das
Correspondenz-Blatt eine damals in Kiel erscheinende Tageszeitung war. Hebbels
oben herangezogener Brief an Elisen trägt das Datum des 3. September 1836.
Am 20. August 1836 bringt in Ur. 78 auf Seite 304 das Kieler Korrespondenz-
Blatt folgende Notiz:

„Sendschreiben an die Norderdithmarscher von einem Norder-
dithmarscher, in Betreff der Zoll-Angelegenheit. London, gedruckt und
verlegt bei Baillie u. Comp.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/638>, abgerufen am 27.09.2024.