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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

Ergebnis bezeichnen, da die Gesellschaft im Jahre 1910 immerhin 135038 Karat
Diamanten gefördert hatte. Unter der Herrschaft des jetzigen Ausfuhrzolles können
die zahlreichen kleinen Lüderitzbuchter Diamantgesellschaften, die nur über
zersprengte und tiefer im Inneren gelegenen Felder verfügen, nicht prosperieren.
Tausende von Feldern im Norden von Lüderitzbucht, deren Prospeltierung große
Summen von Kapital und menschlicher Arbeitskraft erforderte, sind verlassen,
weil sie keinen Gewinn beim Abbau lassen, und nur diejenigen Unternehmungen,
die sich in der ersten Zeit der Diamcintfunde die bestgelegenen Felder aussuchen
konnten und über ein zusammenhängendes Areal nahe der Küste verfügen, waren
imstande, den Bruttozoll aufzubringen und dabei noch Gewinn zu erzielen. Ganz
beträchtlich ist die Produktion an Diamanten hinter dem Vorjahre zurückgeblieben;
denn nach den amtlichen Ermittlungen sind seit dem 1. April bis Ende November
1911 nur 516 801 Karat gefördert worden gegen 554252 Karat in der gleichen
Zeit des Vorjahres, und zwar gestaltete sich die Diamantförderung in Deutsch-
Südwestafrika in den letzten Monaten im Vergleich mit dem Vorjahre wie folgt:*)

K c> r n t
1911 1910
April--September...... 398924 424186
Oktober.........SO 803 61764
November....., , , , S7 074_68 302
zusammen , , . 516 801 S64 262

Diese ungünstigen Verhältnisse haben denn auch das Reichskolonialamt
veranlaßt, sich mit der Frage einer Änderung des Diamanten-Ausfuhr¬
zolles zu beschäftigen. Auf der im September v. Is. abgehaltenen General¬
versammlung der "Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika" gab der
Reichs komm issar, Wirklicher Geheimer Legationsrat Dr. v. Jacobs, im Namen des
Reichskolonialamts folgende bemerkenswerte Erklärung ab:

"Die Politik des Reichskolonialamts ist darauf gerichtet, den Ausfuhrzoll
auf Diamanten so zu gestalten, daß auch die ärmeren und kleineren Gesell¬
schaften zu ihrem Rechte kommen. Im Neichskolonialamt schweben gegenwärtig
Erwägungen, ob und in welcher Weise die jetzige Bruttoabgabe in einen Netto¬
zoll umgewandelt werden kann und ob eine bessere Verteilung der Steuerlast
möglich sei. Staatssekretär v. Lindequist ist sich im Prinzip darüber klar, daß
diese wichtige Frage nicht allzulange hinausgeschoben werden darf. Die An¬
gelegenheit hat den südwestafrikanischen Landesrat bereits beschäftigt, und das



*) Welchen Einfluß die Diamantaügaben, die sich zum überwiegenden Teil aus dem
Zoll zusammensetzen und nur zum kleinen Teil aus Bergwerksabgaben, Schürfgevühren usw.,
auf den Etat von Deutsch-Südwestafrika haben, geht daraus hervor, daß im Etat für 1912
mit einer Einnahme von 10,3 Millionen Mark aus dem Diamantenbergbau gerechnet wird
gegenüber 18,6 Millionen Mark Gesamteinnahmen des Schutzgebietes. Diese im Etat vor¬
gesehenen Summen würden jedoch nicht annähernd erreicht werden, wenn seitens der größeren
Gesellschaften weitere Bctriebseinschrankungen oder gar Förderungseinstellungen vorgenommen
werden sollten.
Reichsspiegel

Ergebnis bezeichnen, da die Gesellschaft im Jahre 1910 immerhin 135038 Karat
Diamanten gefördert hatte. Unter der Herrschaft des jetzigen Ausfuhrzolles können
die zahlreichen kleinen Lüderitzbuchter Diamantgesellschaften, die nur über
zersprengte und tiefer im Inneren gelegenen Felder verfügen, nicht prosperieren.
Tausende von Feldern im Norden von Lüderitzbucht, deren Prospeltierung große
Summen von Kapital und menschlicher Arbeitskraft erforderte, sind verlassen,
weil sie keinen Gewinn beim Abbau lassen, und nur diejenigen Unternehmungen,
die sich in der ersten Zeit der Diamcintfunde die bestgelegenen Felder aussuchen
konnten und über ein zusammenhängendes Areal nahe der Küste verfügen, waren
imstande, den Bruttozoll aufzubringen und dabei noch Gewinn zu erzielen. Ganz
beträchtlich ist die Produktion an Diamanten hinter dem Vorjahre zurückgeblieben;
denn nach den amtlichen Ermittlungen sind seit dem 1. April bis Ende November
1911 nur 516 801 Karat gefördert worden gegen 554252 Karat in der gleichen
Zeit des Vorjahres, und zwar gestaltete sich die Diamantförderung in Deutsch-
Südwestafrika in den letzten Monaten im Vergleich mit dem Vorjahre wie folgt:*)

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1911 1910
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Diese ungünstigen Verhältnisse haben denn auch das Reichskolonialamt
veranlaßt, sich mit der Frage einer Änderung des Diamanten-Ausfuhr¬
zolles zu beschäftigen. Auf der im September v. Is. abgehaltenen General¬
versammlung der „Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika" gab der
Reichs komm issar, Wirklicher Geheimer Legationsrat Dr. v. Jacobs, im Namen des
Reichskolonialamts folgende bemerkenswerte Erklärung ab:

„Die Politik des Reichskolonialamts ist darauf gerichtet, den Ausfuhrzoll
auf Diamanten so zu gestalten, daß auch die ärmeren und kleineren Gesell¬
schaften zu ihrem Rechte kommen. Im Neichskolonialamt schweben gegenwärtig
Erwägungen, ob und in welcher Weise die jetzige Bruttoabgabe in einen Netto¬
zoll umgewandelt werden kann und ob eine bessere Verteilung der Steuerlast
möglich sei. Staatssekretär v. Lindequist ist sich im Prinzip darüber klar, daß
diese wichtige Frage nicht allzulange hinausgeschoben werden darf. Die An¬
gelegenheit hat den südwestafrikanischen Landesrat bereits beschäftigt, und das



*) Welchen Einfluß die Diamantaügaben, die sich zum überwiegenden Teil aus dem
Zoll zusammensetzen und nur zum kleinen Teil aus Bergwerksabgaben, Schürfgevühren usw.,
auf den Etat von Deutsch-Südwestafrika haben, geht daraus hervor, daß im Etat für 1912
mit einer Einnahme von 10,3 Millionen Mark aus dem Diamantenbergbau gerechnet wird
gegenüber 18,6 Millionen Mark Gesamteinnahmen des Schutzgebietes. Diese im Etat vor¬
gesehenen Summen würden jedoch nicht annähernd erreicht werden, wenn seitens der größeren
Gesellschaften weitere Bctriebseinschrankungen oder gar Förderungseinstellungen vorgenommen
werden sollten.
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[0596] Reichsspiegel Ergebnis bezeichnen, da die Gesellschaft im Jahre 1910 immerhin 135038 Karat Diamanten gefördert hatte. Unter der Herrschaft des jetzigen Ausfuhrzolles können die zahlreichen kleinen Lüderitzbuchter Diamantgesellschaften, die nur über zersprengte und tiefer im Inneren gelegenen Felder verfügen, nicht prosperieren. Tausende von Feldern im Norden von Lüderitzbucht, deren Prospeltierung große Summen von Kapital und menschlicher Arbeitskraft erforderte, sind verlassen, weil sie keinen Gewinn beim Abbau lassen, und nur diejenigen Unternehmungen, die sich in der ersten Zeit der Diamcintfunde die bestgelegenen Felder aussuchen konnten und über ein zusammenhängendes Areal nahe der Küste verfügen, waren imstande, den Bruttozoll aufzubringen und dabei noch Gewinn zu erzielen. Ganz beträchtlich ist die Produktion an Diamanten hinter dem Vorjahre zurückgeblieben; denn nach den amtlichen Ermittlungen sind seit dem 1. April bis Ende November 1911 nur 516 801 Karat gefördert worden gegen 554252 Karat in der gleichen Zeit des Vorjahres, und zwar gestaltete sich die Diamantförderung in Deutsch- Südwestafrika in den letzten Monaten im Vergleich mit dem Vorjahre wie folgt:*) K c> r n t 1911 1910 April—September...... 398924 424186 Oktober.........SO 803 61764 November....., , , , S7 074_68 302 zusammen , , . 516 801 S64 262 Diese ungünstigen Verhältnisse haben denn auch das Reichskolonialamt veranlaßt, sich mit der Frage einer Änderung des Diamanten-Ausfuhr¬ zolles zu beschäftigen. Auf der im September v. Is. abgehaltenen General¬ versammlung der „Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika" gab der Reichs komm issar, Wirklicher Geheimer Legationsrat Dr. v. Jacobs, im Namen des Reichskolonialamts folgende bemerkenswerte Erklärung ab: „Die Politik des Reichskolonialamts ist darauf gerichtet, den Ausfuhrzoll auf Diamanten so zu gestalten, daß auch die ärmeren und kleineren Gesell¬ schaften zu ihrem Rechte kommen. Im Neichskolonialamt schweben gegenwärtig Erwägungen, ob und in welcher Weise die jetzige Bruttoabgabe in einen Netto¬ zoll umgewandelt werden kann und ob eine bessere Verteilung der Steuerlast möglich sei. Staatssekretär v. Lindequist ist sich im Prinzip darüber klar, daß diese wichtige Frage nicht allzulange hinausgeschoben werden darf. Die An¬ gelegenheit hat den südwestafrikanischen Landesrat bereits beschäftigt, und das *) Welchen Einfluß die Diamantaügaben, die sich zum überwiegenden Teil aus dem Zoll zusammensetzen und nur zum kleinen Teil aus Bergwerksabgaben, Schürfgevühren usw., auf den Etat von Deutsch-Südwestafrika haben, geht daraus hervor, daß im Etat für 1912 mit einer Einnahme von 10,3 Millionen Mark aus dem Diamantenbergbau gerechnet wird gegenüber 18,6 Millionen Mark Gesamteinnahmen des Schutzgebietes. Diese im Etat vor¬ gesehenen Summen würden jedoch nicht annähernd erreicht werden, wenn seitens der größeren Gesellschaften weitere Bctriebseinschrankungen oder gar Förderungseinstellungen vorgenommen werden sollten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/596>, abgerufen am 27.09.2024.