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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

beispielsweise der Jahresabschluß des Schaaffhausenschen Bankvereins, in welchem
ein Millionenverlust an einer Forderung gegen die Sieg - Rheinische Hütte zur
Abschreibung gebracht wird, nachdem, wie erinnerlich, der Löwenanteil dieses
Engagements durch eine geschickte Fusionstaktik abgewälzt worden war. Der
Bankverein hat also stark gefährdete Forderungen in Millionenbeträgen als voll¬
wertig in seinen Bilanzen erscheinen lassen, nicht anders, wie auch die Terrain- und
Baugesellschaft bei ihrem letzten Abschluß von der Notwendigkeit einer Abschreibung
von 15 Millionen nichts hat verlauten lassen. Kann man unter solchen Umständen
dem Reichsbankpräsidenten verübeln, wenn er sich bestrebt, die Bilanzausstellung
und die Kreditgewohnheiten der Banken zu reformieren?

Aber freilich: pöLL^tur intro muros et extra. Auch die Reichsbank ist nicht
ohne Schuld und Fehl. Bei dem Zusammenbruch der insolventen Bankfirma
Soraner <5 Förster in Beuthen ist das Institut Hauptbeteiligter mit einer Summe,
die nicht weit von einer Million entfernt ist. Und für nahezu die Hälfte hat die
Reichsbank, nach Zeitungsberichten hypothekarische Deckung von zweifelhafter
Sicherheit, in Händen. Die Neichsbank hat also Wechsel diskontiert gegen
hypothekarische Sicherstellung. Wie kommt das Institut dazu? Die Neichsbank
soll gute Wechsel mit sicheren Unterschriften diskontieren, um eine liquide Deckung
für ihre Noten zu haben. Sie soll aber keine Wechsel diskontieren, die in sich
selbst schon so wenig Sicherheit tragen, daß eine Verstärkung derselben durch
anderweite Unterlage -- und nun gar eine zweitstellige hypothekarische! -- erforderlich
ist. Solche Wechsel als Notendeckung aufmarschieren zu lassen, geht doch wahrlich
nicht an und muß die schärfste Kritik herausfordern. Der ReichsbankprKsident hat




Reichsspiegel

beispielsweise der Jahresabschluß des Schaaffhausenschen Bankvereins, in welchem
ein Millionenverlust an einer Forderung gegen die Sieg - Rheinische Hütte zur
Abschreibung gebracht wird, nachdem, wie erinnerlich, der Löwenanteil dieses
Engagements durch eine geschickte Fusionstaktik abgewälzt worden war. Der
Bankverein hat also stark gefährdete Forderungen in Millionenbeträgen als voll¬
wertig in seinen Bilanzen erscheinen lassen, nicht anders, wie auch die Terrain- und
Baugesellschaft bei ihrem letzten Abschluß von der Notwendigkeit einer Abschreibung
von 15 Millionen nichts hat verlauten lassen. Kann man unter solchen Umständen
dem Reichsbankpräsidenten verübeln, wenn er sich bestrebt, die Bilanzausstellung
und die Kreditgewohnheiten der Banken zu reformieren?

Aber freilich: pöLL^tur intro muros et extra. Auch die Reichsbank ist nicht
ohne Schuld und Fehl. Bei dem Zusammenbruch der insolventen Bankfirma
Soraner <5 Förster in Beuthen ist das Institut Hauptbeteiligter mit einer Summe,
die nicht weit von einer Million entfernt ist. Und für nahezu die Hälfte hat die
Reichsbank, nach Zeitungsberichten hypothekarische Deckung von zweifelhafter
Sicherheit, in Händen. Die Neichsbank hat also Wechsel diskontiert gegen
hypothekarische Sicherstellung. Wie kommt das Institut dazu? Die Neichsbank
soll gute Wechsel mit sicheren Unterschriften diskontieren, um eine liquide Deckung
für ihre Noten zu haben. Sie soll aber keine Wechsel diskontieren, die in sich
selbst schon so wenig Sicherheit tragen, daß eine Verstärkung derselben durch
anderweite Unterlage — und nun gar eine zweitstellige hypothekarische! — erforderlich
ist. Solche Wechsel als Notendeckung aufmarschieren zu lassen, geht doch wahrlich
nicht an und muß die schärfste Kritik herausfordern. Der ReichsbankprKsident hat




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[0506] Reichsspiegel beispielsweise der Jahresabschluß des Schaaffhausenschen Bankvereins, in welchem ein Millionenverlust an einer Forderung gegen die Sieg - Rheinische Hütte zur Abschreibung gebracht wird, nachdem, wie erinnerlich, der Löwenanteil dieses Engagements durch eine geschickte Fusionstaktik abgewälzt worden war. Der Bankverein hat also stark gefährdete Forderungen in Millionenbeträgen als voll¬ wertig in seinen Bilanzen erscheinen lassen, nicht anders, wie auch die Terrain- und Baugesellschaft bei ihrem letzten Abschluß von der Notwendigkeit einer Abschreibung von 15 Millionen nichts hat verlauten lassen. Kann man unter solchen Umständen dem Reichsbankpräsidenten verübeln, wenn er sich bestrebt, die Bilanzausstellung und die Kreditgewohnheiten der Banken zu reformieren? Aber freilich: pöLL^tur intro muros et extra. Auch die Reichsbank ist nicht ohne Schuld und Fehl. Bei dem Zusammenbruch der insolventen Bankfirma Soraner <5 Förster in Beuthen ist das Institut Hauptbeteiligter mit einer Summe, die nicht weit von einer Million entfernt ist. Und für nahezu die Hälfte hat die Reichsbank, nach Zeitungsberichten hypothekarische Deckung von zweifelhafter Sicherheit, in Händen. Die Neichsbank hat also Wechsel diskontiert gegen hypothekarische Sicherstellung. Wie kommt das Institut dazu? Die Neichsbank soll gute Wechsel mit sicheren Unterschriften diskontieren, um eine liquide Deckung für ihre Noten zu haben. Sie soll aber keine Wechsel diskontieren, die in sich selbst schon so wenig Sicherheit tragen, daß eine Verstärkung derselben durch anderweite Unterlage — und nun gar eine zweitstellige hypothekarische! — erforderlich ist. Solche Wechsel als Notendeckung aufmarschieren zu lassen, geht doch wahrlich nicht an und muß die schärfste Kritik herausfordern. Der ReichsbankprKsident hat

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/506>, abgerufen am 27.09.2024.