Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.Reichsspiegcl übertriebene Gerüchte vergrößert und verzerrt worden. Daß die Tagesspekulation Reichsspiegcl übertriebene Gerüchte vergrößert und verzerrt worden. Daß die Tagesspekulation <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0505" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320922"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegcl</fw><lb/> <p xml:id="ID_2202" prev="#ID_2201" next="#ID_2203"> übertriebene Gerüchte vergrößert und verzerrt worden. Daß die Tagesspekulation<lb/> aus dem Häuschen gerät, wenn man ihr durch Beschneiden des Spekulations¬<lb/> kredites auf die Finger klopft, ist nicht verwunderlich. Die Börse erhebt stets ein<lb/> Geschrei, wenn durch irgendwelche Maßnahmen in den augenblicklichen Gang der<lb/> Dinge eingegriffen wird; sie pflegt sich aber ebenso schnell mit den Tatsachen ab¬<lb/> zufinden. Unverständlicher war es schon, daß auch die Großbanken sich zunächst<lb/> gebärdeten, als ginge das Vorhaben des Neichsbankpräsidenten darauf hinaus,<lb/> die gesamte Bankorganisation zu zerstören und lahmzulegen. Da kam es gerade<lb/> sehr gelegen, daß die Vorgänge im Fürstentrust und die Jahresabschlüsse der<lb/> Großbanken der Öffentlichkeit vor Augen führten, wie berechtigt die Anschauung<lb/> des Reichsbankpräsidenten von der übermäßigen und zum Teil leichtherzigen<lb/> Kreditgewährung durch die Großbanken ist. 12 Millionen opfert die Deutsche Bank<lb/> und ihr Töchterinstitut, die Bergisch-Märkische, freiwillig, um die Schäden aus¬<lb/> zugleichen, welche die Abschiebung gefährdeter Engagements auf die Berliner Terrain-<lb/> und Baugesellschaft, diesen unglücklichen Sprößling „dilettantischer" Finanzkunst,<lb/> herbeigeführt hat. Die Verwaltung der Terrain- und Baugesellschaft aber erklärt,<lb/> daß diese Opfer nicht ausreichen und daß wenigstens 15 Millionen abzuschreiben<lb/> seien, für die die Bergisch-Märkische Bank ihr mindestens moralisch verantwortlich<lb/> sei. Und anscheinend will man auf feiten der Deutschen Bank sich zu weiteren<lb/> Opfern bereit finden lassen. Wenn das am grünen Holz geschieht, was soll am<lb/> dürren werden? Für die bankmäßige Beurteilung darf es keinen Unterschied machen,<lb/> "b der Handel schließlich ohne Schaden für die Aktionäre ausgeht. Wenn bei dem<lb/> solidesten deutschen Bankinstitut solche Vorkommnisse möglich sind, ist die Frage nicht<lb/> unberechtigt, was andere dann für erlaubt halten mögen. Die Antwort gibt</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0505]
Reichsspiegcl
übertriebene Gerüchte vergrößert und verzerrt worden. Daß die Tagesspekulation
aus dem Häuschen gerät, wenn man ihr durch Beschneiden des Spekulations¬
kredites auf die Finger klopft, ist nicht verwunderlich. Die Börse erhebt stets ein
Geschrei, wenn durch irgendwelche Maßnahmen in den augenblicklichen Gang der
Dinge eingegriffen wird; sie pflegt sich aber ebenso schnell mit den Tatsachen ab¬
zufinden. Unverständlicher war es schon, daß auch die Großbanken sich zunächst
gebärdeten, als ginge das Vorhaben des Neichsbankpräsidenten darauf hinaus,
die gesamte Bankorganisation zu zerstören und lahmzulegen. Da kam es gerade
sehr gelegen, daß die Vorgänge im Fürstentrust und die Jahresabschlüsse der
Großbanken der Öffentlichkeit vor Augen führten, wie berechtigt die Anschauung
des Reichsbankpräsidenten von der übermäßigen und zum Teil leichtherzigen
Kreditgewährung durch die Großbanken ist. 12 Millionen opfert die Deutsche Bank
und ihr Töchterinstitut, die Bergisch-Märkische, freiwillig, um die Schäden aus¬
zugleichen, welche die Abschiebung gefährdeter Engagements auf die Berliner Terrain-
und Baugesellschaft, diesen unglücklichen Sprößling „dilettantischer" Finanzkunst,
herbeigeführt hat. Die Verwaltung der Terrain- und Baugesellschaft aber erklärt,
daß diese Opfer nicht ausreichen und daß wenigstens 15 Millionen abzuschreiben
seien, für die die Bergisch-Märkische Bank ihr mindestens moralisch verantwortlich
sei. Und anscheinend will man auf feiten der Deutschen Bank sich zu weiteren
Opfern bereit finden lassen. Wenn das am grünen Holz geschieht, was soll am
dürren werden? Für die bankmäßige Beurteilung darf es keinen Unterschied machen,
"b der Handel schließlich ohne Schaden für die Aktionäre ausgeht. Wenn bei dem
solidesten deutschen Bankinstitut solche Vorkommnisse möglich sind, ist die Frage nicht
unberechtigt, was andere dann für erlaubt halten mögen. Die Antwort gibt
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