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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Flugwesen

Der Umstand, daß das Vorgehen der Heeresverwaltung in dieser Hinsicht
die Zustimmung der Presse aller Schattierungen gefunden hat, darf wohl als
ein Beweis dafür betrachtet werden, daß die Ausschreibungen der Geldpreise der
Heeresverwaltung gelegentlich der vorjährigen Veranstaltungen in Johannisthal
und bei den Überlandslügen sowohl dem Bedürfnis als auch der industriellen
und personellen Leistungsfähigkeit angepaßt worden sind.

Im Heere besteht in Döberitz eine Lehr- und Versuchsanstalt für Militär¬
flugwesen, die vorläufig den Zentralpunkt des militärischen Flugzeugwesens ein¬
nimmt Dort werden Offiziere aller Waffengattungen zu Flugzeugführern aus¬
gebildet, zu Beginn dieses Jahres hat man auch den obengenannten Fabriken
Offiziere zur Flugausbildung zugewiesen.

Die Beteiligung der Militärflugmaschinen an dem vorjährigen Kaiser¬
manöver hat zur Genüge die hohe Bedeutung des Flugzeuges für militärische
Zwecke und die vorzüglichen Leistungen der einzelnen Flieger dargetan. Ganz
besonders ist es zu begrüßen, daß die Heeresverwaltung den Bau von Flug¬
maschinen der Industrie überläßt. Sie bleibt dadurch vor Einseitigkeit gesichert,
und die Technik wird unbedingt dadurch gefördert.

Für dieses Jahr wird die Heeresverwaltung einen großen militärischen
Wettbewerb für Flugmaschinen ausschreiben, der voraussichtlich mit hohen Preisen
und mit der Aussicht auf umfangreiche Flugzeugbestellungen verbunden sein wird.
Ferner sind in Deutschland etwa zwölf größere Wettfliegen geplant, von denen be¬
sonders der Flug Berlin -- Wien und der Rundflug um Berlin zu erwähnen sind.

Ebenso wie bei der französischen Marine geht auch bei der deutschen
Marine das Flugzeugwescn langsam vorwärts, zurzeit sind im ganzen sechs
Offiziere im Fliegen ausgebildet. Man beabsichtigt, in der Kaiserlichen Werft
zu Danzig Flugzeuge zu bauen und zum Teil die heimische Industrie zur
Lieferung von Wasserflugzeugen heranzuziehen. Bei Putzig wird zurzeit ein
Flugplatz eingerichtet.

Was in Deutschland und Frankreich auf dem Gebiete des Flugwesens bis
zur Stunde geleistet worden ist, habe ich versucht in großen Zügen, unter
Fortlassung technischer Details, zu schildern. Es bleibt zum Schluß nur
noch die Frage offen: "Was wird bei uns nun weiter werden?" Und diese
Frage gehört zu einer der ernstesten in unserer politisch sturmbewegtcn Zeit.
Wir wollen und müssen uns darüber klar sein, daß das Flugzeug keine sport¬
liche Spielerei ist, vielmehr zurzeit eine mächtige Waffe in der Hand derer
bedeutet, die sie auszubilden und anzuwenden verstehen.

So edel auch der Flugsport an und für sich und so erhaben der Gedanke
ist, die Flugmaschine bald zu einem brauchbaren Verkehrsmittel zu machen, so
zwingend notwendig ist es sür uns, sie zu einer Waffe auszugestalten, die der
unserer westlichen Nachbarn ebenbürtig ist.

Was nützt uns in einem künftigen Kriege die größte Tapferkeit, wenn
Frankreichs Krieger mit einer vierten Waffe ausgerüstet sind, die auf das Hurra-


Flugwesen

Der Umstand, daß das Vorgehen der Heeresverwaltung in dieser Hinsicht
die Zustimmung der Presse aller Schattierungen gefunden hat, darf wohl als
ein Beweis dafür betrachtet werden, daß die Ausschreibungen der Geldpreise der
Heeresverwaltung gelegentlich der vorjährigen Veranstaltungen in Johannisthal
und bei den Überlandslügen sowohl dem Bedürfnis als auch der industriellen
und personellen Leistungsfähigkeit angepaßt worden sind.

Im Heere besteht in Döberitz eine Lehr- und Versuchsanstalt für Militär¬
flugwesen, die vorläufig den Zentralpunkt des militärischen Flugzeugwesens ein¬
nimmt Dort werden Offiziere aller Waffengattungen zu Flugzeugführern aus¬
gebildet, zu Beginn dieses Jahres hat man auch den obengenannten Fabriken
Offiziere zur Flugausbildung zugewiesen.

Die Beteiligung der Militärflugmaschinen an dem vorjährigen Kaiser¬
manöver hat zur Genüge die hohe Bedeutung des Flugzeuges für militärische
Zwecke und die vorzüglichen Leistungen der einzelnen Flieger dargetan. Ganz
besonders ist es zu begrüßen, daß die Heeresverwaltung den Bau von Flug¬
maschinen der Industrie überläßt. Sie bleibt dadurch vor Einseitigkeit gesichert,
und die Technik wird unbedingt dadurch gefördert.

Für dieses Jahr wird die Heeresverwaltung einen großen militärischen
Wettbewerb für Flugmaschinen ausschreiben, der voraussichtlich mit hohen Preisen
und mit der Aussicht auf umfangreiche Flugzeugbestellungen verbunden sein wird.
Ferner sind in Deutschland etwa zwölf größere Wettfliegen geplant, von denen be¬
sonders der Flug Berlin — Wien und der Rundflug um Berlin zu erwähnen sind.

Ebenso wie bei der französischen Marine geht auch bei der deutschen
Marine das Flugzeugwescn langsam vorwärts, zurzeit sind im ganzen sechs
Offiziere im Fliegen ausgebildet. Man beabsichtigt, in der Kaiserlichen Werft
zu Danzig Flugzeuge zu bauen und zum Teil die heimische Industrie zur
Lieferung von Wasserflugzeugen heranzuziehen. Bei Putzig wird zurzeit ein
Flugplatz eingerichtet.

Was in Deutschland und Frankreich auf dem Gebiete des Flugwesens bis
zur Stunde geleistet worden ist, habe ich versucht in großen Zügen, unter
Fortlassung technischer Details, zu schildern. Es bleibt zum Schluß nur
noch die Frage offen: „Was wird bei uns nun weiter werden?" Und diese
Frage gehört zu einer der ernstesten in unserer politisch sturmbewegtcn Zeit.
Wir wollen und müssen uns darüber klar sein, daß das Flugzeug keine sport¬
liche Spielerei ist, vielmehr zurzeit eine mächtige Waffe in der Hand derer
bedeutet, die sie auszubilden und anzuwenden verstehen.

So edel auch der Flugsport an und für sich und so erhaben der Gedanke
ist, die Flugmaschine bald zu einem brauchbaren Verkehrsmittel zu machen, so
zwingend notwendig ist es sür uns, sie zu einer Waffe auszugestalten, die der
unserer westlichen Nachbarn ebenbürtig ist.

Was nützt uns in einem künftigen Kriege die größte Tapferkeit, wenn
Frankreichs Krieger mit einer vierten Waffe ausgerüstet sind, die auf das Hurra-


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[0480] Flugwesen Der Umstand, daß das Vorgehen der Heeresverwaltung in dieser Hinsicht die Zustimmung der Presse aller Schattierungen gefunden hat, darf wohl als ein Beweis dafür betrachtet werden, daß die Ausschreibungen der Geldpreise der Heeresverwaltung gelegentlich der vorjährigen Veranstaltungen in Johannisthal und bei den Überlandslügen sowohl dem Bedürfnis als auch der industriellen und personellen Leistungsfähigkeit angepaßt worden sind. Im Heere besteht in Döberitz eine Lehr- und Versuchsanstalt für Militär¬ flugwesen, die vorläufig den Zentralpunkt des militärischen Flugzeugwesens ein¬ nimmt Dort werden Offiziere aller Waffengattungen zu Flugzeugführern aus¬ gebildet, zu Beginn dieses Jahres hat man auch den obengenannten Fabriken Offiziere zur Flugausbildung zugewiesen. Die Beteiligung der Militärflugmaschinen an dem vorjährigen Kaiser¬ manöver hat zur Genüge die hohe Bedeutung des Flugzeuges für militärische Zwecke und die vorzüglichen Leistungen der einzelnen Flieger dargetan. Ganz besonders ist es zu begrüßen, daß die Heeresverwaltung den Bau von Flug¬ maschinen der Industrie überläßt. Sie bleibt dadurch vor Einseitigkeit gesichert, und die Technik wird unbedingt dadurch gefördert. Für dieses Jahr wird die Heeresverwaltung einen großen militärischen Wettbewerb für Flugmaschinen ausschreiben, der voraussichtlich mit hohen Preisen und mit der Aussicht auf umfangreiche Flugzeugbestellungen verbunden sein wird. Ferner sind in Deutschland etwa zwölf größere Wettfliegen geplant, von denen be¬ sonders der Flug Berlin — Wien und der Rundflug um Berlin zu erwähnen sind. Ebenso wie bei der französischen Marine geht auch bei der deutschen Marine das Flugzeugwescn langsam vorwärts, zurzeit sind im ganzen sechs Offiziere im Fliegen ausgebildet. Man beabsichtigt, in der Kaiserlichen Werft zu Danzig Flugzeuge zu bauen und zum Teil die heimische Industrie zur Lieferung von Wasserflugzeugen heranzuziehen. Bei Putzig wird zurzeit ein Flugplatz eingerichtet. Was in Deutschland und Frankreich auf dem Gebiete des Flugwesens bis zur Stunde geleistet worden ist, habe ich versucht in großen Zügen, unter Fortlassung technischer Details, zu schildern. Es bleibt zum Schluß nur noch die Frage offen: „Was wird bei uns nun weiter werden?" Und diese Frage gehört zu einer der ernstesten in unserer politisch sturmbewegtcn Zeit. Wir wollen und müssen uns darüber klar sein, daß das Flugzeug keine sport¬ liche Spielerei ist, vielmehr zurzeit eine mächtige Waffe in der Hand derer bedeutet, die sie auszubilden und anzuwenden verstehen. So edel auch der Flugsport an und für sich und so erhaben der Gedanke ist, die Flugmaschine bald zu einem brauchbaren Verkehrsmittel zu machen, so zwingend notwendig ist es sür uns, sie zu einer Waffe auszugestalten, die der unserer westlichen Nachbarn ebenbürtig ist. Was nützt uns in einem künftigen Kriege die größte Tapferkeit, wenn Frankreichs Krieger mit einer vierten Waffe ausgerüstet sind, die auf das Hurra-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/480>, abgerufen am 27.09.2024.