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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Flugwesen

Diesen außerordentlich wesentlichen Punkt haben die Franzosen schon seit
Jahren erkannt. Sie bauen den Motor möglichst kurz und gedrungen, um dem
Flugzeug konstruktiv die Möglichkeit zu geben, mit Rücksicht auf Stabilität und
Geschwindigkeit die Hauptgewichte, wie Motor, Passagier. Betriebsstoff, möglichst
auf einen Punkt zu vereinigen.

Erst nach den wiederholten Flugvorführungen von Zipfel. Latham, Rougier
und Wright in Deutschland war der Boden geebnet, der den Flugzeugen eine
sympathische Ausnahme in weiten Bevölkerungsschichten zusichern konnte.

Als Zentralpunkt für die gesamten Fliegerinteressen Deutschlands wurde in
großzügigster Weise der Flugplatz Johannisthal bei Berlin geschaffen und dadurch
der Flugzeugindustrie Tor und Tür geöffnet. Andere Städte Deutschlands, wie
München. Leipzig. Hamburg. Köln. Mülhausen. sind diesem Beispiel gefolgt
und haben bereits Plätze eingerichtet. Ganz besonders möchte ich darauf hin¬
weisen, daß die Schaffung eines Flugplatzes Grundbedingung für die nationale
Förderung und Entwicklung der Flugzeugindustrie ist. denn nur durch das Vor¬
handensein eines Flugplatzes bietet man Konstrukteuren und Fabriken Gelegenheit,
ihre Flugzeuge zu erproben. Prüfungen der verschiedenen Flugzeugsusteme vor¬
zunehmen und durch Aussetzen von Preisen in Wettbewerben die Konkurrenz
innerhalb der Flugzeugindustrie rege zu halten. Schließlich ist der Flugplatz
für die Ausbildung als Flieger unerläßlich. Die im verflossenen Jahre statt¬
gehabten Wettbewerbe, sei es auf den Flugplätzen, sei es außerhalb derselben
in Gestalt des Sachsenfluges, des Znverlässigkeitsfluges am Oberrhein, des
deutschen Nundfluges, des Süddeutschen Fluges, und die Veranstaltung des
Vereins für Motorluftschiffahrt in der Nordmark. haben eine um so größere
Einwirkung ausgeübt, als dadurch deutsche Erfinder und deutsche Firmen
kapitalistisch Unterstützung gefunden haben. So sind im Laufe zweier Jahre
die nachgenannten Flugzeugwerke entstanden, die sich schon jetzt nicht allein
guten Rufes im Inlande, sondern auch im Auslande erfreuen. Die bedeutendsten
derselben seien alphabetisch aufgezählt: Albatros, Aviatik, Deutsche Flugzeug¬
werke Leipzig, Dörner, Euler, Grade. Harlan, Luft Verkehrsgesellschaft, Rumpler,
Wright.

Bis jetzt haben etwa hundertsechzig Deutsche das Flugzeugführer-Patent
erworben, von denen etwa fünfunddreißig aktive Offiziere sind. Die größte
Förderung hat dem Flugwesen die deutsche Heeresverwaltung gebracht. Interessant
ist dabei zu erwähnen, daß man schon vor der rapiden Entwicklung des Flugzeuges
in Frankreich militärischerseits mit den Gebrüdern Wright in Unterhandlungen
stand, ihre Geldforderungen jedoch, als über das Ziel hinausgehend, zurück¬
weisen mußte. Die Militärverwaltung konnte sich einer namhaften Unterstützung
des Flugwesens erst annehmen, als Kapital und Industrie sich dem neuartigen
Sport in entsprechendem Maße zuzuwenden begannen, so daß man hoffen durfte,
daß die hohen Kosten für die Entwicklung des Flugwesens nicht allein von
dem ohnehin schwer belasteten Militäretat zu tragen waren.


Flugwesen

Diesen außerordentlich wesentlichen Punkt haben die Franzosen schon seit
Jahren erkannt. Sie bauen den Motor möglichst kurz und gedrungen, um dem
Flugzeug konstruktiv die Möglichkeit zu geben, mit Rücksicht auf Stabilität und
Geschwindigkeit die Hauptgewichte, wie Motor, Passagier. Betriebsstoff, möglichst
auf einen Punkt zu vereinigen.

Erst nach den wiederholten Flugvorführungen von Zipfel. Latham, Rougier
und Wright in Deutschland war der Boden geebnet, der den Flugzeugen eine
sympathische Ausnahme in weiten Bevölkerungsschichten zusichern konnte.

Als Zentralpunkt für die gesamten Fliegerinteressen Deutschlands wurde in
großzügigster Weise der Flugplatz Johannisthal bei Berlin geschaffen und dadurch
der Flugzeugindustrie Tor und Tür geöffnet. Andere Städte Deutschlands, wie
München. Leipzig. Hamburg. Köln. Mülhausen. sind diesem Beispiel gefolgt
und haben bereits Plätze eingerichtet. Ganz besonders möchte ich darauf hin¬
weisen, daß die Schaffung eines Flugplatzes Grundbedingung für die nationale
Förderung und Entwicklung der Flugzeugindustrie ist. denn nur durch das Vor¬
handensein eines Flugplatzes bietet man Konstrukteuren und Fabriken Gelegenheit,
ihre Flugzeuge zu erproben. Prüfungen der verschiedenen Flugzeugsusteme vor¬
zunehmen und durch Aussetzen von Preisen in Wettbewerben die Konkurrenz
innerhalb der Flugzeugindustrie rege zu halten. Schließlich ist der Flugplatz
für die Ausbildung als Flieger unerläßlich. Die im verflossenen Jahre statt¬
gehabten Wettbewerbe, sei es auf den Flugplätzen, sei es außerhalb derselben
in Gestalt des Sachsenfluges, des Znverlässigkeitsfluges am Oberrhein, des
deutschen Nundfluges, des Süddeutschen Fluges, und die Veranstaltung des
Vereins für Motorluftschiffahrt in der Nordmark. haben eine um so größere
Einwirkung ausgeübt, als dadurch deutsche Erfinder und deutsche Firmen
kapitalistisch Unterstützung gefunden haben. So sind im Laufe zweier Jahre
die nachgenannten Flugzeugwerke entstanden, die sich schon jetzt nicht allein
guten Rufes im Inlande, sondern auch im Auslande erfreuen. Die bedeutendsten
derselben seien alphabetisch aufgezählt: Albatros, Aviatik, Deutsche Flugzeug¬
werke Leipzig, Dörner, Euler, Grade. Harlan, Luft Verkehrsgesellschaft, Rumpler,
Wright.

Bis jetzt haben etwa hundertsechzig Deutsche das Flugzeugführer-Patent
erworben, von denen etwa fünfunddreißig aktive Offiziere sind. Die größte
Förderung hat dem Flugwesen die deutsche Heeresverwaltung gebracht. Interessant
ist dabei zu erwähnen, daß man schon vor der rapiden Entwicklung des Flugzeuges
in Frankreich militärischerseits mit den Gebrüdern Wright in Unterhandlungen
stand, ihre Geldforderungen jedoch, als über das Ziel hinausgehend, zurück¬
weisen mußte. Die Militärverwaltung konnte sich einer namhaften Unterstützung
des Flugwesens erst annehmen, als Kapital und Industrie sich dem neuartigen
Sport in entsprechendem Maße zuzuwenden begannen, so daß man hoffen durfte,
daß die hohen Kosten für die Entwicklung des Flugwesens nicht allein von
dem ohnehin schwer belasteten Militäretat zu tragen waren.


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[0479] Flugwesen Diesen außerordentlich wesentlichen Punkt haben die Franzosen schon seit Jahren erkannt. Sie bauen den Motor möglichst kurz und gedrungen, um dem Flugzeug konstruktiv die Möglichkeit zu geben, mit Rücksicht auf Stabilität und Geschwindigkeit die Hauptgewichte, wie Motor, Passagier. Betriebsstoff, möglichst auf einen Punkt zu vereinigen. Erst nach den wiederholten Flugvorführungen von Zipfel. Latham, Rougier und Wright in Deutschland war der Boden geebnet, der den Flugzeugen eine sympathische Ausnahme in weiten Bevölkerungsschichten zusichern konnte. Als Zentralpunkt für die gesamten Fliegerinteressen Deutschlands wurde in großzügigster Weise der Flugplatz Johannisthal bei Berlin geschaffen und dadurch der Flugzeugindustrie Tor und Tür geöffnet. Andere Städte Deutschlands, wie München. Leipzig. Hamburg. Köln. Mülhausen. sind diesem Beispiel gefolgt und haben bereits Plätze eingerichtet. Ganz besonders möchte ich darauf hin¬ weisen, daß die Schaffung eines Flugplatzes Grundbedingung für die nationale Förderung und Entwicklung der Flugzeugindustrie ist. denn nur durch das Vor¬ handensein eines Flugplatzes bietet man Konstrukteuren und Fabriken Gelegenheit, ihre Flugzeuge zu erproben. Prüfungen der verschiedenen Flugzeugsusteme vor¬ zunehmen und durch Aussetzen von Preisen in Wettbewerben die Konkurrenz innerhalb der Flugzeugindustrie rege zu halten. Schließlich ist der Flugplatz für die Ausbildung als Flieger unerläßlich. Die im verflossenen Jahre statt¬ gehabten Wettbewerbe, sei es auf den Flugplätzen, sei es außerhalb derselben in Gestalt des Sachsenfluges, des Znverlässigkeitsfluges am Oberrhein, des deutschen Nundfluges, des Süddeutschen Fluges, und die Veranstaltung des Vereins für Motorluftschiffahrt in der Nordmark. haben eine um so größere Einwirkung ausgeübt, als dadurch deutsche Erfinder und deutsche Firmen kapitalistisch Unterstützung gefunden haben. So sind im Laufe zweier Jahre die nachgenannten Flugzeugwerke entstanden, die sich schon jetzt nicht allein guten Rufes im Inlande, sondern auch im Auslande erfreuen. Die bedeutendsten derselben seien alphabetisch aufgezählt: Albatros, Aviatik, Deutsche Flugzeug¬ werke Leipzig, Dörner, Euler, Grade. Harlan, Luft Verkehrsgesellschaft, Rumpler, Wright. Bis jetzt haben etwa hundertsechzig Deutsche das Flugzeugführer-Patent erworben, von denen etwa fünfunddreißig aktive Offiziere sind. Die größte Förderung hat dem Flugwesen die deutsche Heeresverwaltung gebracht. Interessant ist dabei zu erwähnen, daß man schon vor der rapiden Entwicklung des Flugzeuges in Frankreich militärischerseits mit den Gebrüdern Wright in Unterhandlungen stand, ihre Geldforderungen jedoch, als über das Ziel hinausgehend, zurück¬ weisen mußte. Die Militärverwaltung konnte sich einer namhaften Unterstützung des Flugwesens erst annehmen, als Kapital und Industrie sich dem neuartigen Sport in entsprechendem Maße zuzuwenden begannen, so daß man hoffen durfte, daß die hohen Kosten für die Entwicklung des Flugwesens nicht allein von dem ohnehin schwer belasteten Militäretat zu tragen waren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/479>, abgerufen am 29.12.2024.