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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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von selbst empfehlen. Der Text ist knapp,
sachlich und beschränkt sich auf die Skizzierung
des Wesentlichen; dafür tritt das Bildmaterial
beherrschend in den Vordergrund. Die Ab¬
bildungen sind groß, geben zumeist auch zahl¬
reiche Detailaufnahmen, so daß die Erziehung
zum Sehen hier von selbst geübt wird. Der
neueste Band ist "Michelangelo" betitelt; in
einer Fülle trefflicher Abbildungen zieht das
Schaffen dieses wuchtigen, ernsten Künstlers
darüber. Jedes Buch dieser Sammlung kostet
1,80 M.

Noch eine andere, kleine Serie von Kunst¬
büchern ist hier zu erwähnen, die sich "Kunst
und Kultur" nennt; sie erscheint im Verlag
Strecker u. Schröder zu Stuttgart. Das
Kennzeichen dieser Sammlung ist, daß sie fast
ausschließlich sich der Kunst und der Kultur
der Gegenwart widmet. Hier hat der Architekt
Endell von der "Schönheit der großen Stadt"
gepredigt, Volbehr handelt von dem Zweck und
von der Anlage der "Museen", und Engelhardt
setzt die Prinzipien der neuen "Gartenkunst"
Lrnst Schur- auseinander.

Th. Hofmann Rliffnel in seiner Be¬
deutung als Architekt. Band IV: Vatikanischer
Palast. Unter Mitwirkung von Prof. Dr.
W. Amelung und Dr. Fritz Wecge. Leipzig,
Gilbertsche Verlagsbuchhandlung.

In den vorangehenden Bänden dieses
Monumentalwerkes lernten wir Raffaels Ein¬
fluß und Bedeutung für die Gestaltung des
Außenbaues und Grundrisses in der Hoch¬
renaissance kennen. Allein der geniale Bau¬
meister muß auch "das harmonische Zu¬
sammenwirken aller bildenden Künste" be¬
herrschen und "feinsinnig das Schöne mit
dem Zweckmäßiger" vereinen. Wie Raffael
in diesem Sinne als Meister der Innen¬
dekoration gewaltet hat, dessen ist der Vati¬
kanische Palast, sind die berühmten Loggien
Zeuge, denen dieser Band gewidmet ist.
Einleitend wird in Kürze die Baugeschichte
des Vatikans geboten, der um 1420 ungefähr
alleinige Residenz der Päpste geworden ist,
nachdem er vorher diese Bestimmung mit
dem Lateran geteilt hatte. An Hand alter
Stiche, Bilder und Stadtpläne wird der An¬
teil der Päpste am Bau des Palastes dar¬
gestellt und gezeigt, wie sich die Erweiterungen

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bis auf die Gartenanlagen ausdehnten. Die
Zeit der Beleidigung Raffaels im Vatikan
fällt in das Pontifikat Julius des Zweiten
und Leos des Zehnten. Imi Herbst des
Jahres 1508 war der junge Urbinate ,M-
ratto nisi Lrsm-als s elatis Zloria" (Ad. Ven-
turi) nach Rom gekommen und hatte für den
Roverepapst die Ausmalung der Stanzen
begonnen. Als im Februar 1613 Julius der
Zweite gestorben war und ein Medizäer als
Leo der Zehnte den Stuhl Petri bestiegen
hatte, wurde in gleichem Sinne die hohe
Kunst am Pnpsthofe gepflegt. Die dritte
Stanze mit dem Borgobrand wurde voll¬
endet, wobei Raffael, mit Arbeit überhäuft,
schon seine Schüler zuziehen mußte, und die
Kartons zu den Teppichen der Apostel wurden
entworfen.

Nach Bramantes Tode (am 11. März 1514)
wurde Raffael sein Nachfolger im Amt des
Dombaumeisters. Dieses Amt schloß nicht
die Ernennung zum Architekten deS Vati¬
kanischen Palastes in sich; durch ein Modell
für die Loggien erwarb er auch den neuen
Auftrag. Die bereits unter Bramante be¬
gonnenen Teile schrieben Raffael die weitere
Marschroute vor, nur führte er die Front
höher hinauf, um den Bau gewaltiger er¬
scheinen zu lassen, da er ja als Außonfasscide
gedacht war, wie ihn uns die Heemshnrksche
Zeichnung aus dein Jahre 1836 zeigt. Doch
nicht dem Außenbau gilt diesmal Hofmanns
Interesse, der Jnnenschmuck, die sogenannte
"Bibbia ti Rassaello", wird uns in glänzen¬
den Aufnahmen vorgeführt. Auch zu diesem
gewaltigen Werke hat die Schule Raffnels
ihr gut Teil zugesteuert. Von Giovanni da
Udine wissen wir, daß er eine besondere
Mischung des Stücks zu diesem Zwecke er¬
funden habe, und die Mitarbeit des Parni, des
Giulio Romnno ist so gut wie erwiesen. Wie
weit der Anteil der einzelnen am Werke geht,
ist schwer darzulegen; daß es jedoch Raffaels
persönlicher Einfluß gewesen, der das Ganze
zusammenhült, das beweisen die Loggien, die
Giovanni da Udine ohne Raffael (eine Treppe
tiefer) ausführte. Die haudwerkliche Fertig¬
keit, die Fülle der Motive sind geblieben, der
Geist, der sie vereinigt, fehlt.

Der Hofmannschen Einleitung folgt die
Abhandlung Amelungs über die Vorbilder

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sachlich und beschränkt sich auf die Skizzierung
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beherrschend in den Vordergrund. Die Ab¬
bildungen sind groß, geben zumeist auch zahl¬
reiche Detailaufnahmen, so daß die Erziehung
zum Sehen hier von selbst geübt wird. Der
neueste Band ist „Michelangelo" betitelt; in
einer Fülle trefflicher Abbildungen zieht das
Schaffen dieses wuchtigen, ernsten Künstlers
darüber. Jedes Buch dieser Sammlung kostet
1,80 M.

Noch eine andere, kleine Serie von Kunst¬
büchern ist hier zu erwähnen, die sich „Kunst
und Kultur" nennt; sie erscheint im Verlag
Strecker u. Schröder zu Stuttgart. Das
Kennzeichen dieser Sammlung ist, daß sie fast
ausschließlich sich der Kunst und der Kultur
der Gegenwart widmet. Hier hat der Architekt
Endell von der „Schönheit der großen Stadt"
gepredigt, Volbehr handelt von dem Zweck und
von der Anlage der „Museen", und Engelhardt
setzt die Prinzipien der neuen „Gartenkunst"
Lrnst Schur- auseinander.

Th. Hofmann Rliffnel in seiner Be¬
deutung als Architekt. Band IV: Vatikanischer
Palast. Unter Mitwirkung von Prof. Dr.
W. Amelung und Dr. Fritz Wecge. Leipzig,
Gilbertsche Verlagsbuchhandlung.

In den vorangehenden Bänden dieses
Monumentalwerkes lernten wir Raffaels Ein¬
fluß und Bedeutung für die Gestaltung des
Außenbaues und Grundrisses in der Hoch¬
renaissance kennen. Allein der geniale Bau¬
meister muß auch „das harmonische Zu¬
sammenwirken aller bildenden Künste" be¬
herrschen und „feinsinnig das Schöne mit
dem Zweckmäßiger" vereinen. Wie Raffael
in diesem Sinne als Meister der Innen¬
dekoration gewaltet hat, dessen ist der Vati¬
kanische Palast, sind die berühmten Loggien
Zeuge, denen dieser Band gewidmet ist.
Einleitend wird in Kürze die Baugeschichte
des Vatikans geboten, der um 1420 ungefähr
alleinige Residenz der Päpste geworden ist,
nachdem er vorher diese Bestimmung mit
dem Lateran geteilt hatte. An Hand alter
Stiche, Bilder und Stadtpläne wird der An¬
teil der Päpste am Bau des Palastes dar¬
gestellt und gezeigt, wie sich die Erweiterungen

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bis auf die Gartenanlagen ausdehnten. Die
Zeit der Beleidigung Raffaels im Vatikan
fällt in das Pontifikat Julius des Zweiten
und Leos des Zehnten. Imi Herbst des
Jahres 1508 war der junge Urbinate ,M-
ratto nisi Lrsm-als s elatis Zloria" (Ad. Ven-
turi) nach Rom gekommen und hatte für den
Roverepapst die Ausmalung der Stanzen
begonnen. Als im Februar 1613 Julius der
Zweite gestorben war und ein Medizäer als
Leo der Zehnte den Stuhl Petri bestiegen
hatte, wurde in gleichem Sinne die hohe
Kunst am Pnpsthofe gepflegt. Die dritte
Stanze mit dem Borgobrand wurde voll¬
endet, wobei Raffael, mit Arbeit überhäuft,
schon seine Schüler zuziehen mußte, und die
Kartons zu den Teppichen der Apostel wurden
entworfen.

Nach Bramantes Tode (am 11. März 1514)
wurde Raffael sein Nachfolger im Amt des
Dombaumeisters. Dieses Amt schloß nicht
die Ernennung zum Architekten deS Vati¬
kanischen Palastes in sich; durch ein Modell
für die Loggien erwarb er auch den neuen
Auftrag. Die bereits unter Bramante be¬
gonnenen Teile schrieben Raffael die weitere
Marschroute vor, nur führte er die Front
höher hinauf, um den Bau gewaltiger er¬
scheinen zu lassen, da er ja als Außonfasscide
gedacht war, wie ihn uns die Heemshnrksche
Zeichnung aus dein Jahre 1836 zeigt. Doch
nicht dem Außenbau gilt diesmal Hofmanns
Interesse, der Jnnenschmuck, die sogenannte
„Bibbia ti Rassaello", wird uns in glänzen¬
den Aufnahmen vorgeführt. Auch zu diesem
gewaltigen Werke hat die Schule Raffnels
ihr gut Teil zugesteuert. Von Giovanni da
Udine wissen wir, daß er eine besondere
Mischung des Stücks zu diesem Zwecke er¬
funden habe, und die Mitarbeit des Parni, des
Giulio Romnno ist so gut wie erwiesen. Wie
weit der Anteil der einzelnen am Werke geht,
ist schwer darzulegen; daß es jedoch Raffaels
persönlicher Einfluß gewesen, der das Ganze
zusammenhült, das beweisen die Loggien, die
Giovanni da Udine ohne Raffael (eine Treppe
tiefer) ausführte. Die haudwerkliche Fertig¬
keit, die Fülle der Motive sind geblieben, der
Geist, der sie vereinigt, fehlt.

Der Hofmannschen Einleitung folgt die
Abhandlung Amelungs über die Vorbilder

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[0403] Maßgebliches und Unmaßgebliches von selbst empfehlen. Der Text ist knapp, sachlich und beschränkt sich auf die Skizzierung des Wesentlichen; dafür tritt das Bildmaterial beherrschend in den Vordergrund. Die Ab¬ bildungen sind groß, geben zumeist auch zahl¬ reiche Detailaufnahmen, so daß die Erziehung zum Sehen hier von selbst geübt wird. Der neueste Band ist „Michelangelo" betitelt; in einer Fülle trefflicher Abbildungen zieht das Schaffen dieses wuchtigen, ernsten Künstlers darüber. Jedes Buch dieser Sammlung kostet 1,80 M. Noch eine andere, kleine Serie von Kunst¬ büchern ist hier zu erwähnen, die sich „Kunst und Kultur" nennt; sie erscheint im Verlag Strecker u. Schröder zu Stuttgart. Das Kennzeichen dieser Sammlung ist, daß sie fast ausschließlich sich der Kunst und der Kultur der Gegenwart widmet. Hier hat der Architekt Endell von der „Schönheit der großen Stadt" gepredigt, Volbehr handelt von dem Zweck und von der Anlage der „Museen", und Engelhardt setzt die Prinzipien der neuen „Gartenkunst" Lrnst Schur- auseinander. Th. Hofmann Rliffnel in seiner Be¬ deutung als Architekt. Band IV: Vatikanischer Palast. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. W. Amelung und Dr. Fritz Wecge. Leipzig, Gilbertsche Verlagsbuchhandlung. In den vorangehenden Bänden dieses Monumentalwerkes lernten wir Raffaels Ein¬ fluß und Bedeutung für die Gestaltung des Außenbaues und Grundrisses in der Hoch¬ renaissance kennen. Allein der geniale Bau¬ meister muß auch „das harmonische Zu¬ sammenwirken aller bildenden Künste" be¬ herrschen und „feinsinnig das Schöne mit dem Zweckmäßiger" vereinen. Wie Raffael in diesem Sinne als Meister der Innen¬ dekoration gewaltet hat, dessen ist der Vati¬ kanische Palast, sind die berühmten Loggien Zeuge, denen dieser Band gewidmet ist. Einleitend wird in Kürze die Baugeschichte des Vatikans geboten, der um 1420 ungefähr alleinige Residenz der Päpste geworden ist, nachdem er vorher diese Bestimmung mit dem Lateran geteilt hatte. An Hand alter Stiche, Bilder und Stadtpläne wird der An¬ teil der Päpste am Bau des Palastes dar¬ gestellt und gezeigt, wie sich die Erweiterungen bis auf die Gartenanlagen ausdehnten. Die Zeit der Beleidigung Raffaels im Vatikan fällt in das Pontifikat Julius des Zweiten und Leos des Zehnten. Imi Herbst des Jahres 1508 war der junge Urbinate ,M- ratto nisi Lrsm-als s elatis Zloria" (Ad. Ven- turi) nach Rom gekommen und hatte für den Roverepapst die Ausmalung der Stanzen begonnen. Als im Februar 1613 Julius der Zweite gestorben war und ein Medizäer als Leo der Zehnte den Stuhl Petri bestiegen hatte, wurde in gleichem Sinne die hohe Kunst am Pnpsthofe gepflegt. Die dritte Stanze mit dem Borgobrand wurde voll¬ endet, wobei Raffael, mit Arbeit überhäuft, schon seine Schüler zuziehen mußte, und die Kartons zu den Teppichen der Apostel wurden entworfen. Nach Bramantes Tode (am 11. März 1514) wurde Raffael sein Nachfolger im Amt des Dombaumeisters. Dieses Amt schloß nicht die Ernennung zum Architekten deS Vati¬ kanischen Palastes in sich; durch ein Modell für die Loggien erwarb er auch den neuen Auftrag. Die bereits unter Bramante be¬ gonnenen Teile schrieben Raffael die weitere Marschroute vor, nur führte er die Front höher hinauf, um den Bau gewaltiger er¬ scheinen zu lassen, da er ja als Außonfasscide gedacht war, wie ihn uns die Heemshnrksche Zeichnung aus dein Jahre 1836 zeigt. Doch nicht dem Außenbau gilt diesmal Hofmanns Interesse, der Jnnenschmuck, die sogenannte „Bibbia ti Rassaello", wird uns in glänzen¬ den Aufnahmen vorgeführt. Auch zu diesem gewaltigen Werke hat die Schule Raffnels ihr gut Teil zugesteuert. Von Giovanni da Udine wissen wir, daß er eine besondere Mischung des Stücks zu diesem Zwecke er¬ funden habe, und die Mitarbeit des Parni, des Giulio Romnno ist so gut wie erwiesen. Wie weit der Anteil der einzelnen am Werke geht, ist schwer darzulegen; daß es jedoch Raffaels persönlicher Einfluß gewesen, der das Ganze zusammenhült, das beweisen die Loggien, die Giovanni da Udine ohne Raffael (eine Treppe tiefer) ausführte. Die haudwerkliche Fertig¬ keit, die Fülle der Motive sind geblieben, der Geist, der sie vereinigt, fehlt. Der Hofmannschen Einleitung folgt die Abhandlung Amelungs über die Vorbilder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/403>, abgerufen am 19.10.2024.