Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.Reichsspiegel Wir wollen uns heute nicht weiter ausmalen, welch ein Druck durch das Auch die Ereignisse des vergangenen Jahres, die sich an die deutsch¬ Reichsspiegel Wir wollen uns heute nicht weiter ausmalen, welch ein Druck durch das Auch die Ereignisse des vergangenen Jahres, die sich an die deutsch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0363" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320780"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1540"> Wir wollen uns heute nicht weiter ausmalen, welch ein Druck durch das<lb/> Erwachen Chinas auf Rußland entstehen könnte. Rußland würde jedenfalls in<lb/> seinem Länderraub einhalten müssen, und die im fernen Osten angesetzten Kräfte<lb/> müßten eine anderweitige Verwendung finden. Schwerer wie jetzt schon wird<lb/> die russische Macht, die an ihren Westgrenzen auf die festgefügten deutschen<lb/> Staaten stößt, gegen Persien drücken, um so sicherer zu den Gestaden des<lb/> indischen Ozeans zu gelangen. Eine glückliche Entwicklung Chinas würde somit<lb/> die Nachbarschaft Rußlands für England noch fühlbarer machen, wie es schon<lb/> jetzt der Fall ist. Solche Aussichten mögen in den englischen politischen Kreisen<lb/> neben anderen Fragen bereits ventiliert worden sein und den Gedanken ver¬<lb/> stärkt haben, sich für den Bedarfsfall eine Rückversicherung zu schaffen. Die<lb/> Entwicklung der Einzelfragen der Weltpolitik deutet auf die Notwendigkeit für<lb/> England hin, seine Beziehungen zu den Großmächten einer Revision zu unter¬<lb/> ziehen. So würden wir uns auch nicht zu wundern haben, wenn England<lb/> in allen Fragen des Bagdadbahnunternehmens eine dem deutschen Standpunkte<lb/> entgegenkommendere Haltung einnimmt als noch vor einem Jahre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1541" next="#ID_1542"> Auch die Ereignisse des vergangenen Jahres, die sich an die deutsch¬<lb/> französischen Verhandlungen knüpften, haben unzweifelhaft den Engländern die<lb/> Augen darüber geöffnet, daß sie ohne eine friedliche Verständigung mit Deutsch¬<lb/> land nicht voran kommen. Englands Ambitionen in Afrika dürften ohne die</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0363]
Reichsspiegel
Wir wollen uns heute nicht weiter ausmalen, welch ein Druck durch das
Erwachen Chinas auf Rußland entstehen könnte. Rußland würde jedenfalls in
seinem Länderraub einhalten müssen, und die im fernen Osten angesetzten Kräfte
müßten eine anderweitige Verwendung finden. Schwerer wie jetzt schon wird
die russische Macht, die an ihren Westgrenzen auf die festgefügten deutschen
Staaten stößt, gegen Persien drücken, um so sicherer zu den Gestaden des
indischen Ozeans zu gelangen. Eine glückliche Entwicklung Chinas würde somit
die Nachbarschaft Rußlands für England noch fühlbarer machen, wie es schon
jetzt der Fall ist. Solche Aussichten mögen in den englischen politischen Kreisen
neben anderen Fragen bereits ventiliert worden sein und den Gedanken ver¬
stärkt haben, sich für den Bedarfsfall eine Rückversicherung zu schaffen. Die
Entwicklung der Einzelfragen der Weltpolitik deutet auf die Notwendigkeit für
England hin, seine Beziehungen zu den Großmächten einer Revision zu unter¬
ziehen. So würden wir uns auch nicht zu wundern haben, wenn England
in allen Fragen des Bagdadbahnunternehmens eine dem deutschen Standpunkte
entgegenkommendere Haltung einnimmt als noch vor einem Jahre.
Auch die Ereignisse des vergangenen Jahres, die sich an die deutsch¬
französischen Verhandlungen knüpften, haben unzweifelhaft den Engländern die
Augen darüber geöffnet, daß sie ohne eine friedliche Verständigung mit Deutsch¬
land nicht voran kommen. Englands Ambitionen in Afrika dürften ohne die
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