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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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eindringen würden zu Preisen, mit denen der belgische Industrielle nicht mehr konkurrieren
kann. Wenn auch die großen Werke den Kampf erfolgreich aufnehmen können, so würden
doch die dielen kleinen, bedeutende Arbeitermengen beschäftigenden Werke dem Untergange
geweiht sein. Zudem würde das Hauptfeld der belgischen Eisenindustrie, der Auslands¬
markt, durch das deutsche Dumping herrichtet werden.

Hierin ist deutlich zum Ausdruck gebracht worden, auf welcher Seite der
Vorteil einer Verständigung zwischen Deutschland und Belgien über wirtschaft¬
liche Interessen liegt. Eine der Hauptträgerinnen des Schutzzollgedankens ist in
fast allen Ländern die Großindustrie, voran die Großeisenindustrie; es ist aber
eine der bemerkenswertesten Erscheinungen in ihrer Entwicklung, daß seit der
Erneuerung des deutschen Stahlwerksverbandes eine Epoche der ausgesprochenen
Weltmarktpolitik eingesetzt hat. Diesem Ziele dient vornehmlich die Ausbildung
internationaler Verständigungen, die vom Stahlwerksverbande ausgingen und
eins seiner Hauptverdienste bilden. Eine bekannte Abmachung dieser Art waren
Abschluß und Ausdehnung des internationalen Schienenkartells, dem die
deutschen, englischen, amerikanischen, belgischen und französischen Werke schon
seit 1905 angehören und dem später auch die russischen, österreichisch-ungarischen
und spanischen Werke beigetreten sind. Die vereinigten Länder haben die
"Weltmärkte in freundschaftlicher Weise unter sich aufgeteilt". Ein weiteres
internationales Abkommen war die internationale Trägervereinigung unter
Beteiligung von Deutschland, Frankreich und Belgien. Die beteiligten Staaten
zeigten sich dem vielfach von deutscher Seite angeregten internationalen Syndikats¬
gedanken durchweg sehr geneigt, vor allem Frankreich und Belgien. Es ist
nicht ausgeschlossen, daß demnächst bei Erneuerung des deutschen Stahlwerks¬
verbandes sich Deutschland und Belgien wiederum, wie früher, untereinander
über ihren inneren Markt und einen entsprechenden Anteil am Weltmarkt zu
verständigen suchen werden. Dürften doch die Zukuuftsaussichten der belgischen
Eisenindustrie zu einem großen Teil von der Erneuerung und Ausgestaltung
dieses Verbandes abhängen.

Durch Kundgebungen über die Bekämpfung des ausländischen Wettbewerbes,
wie sie kürzlich von Belgien ausgingen, werden naturgemäß derartige Ver¬
ständigungsmöglichkeiten nicht gefördert. Das sollte Belgien in wirtschaftlicher
und auch in politischer Hinsicht berücksichtigen und der deutschfeindlichen
Stimmungsmache ein Ende bereiten, die mit der Zeit zu einer empfindlichen
Schädigung, auch der wirtschaftlichen Interessen, führen muß.


Dr. Krcuzkmn


Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der HeranSgcver George Cleiuow in Schöneberg, für
den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelnng in Wilmersdorf. -- Mcmuskriptscndungen und Briefe
werden erbeten unter der Adresse:
An den HcraiiSncVcr der Grenzvotcn in Frieden"" bei Berlin, Hcdwinsrv. 1".
Fernsprecher der Schristleitung: Amt Pfalzvurg 5719, des Verlauf: Amt Lindow MIO,
Verlag: Verlag der Grenzvotcu G. in. b. H. in Berlin SV. 11.
Druck: "Der Reichsbote" G. in, b. H. in Berlin SV. II, Dessauer Strnsze M/37.

eindringen würden zu Preisen, mit denen der belgische Industrielle nicht mehr konkurrieren
kann. Wenn auch die großen Werke den Kampf erfolgreich aufnehmen können, so würden
doch die dielen kleinen, bedeutende Arbeitermengen beschäftigenden Werke dem Untergange
geweiht sein. Zudem würde das Hauptfeld der belgischen Eisenindustrie, der Auslands¬
markt, durch das deutsche Dumping herrichtet werden.

Hierin ist deutlich zum Ausdruck gebracht worden, auf welcher Seite der
Vorteil einer Verständigung zwischen Deutschland und Belgien über wirtschaft¬
liche Interessen liegt. Eine der Hauptträgerinnen des Schutzzollgedankens ist in
fast allen Ländern die Großindustrie, voran die Großeisenindustrie; es ist aber
eine der bemerkenswertesten Erscheinungen in ihrer Entwicklung, daß seit der
Erneuerung des deutschen Stahlwerksverbandes eine Epoche der ausgesprochenen
Weltmarktpolitik eingesetzt hat. Diesem Ziele dient vornehmlich die Ausbildung
internationaler Verständigungen, die vom Stahlwerksverbande ausgingen und
eins seiner Hauptverdienste bilden. Eine bekannte Abmachung dieser Art waren
Abschluß und Ausdehnung des internationalen Schienenkartells, dem die
deutschen, englischen, amerikanischen, belgischen und französischen Werke schon
seit 1905 angehören und dem später auch die russischen, österreichisch-ungarischen
und spanischen Werke beigetreten sind. Die vereinigten Länder haben die
„Weltmärkte in freundschaftlicher Weise unter sich aufgeteilt". Ein weiteres
internationales Abkommen war die internationale Trägervereinigung unter
Beteiligung von Deutschland, Frankreich und Belgien. Die beteiligten Staaten
zeigten sich dem vielfach von deutscher Seite angeregten internationalen Syndikats¬
gedanken durchweg sehr geneigt, vor allem Frankreich und Belgien. Es ist
nicht ausgeschlossen, daß demnächst bei Erneuerung des deutschen Stahlwerks¬
verbandes sich Deutschland und Belgien wiederum, wie früher, untereinander
über ihren inneren Markt und einen entsprechenden Anteil am Weltmarkt zu
verständigen suchen werden. Dürften doch die Zukuuftsaussichten der belgischen
Eisenindustrie zu einem großen Teil von der Erneuerung und Ausgestaltung
dieses Verbandes abhängen.

Durch Kundgebungen über die Bekämpfung des ausländischen Wettbewerbes,
wie sie kürzlich von Belgien ausgingen, werden naturgemäß derartige Ver¬
ständigungsmöglichkeiten nicht gefördert. Das sollte Belgien in wirtschaftlicher
und auch in politischer Hinsicht berücksichtigen und der deutschfeindlichen
Stimmungsmache ein Ende bereiten, die mit der Zeit zu einer empfindlichen
Schädigung, auch der wirtschaftlichen Interessen, führen muß.


Dr. Krcuzkmn


Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der HeranSgcver George Cleiuow in Schöneberg, für
den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelnng in Wilmersdorf. — Mcmuskriptscndungen und Briefe
werden erbeten unter der Adresse:
An den HcraiiSncVcr der Grenzvotcn in Frieden«» bei Berlin, Hcdwinsrv. 1».
Fernsprecher der Schristleitung: Amt Pfalzvurg 5719, des Verlauf: Amt Lindow MIO,
Verlag: Verlag der Grenzvotcu G. in. b. H. in Berlin SV. 11.
Druck: „Der Reichsbote" G. in, b. H. in Berlin SV. II, Dessauer Strnsze M/37.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/160>, abgerufen am 29.12.2024.