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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Ver Schutz der deutschen Rüste

möglich, daß er Vorteile erringt, die schwer wieder auszugleichen sind. Da
bleibt es Sache der Diplomatie, Stimmung und Spannung vorauszusühlen
und hiervon die verantwortlichen militärischen Behörden in Kenntnis zu
setzen, damit sie auch hiergegen durch besondere Maßnahmen sich sichern
können.

Sache der verantwortlichen militärischen Stelle kann nur sein, schon im
Frieden diejenigen Machtmittel in hoher Bereitschaft zu halten, die in erster
Linie für die Abwehr eines Angriffes in Betracht kommen und alle Vorkehrungen
zu treffen, um die rechtzeitige Fertigstellung des gesamten Verteidigungsapparates
im Kriegsfalle zu sichern. Im Zeitalter der Funkentelegraphie, der schnellen
Kreuzer und Torpedoboote, ist schnelle Bereitschaft alles.

Welche Rolle ein guter Küstenschutz im Verlaufe eines Krieges spielt,
darauf soll hier nicht näher eingegangen werden. Im Rahmen einer derartigen
Kriegführung wird er immer nur eine sekundäre Rolle spielen. Denn der
beste Küstenschutz allein kann die Unterbindung unseres Seehandels, der heute
bereits 70 Prozent unseres gesamten, 17 Milliarden betragenden deutschen
Handels ausmacht, und die Vernichtung unseres gesamten Wirtschaftslebens
nicht hindern.

Das vermag nur eine Flotte. Eine Flotte, die stark genug für die oben
skizzierten Aufgaben ist, die also wenigstens einem beträchtlichen Teil der
gegnerischen mit Erfolgsaussicht gegenübertreten kann. Stärkegleichheit mit dem
stärksten der möglichen Gegner ist nicht erforderlich. Die Unterlegenheit unserer
Flotte, deren Stärke nur unserem unabweisbaren Bedürfnisse angepaßt werden
soll, sichert die stärkste Seemacht gegen deutsche Angriffsabsichten, die niemand
bei uns hegt. Die dementsprechend erforderliche Stärke ist die beste
Friedensgarantie, eine Garantie, die uns auch der beste Küstenschutz nicht
verschaffen kann.




Ver Schutz der deutschen Rüste

möglich, daß er Vorteile erringt, die schwer wieder auszugleichen sind. Da
bleibt es Sache der Diplomatie, Stimmung und Spannung vorauszusühlen
und hiervon die verantwortlichen militärischen Behörden in Kenntnis zu
setzen, damit sie auch hiergegen durch besondere Maßnahmen sich sichern
können.

Sache der verantwortlichen militärischen Stelle kann nur sein, schon im
Frieden diejenigen Machtmittel in hoher Bereitschaft zu halten, die in erster
Linie für die Abwehr eines Angriffes in Betracht kommen und alle Vorkehrungen
zu treffen, um die rechtzeitige Fertigstellung des gesamten Verteidigungsapparates
im Kriegsfalle zu sichern. Im Zeitalter der Funkentelegraphie, der schnellen
Kreuzer und Torpedoboote, ist schnelle Bereitschaft alles.

Welche Rolle ein guter Küstenschutz im Verlaufe eines Krieges spielt,
darauf soll hier nicht näher eingegangen werden. Im Rahmen einer derartigen
Kriegführung wird er immer nur eine sekundäre Rolle spielen. Denn der
beste Küstenschutz allein kann die Unterbindung unseres Seehandels, der heute
bereits 70 Prozent unseres gesamten, 17 Milliarden betragenden deutschen
Handels ausmacht, und die Vernichtung unseres gesamten Wirtschaftslebens
nicht hindern.

Das vermag nur eine Flotte. Eine Flotte, die stark genug für die oben
skizzierten Aufgaben ist, die also wenigstens einem beträchtlichen Teil der
gegnerischen mit Erfolgsaussicht gegenübertreten kann. Stärkegleichheit mit dem
stärksten der möglichen Gegner ist nicht erforderlich. Die Unterlegenheit unserer
Flotte, deren Stärke nur unserem unabweisbaren Bedürfnisse angepaßt werden
soll, sichert die stärkste Seemacht gegen deutsche Angriffsabsichten, die niemand
bei uns hegt. Die dementsprechend erforderliche Stärke ist die beste
Friedensgarantie, eine Garantie, die uns auch der beste Küstenschutz nicht
verschaffen kann.




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[0120] Ver Schutz der deutschen Rüste möglich, daß er Vorteile erringt, die schwer wieder auszugleichen sind. Da bleibt es Sache der Diplomatie, Stimmung und Spannung vorauszusühlen und hiervon die verantwortlichen militärischen Behörden in Kenntnis zu setzen, damit sie auch hiergegen durch besondere Maßnahmen sich sichern können. Sache der verantwortlichen militärischen Stelle kann nur sein, schon im Frieden diejenigen Machtmittel in hoher Bereitschaft zu halten, die in erster Linie für die Abwehr eines Angriffes in Betracht kommen und alle Vorkehrungen zu treffen, um die rechtzeitige Fertigstellung des gesamten Verteidigungsapparates im Kriegsfalle zu sichern. Im Zeitalter der Funkentelegraphie, der schnellen Kreuzer und Torpedoboote, ist schnelle Bereitschaft alles. Welche Rolle ein guter Küstenschutz im Verlaufe eines Krieges spielt, darauf soll hier nicht näher eingegangen werden. Im Rahmen einer derartigen Kriegführung wird er immer nur eine sekundäre Rolle spielen. Denn der beste Küstenschutz allein kann die Unterbindung unseres Seehandels, der heute bereits 70 Prozent unseres gesamten, 17 Milliarden betragenden deutschen Handels ausmacht, und die Vernichtung unseres gesamten Wirtschaftslebens nicht hindern. Das vermag nur eine Flotte. Eine Flotte, die stark genug für die oben skizzierten Aufgaben ist, die also wenigstens einem beträchtlichen Teil der gegnerischen mit Erfolgsaussicht gegenübertreten kann. Stärkegleichheit mit dem stärksten der möglichen Gegner ist nicht erforderlich. Die Unterlegenheit unserer Flotte, deren Stärke nur unserem unabweisbaren Bedürfnisse angepaßt werden soll, sichert die stärkste Seemacht gegen deutsche Angriffsabsichten, die niemand bei uns hegt. Die dementsprechend erforderliche Stärke ist die beste Friedensgarantie, eine Garantie, die uns auch der beste Küstenschutz nicht verschaffen kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/120>, abgerufen am 01.01.2025.