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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Zusammenhang meiner Artikel während der Marokkokrise nicht gefolgert
werden kann.

Die Taktik der angegriffenen Blätter richtete sich indessen darauf,
dasjenige, was ich wirklich behauptet hatte, daß sie nämlich die öffentliche
Meinung irreführten, in den Hintergrund zu drängen, um so einer öffentlichen
Erörterung darüber zu entgehen. Sollte der Verlauf des Prozesses in
Essen mir die Gelegenheit geben, in dieser Beziehung nachzuholen, was
bisher aus von mir unabhängigen, prozessualer Gründen unterbleiben
mußte, so werde ich mit den nötigen Beweisen nicht zurückhalten. Keines der
beiden Blätter hat auch nur den Versuch gemacht, meinem Vorwurf fachlich
näher zu treten. Beide beschränken sich darauf, auch während des gerichtlichen
Verfahrens, mich und meine Zeitschrift schädigende Schimpfereien 'zu veröffent¬
lichen, und statt die ihnen gemachten Vorwürfe zu entkräften, zogen sie sich, ohne
die geringste Rücksicht auf die internationalen, das Ansehen unserer Negierung
im Auslande schädigenden Konsequenzen zu nehmen, auf das politische Gebiet
zurück. Sie bemühen sich, mit allen Mitteln aus der Angelegenheit eine poli¬
tische Sensation zu machen und zwar auf Kosten der Regierung, der sie gern
ihre eigenen Wünsche, wie die Besetzung Marokkos, als Absicht unterschieben möchten.
Schon vor Weihnachten verkündeten meine Gegner, den Prozeß in erster Linie dazu
benutzen zu wollen, um nichts weniger zu erreichen, als Herrn v. Kiderlen
aus seinem Amte zu entfernen. Doch um ihre eigene Agitation zu bemänteln,
hat die Tägliche Rundschau die Stirn, zu behaupten, ich sei es gewesen, der
den Staatssekretär in das gerichtliche Verfahren hineingezerrt habe!

Die Möglichkeit, einen einfachen Beleidigungsprozeß zu einem poli¬
tischen auszugestalten, ist meinen Gegnern gegeben durch die zwischen Herrn
v. Kiderlen und dem Vorsitzenden des Altdeutschen Verbandes schwebenden Mi߬
verständnisse. Die Grenzboten haben mit diesen: Streit nichts zu tun. Sie
sind weder das Leiborgan des Herrn v. Kiderlen, noch von diesem jemals zu
irgendeiner Aktion politischer oder persönlicher Art aufgefordert worden. Die
Tägliche Rundschau behauptet zwar, Herr v. Kiderlen sei durch mich über die
von Herrn Nippler organisierte Journalistenversammlung unterrichtet worden;
doch das ist unwahr! Ich kenne die Quellen nicht, wenigstens nicht alle, aus
denen ein Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich über Vorgänge im deutschen
Inlande unterrichtet. Das aber kann ich behaupten, daß Herr v. Kiderlen
über jene Versammlung bereits orientiert war, als ich ini Spätherbst das erste
Mal Gelegenheit hatte, mit ihm darüber zu sprechen. Somit steht wohl auch
fest, daß Herr v. Kiderlen Gelegenheit hatte, die entsprechenden Angaben der
Grenzboten aus amtlichen Material nachzuprüfen, ehe er in der Reichstags¬
kommission auf den Artikel der Grenzboten hinwies. Weiter wird behauptet,
mein Artikel in Heft 36 habe vor seinem Erscheinen Herrn v. Kiderlen zur
Begutachtung vorgelegen oder sei gar von ihm inspiriert worden. Auch hierzu
kann ich versichern, daß diese Behauptungen von A bis Z unwahr sind. Die


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Zusammenhang meiner Artikel während der Marokkokrise nicht gefolgert
werden kann.

Die Taktik der angegriffenen Blätter richtete sich indessen darauf,
dasjenige, was ich wirklich behauptet hatte, daß sie nämlich die öffentliche
Meinung irreführten, in den Hintergrund zu drängen, um so einer öffentlichen
Erörterung darüber zu entgehen. Sollte der Verlauf des Prozesses in
Essen mir die Gelegenheit geben, in dieser Beziehung nachzuholen, was
bisher aus von mir unabhängigen, prozessualer Gründen unterbleiben
mußte, so werde ich mit den nötigen Beweisen nicht zurückhalten. Keines der
beiden Blätter hat auch nur den Versuch gemacht, meinem Vorwurf fachlich
näher zu treten. Beide beschränken sich darauf, auch während des gerichtlichen
Verfahrens, mich und meine Zeitschrift schädigende Schimpfereien 'zu veröffent¬
lichen, und statt die ihnen gemachten Vorwürfe zu entkräften, zogen sie sich, ohne
die geringste Rücksicht auf die internationalen, das Ansehen unserer Negierung
im Auslande schädigenden Konsequenzen zu nehmen, auf das politische Gebiet
zurück. Sie bemühen sich, mit allen Mitteln aus der Angelegenheit eine poli¬
tische Sensation zu machen und zwar auf Kosten der Regierung, der sie gern
ihre eigenen Wünsche, wie die Besetzung Marokkos, als Absicht unterschieben möchten.
Schon vor Weihnachten verkündeten meine Gegner, den Prozeß in erster Linie dazu
benutzen zu wollen, um nichts weniger zu erreichen, als Herrn v. Kiderlen
aus seinem Amte zu entfernen. Doch um ihre eigene Agitation zu bemänteln,
hat die Tägliche Rundschau die Stirn, zu behaupten, ich sei es gewesen, der
den Staatssekretär in das gerichtliche Verfahren hineingezerrt habe!

Die Möglichkeit, einen einfachen Beleidigungsprozeß zu einem poli¬
tischen auszugestalten, ist meinen Gegnern gegeben durch die zwischen Herrn
v. Kiderlen und dem Vorsitzenden des Altdeutschen Verbandes schwebenden Mi߬
verständnisse. Die Grenzboten haben mit diesen: Streit nichts zu tun. Sie
sind weder das Leiborgan des Herrn v. Kiderlen, noch von diesem jemals zu
irgendeiner Aktion politischer oder persönlicher Art aufgefordert worden. Die
Tägliche Rundschau behauptet zwar, Herr v. Kiderlen sei durch mich über die
von Herrn Nippler organisierte Journalistenversammlung unterrichtet worden;
doch das ist unwahr! Ich kenne die Quellen nicht, wenigstens nicht alle, aus
denen ein Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich über Vorgänge im deutschen
Inlande unterrichtet. Das aber kann ich behaupten, daß Herr v. Kiderlen
über jene Versammlung bereits orientiert war, als ich ini Spätherbst das erste
Mal Gelegenheit hatte, mit ihm darüber zu sprechen. Somit steht wohl auch
fest, daß Herr v. Kiderlen Gelegenheit hatte, die entsprechenden Angaben der
Grenzboten aus amtlichen Material nachzuprüfen, ehe er in der Reichstags¬
kommission auf den Artikel der Grenzboten hinwies. Weiter wird behauptet,
mein Artikel in Heft 36 habe vor seinem Erscheinen Herrn v. Kiderlen zur
Begutachtung vorgelegen oder sei gar von ihm inspiriert worden. Auch hierzu
kann ich versichern, daß diese Behauptungen von A bis Z unwahr sind. Die


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[0102] Zveichsspicgel Zusammenhang meiner Artikel während der Marokkokrise nicht gefolgert werden kann. Die Taktik der angegriffenen Blätter richtete sich indessen darauf, dasjenige, was ich wirklich behauptet hatte, daß sie nämlich die öffentliche Meinung irreführten, in den Hintergrund zu drängen, um so einer öffentlichen Erörterung darüber zu entgehen. Sollte der Verlauf des Prozesses in Essen mir die Gelegenheit geben, in dieser Beziehung nachzuholen, was bisher aus von mir unabhängigen, prozessualer Gründen unterbleiben mußte, so werde ich mit den nötigen Beweisen nicht zurückhalten. Keines der beiden Blätter hat auch nur den Versuch gemacht, meinem Vorwurf fachlich näher zu treten. Beide beschränken sich darauf, auch während des gerichtlichen Verfahrens, mich und meine Zeitschrift schädigende Schimpfereien 'zu veröffent¬ lichen, und statt die ihnen gemachten Vorwürfe zu entkräften, zogen sie sich, ohne die geringste Rücksicht auf die internationalen, das Ansehen unserer Negierung im Auslande schädigenden Konsequenzen zu nehmen, auf das politische Gebiet zurück. Sie bemühen sich, mit allen Mitteln aus der Angelegenheit eine poli¬ tische Sensation zu machen und zwar auf Kosten der Regierung, der sie gern ihre eigenen Wünsche, wie die Besetzung Marokkos, als Absicht unterschieben möchten. Schon vor Weihnachten verkündeten meine Gegner, den Prozeß in erster Linie dazu benutzen zu wollen, um nichts weniger zu erreichen, als Herrn v. Kiderlen aus seinem Amte zu entfernen. Doch um ihre eigene Agitation zu bemänteln, hat die Tägliche Rundschau die Stirn, zu behaupten, ich sei es gewesen, der den Staatssekretär in das gerichtliche Verfahren hineingezerrt habe! Die Möglichkeit, einen einfachen Beleidigungsprozeß zu einem poli¬ tischen auszugestalten, ist meinen Gegnern gegeben durch die zwischen Herrn v. Kiderlen und dem Vorsitzenden des Altdeutschen Verbandes schwebenden Mi߬ verständnisse. Die Grenzboten haben mit diesen: Streit nichts zu tun. Sie sind weder das Leiborgan des Herrn v. Kiderlen, noch von diesem jemals zu irgendeiner Aktion politischer oder persönlicher Art aufgefordert worden. Die Tägliche Rundschau behauptet zwar, Herr v. Kiderlen sei durch mich über die von Herrn Nippler organisierte Journalistenversammlung unterrichtet worden; doch das ist unwahr! Ich kenne die Quellen nicht, wenigstens nicht alle, aus denen ein Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich über Vorgänge im deutschen Inlande unterrichtet. Das aber kann ich behaupten, daß Herr v. Kiderlen über jene Versammlung bereits orientiert war, als ich ini Spätherbst das erste Mal Gelegenheit hatte, mit ihm darüber zu sprechen. Somit steht wohl auch fest, daß Herr v. Kiderlen Gelegenheit hatte, die entsprechenden Angaben der Grenzboten aus amtlichen Material nachzuprüfen, ehe er in der Reichstags¬ kommission auf den Artikel der Grenzboten hinwies. Weiter wird behauptet, mein Artikel in Heft 36 habe vor seinem Erscheinen Herrn v. Kiderlen zur Begutachtung vorgelegen oder sei gar von ihm inspiriert worden. Auch hierzu kann ich versichern, daß diese Behauptungen von A bis Z unwahr sind. Die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/102>, abgerufen am 20.10.2024.