Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Stanislawski und das Moskaner "Künstlerische Theater" im Westen nach Maßgabe eines von der Genossenschaft abgeschlossenen Ver¬ Die Ansicht, daß die Seßhaftmachung der Arbeiter heute "verlorene Liebes¬ Stanislawski und das Moskaner "Künstlerische Theater" Edgar Mesching von Dr. Arthur Ivestxhal- Mit einem Vorwort von er nachstehende Aufsatz bedarf zur Einführung beim deutschen Lese¬ Stanislawski und das Moskaner „Künstlerische Theater" im Westen nach Maßgabe eines von der Genossenschaft abgeschlossenen Ver¬ Die Ansicht, daß die Seßhaftmachung der Arbeiter heute „verlorene Liebes¬ Stanislawski und das Moskaner „Künstlerische Theater" Edgar Mesching von Dr. Arthur Ivestxhal- Mit einem Vorwort von er nachstehende Aufsatz bedarf zur Einführung beim deutschen Lese¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320232"/> <fw type="header" place="top"> Stanislawski und das Moskaner „Künstlerische Theater"</fw><lb/> <p xml:id="ID_2715" prev="#ID_2714"> im Westen nach Maßgabe eines von der Genossenschaft abgeschlossenen Ver¬<lb/> trages. Das ist doch eine Entwicklungsmöglichkeit, hinter der der Ausblick auf<lb/> Begründung einer Sachsengängerei zurückstehen muß und der sich der Gedanke<lb/> anschließt, daß einst aus deutschen Sachsengängern deutsche Bauern werden<lb/> können. Es wird nichts anderes geschaffen, als schon in vielen Teilen Deutsch¬<lb/> lands, z. B. in der Eifel und auf dem Hunsrück, besteht. Zum Teil ist auch<lb/> die Sachsengängerei aus betriebstechnischen Rücksichten, z. B. für Rübenbau,<lb/> ganz unvermeidlich und wird eine dauernde Institution bleiben, solange und<lb/> soweit in der Landwirtschaft ein intensiver Betrieb herrscht. Man fragt wohl<lb/> in oberflächlicher Besorgnis auch hier, wo das für die Anstedlung von Arbeitern<lb/> geeignete Menschenmaterial hergenommen werden soll, und übersieht dabei, daß<lb/> es sich, abgesehen von den zurückströmenden Deutschrussen, zunächst darum<lb/> handelt, die ländlichen Arbeiter, welche jährlich sonst in die Städte und Jndustrie-<lb/> bezirke abströmen, zurückzuhalten und daß sür die Zukunft der Menschenüberschuß<lb/> in Deutschland reichliche Auswahl gestatten wird. Es darf nur nicht von heute<lb/> auf morgen, sondern es muß mit zwanzig Jahren und mehr gerechnet werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2716"> Die Ansicht, daß die Seßhaftmachung der Arbeiter heute „verlorene Liebes¬<lb/> müh" sei und durch den ausländischen Schnitter verhindert werde, ist demnach<lb/> doch nur bedingt als richtig anzuerkennen. Möglich nicht nur, sondern auch<lb/> ohne erhebliche Schwierigkeiten ist die Anstedlung der Arbeiter durchführbar.<lb/> Nur kommt es auf den geeigneten örtlichen oder provinziellen Organisator und<lb/> auf die Befreiung der Ansiedlungsidee von einem unfruchtbaren Maß theo¬<lb/> retischer Rücksichten gegenüber dem Siedlungslustigen an. Ist ihm Sicherheit<lb/> sür dauernde Arbeit gewährleistet, so mag man das Übrige ruhig der Entwick¬<lb/> lung überlassen. Sie ist oft viel einfacher und natürlicher, als es sich die<lb/> Lehrmeister in ihrer Voraussage träumen lassen. Der beste Schutz des deutschen<lb/> ländlichen Arbeiters liegt in seiner Seßhaftmachung.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Stanislawski<lb/> und das Moskaner „Künstlerische Theater"<lb/><note type="byline"> Edgar Mesching</note> von <note type="byline"> Dr. Arthur Ivestxhal-</note> Mit einem Vorwort von</head><lb/> <p xml:id="ID_2717" next="#ID_2718"> er nachstehende Aufsatz bedarf zur Einführung beim deutschen Lese¬<lb/> publikum einiger erklärender Bemerkungen. Stanislawski, der<lb/> Gründer und Leiter des Moskaner „Künstlerischen Theaters", ist<lb/> allerdings für das westliche Europa und insbesondere für Deutsch¬<lb/> land kein Unbekannter mehr. Es sind vier oder fünf Jahre her,<lb/> eit er wie ein Triumphator durch unsere großen Theaterstädte zog und bei^</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0631]
Stanislawski und das Moskaner „Künstlerische Theater"
im Westen nach Maßgabe eines von der Genossenschaft abgeschlossenen Ver¬
trages. Das ist doch eine Entwicklungsmöglichkeit, hinter der der Ausblick auf
Begründung einer Sachsengängerei zurückstehen muß und der sich der Gedanke
anschließt, daß einst aus deutschen Sachsengängern deutsche Bauern werden
können. Es wird nichts anderes geschaffen, als schon in vielen Teilen Deutsch¬
lands, z. B. in der Eifel und auf dem Hunsrück, besteht. Zum Teil ist auch
die Sachsengängerei aus betriebstechnischen Rücksichten, z. B. für Rübenbau,
ganz unvermeidlich und wird eine dauernde Institution bleiben, solange und
soweit in der Landwirtschaft ein intensiver Betrieb herrscht. Man fragt wohl
in oberflächlicher Besorgnis auch hier, wo das für die Anstedlung von Arbeitern
geeignete Menschenmaterial hergenommen werden soll, und übersieht dabei, daß
es sich, abgesehen von den zurückströmenden Deutschrussen, zunächst darum
handelt, die ländlichen Arbeiter, welche jährlich sonst in die Städte und Jndustrie-
bezirke abströmen, zurückzuhalten und daß sür die Zukunft der Menschenüberschuß
in Deutschland reichliche Auswahl gestatten wird. Es darf nur nicht von heute
auf morgen, sondern es muß mit zwanzig Jahren und mehr gerechnet werden.
Die Ansicht, daß die Seßhaftmachung der Arbeiter heute „verlorene Liebes¬
müh" sei und durch den ausländischen Schnitter verhindert werde, ist demnach
doch nur bedingt als richtig anzuerkennen. Möglich nicht nur, sondern auch
ohne erhebliche Schwierigkeiten ist die Anstedlung der Arbeiter durchführbar.
Nur kommt es auf den geeigneten örtlichen oder provinziellen Organisator und
auf die Befreiung der Ansiedlungsidee von einem unfruchtbaren Maß theo¬
retischer Rücksichten gegenüber dem Siedlungslustigen an. Ist ihm Sicherheit
sür dauernde Arbeit gewährleistet, so mag man das Übrige ruhig der Entwick¬
lung überlassen. Sie ist oft viel einfacher und natürlicher, als es sich die
Lehrmeister in ihrer Voraussage träumen lassen. Der beste Schutz des deutschen
ländlichen Arbeiters liegt in seiner Seßhaftmachung.
Stanislawski
und das Moskaner „Künstlerische Theater"
Edgar Mesching von Dr. Arthur Ivestxhal- Mit einem Vorwort von
er nachstehende Aufsatz bedarf zur Einführung beim deutschen Lese¬
publikum einiger erklärender Bemerkungen. Stanislawski, der
Gründer und Leiter des Moskaner „Künstlerischen Theaters", ist
allerdings für das westliche Europa und insbesondere für Deutsch¬
land kein Unbekannter mehr. Es sind vier oder fünf Jahre her,
eit er wie ein Triumphator durch unsere großen Theaterstädte zog und bei^
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