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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Schutz dem deutschen Arbeiter in der Landwirtschaft
Von Lmidrcit a. D. v. Dewitz

H^IMS"
'Ä^^WMer Schutz des deutschen Arbeiters auf dem Lande") liegt vorzugsweise
in der Eröffnung freier Bahn zum Erwerb einer Haus-und Landstelle
mit theoretisch freiem Selbstbestimmungsrecht über die Verwertung
der eigenen Arbeitskraft. Die Ansiedlung selbständiger Arbeiter ist
^ seit Jahren von Theorie und Praxis allgemein gefordert worden.
Überall wird anerkannt, daß dieLandfluchtder Arbeiter in dieStädte und industriellen
Bezirke nicht weniger eine Schwächung der Volkskraft und Volksgesundheit wie eine
zunehmende Trübung des nationalen und sozialen Empfindungslebens in den
Arbeiterkreisen nach sich ziehe. ManmaltdenkritischenMoment für dieLandwirtschaft,
in dem der Zuzug ausländischer Arbeiter unterbunden wird, mit den grellsten
Farben an die Wand. Der ländliche Arbeitgeber beklagt sich bitter, wenn er
seine Ernte aus Mangel an Arbeitskräften nicht bewerkstelligen kann, und weist
mit Ingrimm auf die Nichtstuer hin, die arbeitslos in den Städten herum¬
lungern. Es wird auch die Berechtigung der Freizügigkeit angezweifelt, ja die
extremen Vertreter des eigenen Geldbeutels würden selbst nicht vor Zwangs¬
maßregeln anderer Art zurückschrecken, wenn sie nicht fürchteten, als töricht
beurteilt zu werden. Da ist es verdienstvoll, wenn die Frage der Seßhast-
machung der Arbeiter wieder von Dr. Schiele und seinem sachverständigen
Kronzeugen, dem Amtsrat Käufer, angeregt worden ist. Es gibt unter den
heutigen Verhältnissen keinen größeren Fehler in politischer wie sozialer Rich¬
tung als die Vernachlässigung dieser Frage. Lasse man einmal das Interesse
des Arbeitgebers ganz beiseite; er könnte ja persönlich vorgehen, obgleich
anzuerkennen ist, daß ihm eine solche Absicht durch Rechts- und Privatverhält-



Vgl. dazu den Aufsatz "Schutz den, deutschen Arbeiter in Industrie und Verkehr"
Die Schriftltg. in Heft 50.
Grenzboten IV 1911 7"


Schutz dem deutschen Arbeiter in der Landwirtschaft
Von Lmidrcit a. D. v. Dewitz

H^IMS»
'Ä^^WMer Schutz des deutschen Arbeiters auf dem Lande") liegt vorzugsweise
in der Eröffnung freier Bahn zum Erwerb einer Haus-und Landstelle
mit theoretisch freiem Selbstbestimmungsrecht über die Verwertung
der eigenen Arbeitskraft. Die Ansiedlung selbständiger Arbeiter ist
^ seit Jahren von Theorie und Praxis allgemein gefordert worden.
Überall wird anerkannt, daß dieLandfluchtder Arbeiter in dieStädte und industriellen
Bezirke nicht weniger eine Schwächung der Volkskraft und Volksgesundheit wie eine
zunehmende Trübung des nationalen und sozialen Empfindungslebens in den
Arbeiterkreisen nach sich ziehe. ManmaltdenkritischenMoment für dieLandwirtschaft,
in dem der Zuzug ausländischer Arbeiter unterbunden wird, mit den grellsten
Farben an die Wand. Der ländliche Arbeitgeber beklagt sich bitter, wenn er
seine Ernte aus Mangel an Arbeitskräften nicht bewerkstelligen kann, und weist
mit Ingrimm auf die Nichtstuer hin, die arbeitslos in den Städten herum¬
lungern. Es wird auch die Berechtigung der Freizügigkeit angezweifelt, ja die
extremen Vertreter des eigenen Geldbeutels würden selbst nicht vor Zwangs¬
maßregeln anderer Art zurückschrecken, wenn sie nicht fürchteten, als töricht
beurteilt zu werden. Da ist es verdienstvoll, wenn die Frage der Seßhast-
machung der Arbeiter wieder von Dr. Schiele und seinem sachverständigen
Kronzeugen, dem Amtsrat Käufer, angeregt worden ist. Es gibt unter den
heutigen Verhältnissen keinen größeren Fehler in politischer wie sozialer Rich¬
tung als die Vernachlässigung dieser Frage. Lasse man einmal das Interesse
des Arbeitgebers ganz beiseite; er könnte ja persönlich vorgehen, obgleich
anzuerkennen ist, daß ihm eine solche Absicht durch Rechts- und Privatverhält-



Vgl. dazu den Aufsatz „Schutz den, deutschen Arbeiter in Industrie und Verkehr"
Die Schriftltg. in Heft 50.
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[0625] [Abbildung] Schutz dem deutschen Arbeiter in der Landwirtschaft Von Lmidrcit a. D. v. Dewitz H^IMS» 'Ä^^WMer Schutz des deutschen Arbeiters auf dem Lande") liegt vorzugsweise in der Eröffnung freier Bahn zum Erwerb einer Haus-und Landstelle mit theoretisch freiem Selbstbestimmungsrecht über die Verwertung der eigenen Arbeitskraft. Die Ansiedlung selbständiger Arbeiter ist ^ seit Jahren von Theorie und Praxis allgemein gefordert worden. Überall wird anerkannt, daß dieLandfluchtder Arbeiter in dieStädte und industriellen Bezirke nicht weniger eine Schwächung der Volkskraft und Volksgesundheit wie eine zunehmende Trübung des nationalen und sozialen Empfindungslebens in den Arbeiterkreisen nach sich ziehe. ManmaltdenkritischenMoment für dieLandwirtschaft, in dem der Zuzug ausländischer Arbeiter unterbunden wird, mit den grellsten Farben an die Wand. Der ländliche Arbeitgeber beklagt sich bitter, wenn er seine Ernte aus Mangel an Arbeitskräften nicht bewerkstelligen kann, und weist mit Ingrimm auf die Nichtstuer hin, die arbeitslos in den Städten herum¬ lungern. Es wird auch die Berechtigung der Freizügigkeit angezweifelt, ja die extremen Vertreter des eigenen Geldbeutels würden selbst nicht vor Zwangs¬ maßregeln anderer Art zurückschrecken, wenn sie nicht fürchteten, als töricht beurteilt zu werden. Da ist es verdienstvoll, wenn die Frage der Seßhast- machung der Arbeiter wieder von Dr. Schiele und seinem sachverständigen Kronzeugen, dem Amtsrat Käufer, angeregt worden ist. Es gibt unter den heutigen Verhältnissen keinen größeren Fehler in politischer wie sozialer Rich¬ tung als die Vernachlässigung dieser Frage. Lasse man einmal das Interesse des Arbeitgebers ganz beiseite; er könnte ja persönlich vorgehen, obgleich anzuerkennen ist, daß ihm eine solche Absicht durch Rechts- und Privatverhält- Vgl. dazu den Aufsatz „Schutz den, deutschen Arbeiter in Industrie und Verkehr" Die Schriftltg. in Heft 50. Grenzboten IV 1911 7«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/625>, abgerufen am 23.07.2024.