Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Aus B, R, Abekens Nachlaß N.S. Alles soll so eingerichtet werden, wie Sie in Ihrem Brief an Luise Tausend herzlichen Gruß an alle, die Ihnen mit Leib und Seele, Geist Darf ich, theuerste Freundin! meiner eigennützigen Zusage noch eine kleine, Luise bittet um Entschuldigung, daß sie erst morgen schreiben kann -- Abeken an Krause. 1810 April 8. Weimar. Da fällt mir ein Gedicht in die Hände, was Göthe vorige Woche zum Welche schöne Tmesis! -- Wielands Tochter Amalie, Witwe des 1792 gestorbenen Diakonus Schorcht in Jena. Die folgenden Verse bezeugen in ihrem Humor das heiter-herzliche Verhältnis Goethes
zu dem Besungenen, dem seit 1808 in den Ruhestand getretenen Sachsen - Altenburgischen Minister Freiherrn August Friedrich Karl v, Megesar auf Drakendorf bei Jena (1746--1813), dem Vater von Goethes anmutiger junger Freundin Silvie. Sein Geburtstag fiel auf den 6. April, unter dem Goethe, der sich damals in Jena aufhielt, in seinem Tagebuch vermerkt: "Um 11 Uhr nach Drakendorf, wo sich zum Geburtstag des Herrn v. Ziegesar große Gesell¬ schaft eingefunden. Abends zurück". Vielleicht wurde das Gedicht auf den Wunsch Silviens als geistiger Schmuck des großen, lichtcrbesteckten Geburtstagskuchens verfaßt. In den gleich¬ zeitigen Briefen wird des Familienfestes in Drakendorf nicht gedacht, doch mag es allenfalls mit gemeint sein, wenn Knebel am 3. April seiner Schwester Henriette berichtet (S, 429 des Briefwechsels): "Hier scheint es, wie in Weimar, in lauter conviviis fortzugehen. Madame Hanbury hat uns vorigen Sonntag herrlich regalirt. Gestern waren wir wieder gebeten, und so wird es wahrscheinlich die Woche fortgehen. Es geschieht hauptsächlich Goethe zu Gefallen, der dabei sehr munter ist." Aus B, R, Abekens Nachlaß N.S. Alles soll so eingerichtet werden, wie Sie in Ihrem Brief an Luise Tausend herzlichen Gruß an alle, die Ihnen mit Leib und Seele, Geist Darf ich, theuerste Freundin! meiner eigennützigen Zusage noch eine kleine, Luise bittet um Entschuldigung, daß sie erst morgen schreiben kann — Abeken an Krause. 1810 April 8. Weimar. Da fällt mir ein Gedicht in die Hände, was Göthe vorige Woche zum Welche schöne Tmesis! — Wielands Tochter Amalie, Witwe des 1792 gestorbenen Diakonus Schorcht in Jena. Die folgenden Verse bezeugen in ihrem Humor das heiter-herzliche Verhältnis Goethes
zu dem Besungenen, dem seit 1808 in den Ruhestand getretenen Sachsen - Altenburgischen Minister Freiherrn August Friedrich Karl v, Megesar auf Drakendorf bei Jena (1746—1813), dem Vater von Goethes anmutiger junger Freundin Silvie. Sein Geburtstag fiel auf den 6. April, unter dem Goethe, der sich damals in Jena aufhielt, in seinem Tagebuch vermerkt: „Um 11 Uhr nach Drakendorf, wo sich zum Geburtstag des Herrn v. Ziegesar große Gesell¬ schaft eingefunden. Abends zurück". Vielleicht wurde das Gedicht auf den Wunsch Silviens als geistiger Schmuck des großen, lichtcrbesteckten Geburtstagskuchens verfaßt. In den gleich¬ zeitigen Briefen wird des Familienfestes in Drakendorf nicht gedacht, doch mag es allenfalls mit gemeint sein, wenn Knebel am 3. April seiner Schwester Henriette berichtet (S, 429 des Briefwechsels): „Hier scheint es, wie in Weimar, in lauter conviviis fortzugehen. Madame Hanbury hat uns vorigen Sonntag herrlich regalirt. Gestern waren wir wieder gebeten, und so wird es wahrscheinlich die Woche fortgehen. Es geschieht hauptsächlich Goethe zu Gefallen, der dabei sehr munter ist." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0590" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320191"/> <fw type="header" place="top"> Aus B, R, Abekens Nachlaß</fw><lb/> <p xml:id="ID_2507"> N.S. Alles soll so eingerichtet werden, wie Sie in Ihrem Brief an Luise<lb/> angeordnet haben — ich komme mit unserer guten Schorchten*), die ich dadurch<lb/> glücklich mache, und der Wagen, der uns von Jena zurückbringt, soll Ihnen<lb/> Ihre treuliebende Tochter Luise Wieland zuführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2508"> Tausend herzlichen Gruß an alle, die Ihnen mit Leib und Seele, Geist<lb/> und Herzen angehören.</p><lb/> <p xml:id="ID_2509"> Darf ich, theuerste Freundin! meiner eigennützigen Zusage noch eine kleine,<lb/> aber ernstlich gemeinte Bedingung anhängen? so ist es diese: mich künftig nicht<lb/> mehr wie einen vornehmen Gast — Mitglied der Ehrenlegion und des Sanct-<lb/> Annen-Ordens, Ritter von der 2ten Classe pp. pp., sondern wie ein ordent¬<lb/> liches Mitglied Ihres Hauses zu betrachten und zu behandeln wie einen<lb/> alten Hausfreund und Spiritus kamiliaris, der sich's in den Kopf gesetzt hat,<lb/> daß alle Decorationen, womit ihn alle Scheichs, Sultane, Kaiser und Selbst¬<lb/> herrscher der Welt beehren können — tief unter der Ehre sind, von Ihnen<lb/> unter die Ihrigen gezählt zu werden, und als solcher mit Ihnen zu leben<lb/> und zu weben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2510"> Luise bittet um Entschuldigung, daß sie erst morgen schreiben kann —<lb/> heute wurde sie durch eine musikalische Lehrstunde daran gehindert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2511"> Abeken an Krause. 1810 April 8. Weimar.</p><lb/> <p xml:id="ID_2512"> Da fällt mir ein Gedicht in die Hände, was Göthe vorige Woche zum<lb/> Geburtstage gemacht hat. Hier ein paar Strophen:**)</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_57" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_2513"> Welche schöne Tmesis! —</p><lb/> <note xml:id="FID_56" place="foot"> Wielands Tochter Amalie, Witwe des 1792 gestorbenen Diakonus Schorcht in Jena.</note><lb/> <note xml:id="FID_57" place="foot"> Die folgenden Verse bezeugen in ihrem Humor das heiter-herzliche Verhältnis Goethes<lb/> zu dem Besungenen, dem seit 1808 in den Ruhestand getretenen Sachsen - Altenburgischen<lb/> Minister Freiherrn August Friedrich Karl v, Megesar auf Drakendorf bei Jena (1746—1813),<lb/> dem Vater von Goethes anmutiger junger Freundin Silvie. Sein Geburtstag fiel auf den<lb/> 6. April, unter dem Goethe, der sich damals in Jena aufhielt, in seinem Tagebuch vermerkt:<lb/> „Um 11 Uhr nach Drakendorf, wo sich zum Geburtstag des Herrn v. Ziegesar große Gesell¬<lb/> schaft eingefunden. Abends zurück". Vielleicht wurde das Gedicht auf den Wunsch Silviens<lb/> als geistiger Schmuck des großen, lichtcrbesteckten Geburtstagskuchens verfaßt. In den gleich¬<lb/> zeitigen Briefen wird des Familienfestes in Drakendorf nicht gedacht, doch mag es allenfalls<lb/> mit gemeint sein, wenn Knebel am 3. April seiner Schwester Henriette berichtet (S, 429 des<lb/> Briefwechsels): „Hier scheint es, wie in Weimar, in lauter conviviis fortzugehen. Madame<lb/> Hanbury hat uns vorigen Sonntag herrlich regalirt. Gestern waren wir wieder gebeten, und<lb/> so wird es wahrscheinlich die Woche fortgehen. Es geschieht hauptsächlich Goethe zu Gefallen,<lb/> der dabei sehr munter ist."</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0590]
Aus B, R, Abekens Nachlaß
N.S. Alles soll so eingerichtet werden, wie Sie in Ihrem Brief an Luise
angeordnet haben — ich komme mit unserer guten Schorchten*), die ich dadurch
glücklich mache, und der Wagen, der uns von Jena zurückbringt, soll Ihnen
Ihre treuliebende Tochter Luise Wieland zuführen.
Tausend herzlichen Gruß an alle, die Ihnen mit Leib und Seele, Geist
und Herzen angehören.
Darf ich, theuerste Freundin! meiner eigennützigen Zusage noch eine kleine,
aber ernstlich gemeinte Bedingung anhängen? so ist es diese: mich künftig nicht
mehr wie einen vornehmen Gast — Mitglied der Ehrenlegion und des Sanct-
Annen-Ordens, Ritter von der 2ten Classe pp. pp., sondern wie ein ordent¬
liches Mitglied Ihres Hauses zu betrachten und zu behandeln wie einen
alten Hausfreund und Spiritus kamiliaris, der sich's in den Kopf gesetzt hat,
daß alle Decorationen, womit ihn alle Scheichs, Sultane, Kaiser und Selbst¬
herrscher der Welt beehren können — tief unter der Ehre sind, von Ihnen
unter die Ihrigen gezählt zu werden, und als solcher mit Ihnen zu leben
und zu weben.
Luise bittet um Entschuldigung, daß sie erst morgen schreiben kann —
heute wurde sie durch eine musikalische Lehrstunde daran gehindert.
Abeken an Krause. 1810 April 8. Weimar.
Da fällt mir ein Gedicht in die Hände, was Göthe vorige Woche zum
Geburtstage gemacht hat. Hier ein paar Strophen:**)
Welche schöne Tmesis! —
Wielands Tochter Amalie, Witwe des 1792 gestorbenen Diakonus Schorcht in Jena.
Die folgenden Verse bezeugen in ihrem Humor das heiter-herzliche Verhältnis Goethes
zu dem Besungenen, dem seit 1808 in den Ruhestand getretenen Sachsen - Altenburgischen
Minister Freiherrn August Friedrich Karl v, Megesar auf Drakendorf bei Jena (1746—1813),
dem Vater von Goethes anmutiger junger Freundin Silvie. Sein Geburtstag fiel auf den
6. April, unter dem Goethe, der sich damals in Jena aufhielt, in seinem Tagebuch vermerkt:
„Um 11 Uhr nach Drakendorf, wo sich zum Geburtstag des Herrn v. Ziegesar große Gesell¬
schaft eingefunden. Abends zurück". Vielleicht wurde das Gedicht auf den Wunsch Silviens
als geistiger Schmuck des großen, lichtcrbesteckten Geburtstagskuchens verfaßt. In den gleich¬
zeitigen Briefen wird des Familienfestes in Drakendorf nicht gedacht, doch mag es allenfalls
mit gemeint sein, wenn Knebel am 3. April seiner Schwester Henriette berichtet (S, 429 des
Briefwechsels): „Hier scheint es, wie in Weimar, in lauter conviviis fortzugehen. Madame
Hanbury hat uns vorigen Sonntag herrlich regalirt. Gestern waren wir wieder gebeten, und
so wird es wahrscheinlich die Woche fortgehen. Es geschieht hauptsächlich Goethe zu Gefallen,
der dabei sehr munter ist."
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