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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Aus B. R, Abekens Nachlaß

wie Eckermann ihn uns geschildert hat und Schwerdgeburths Zeichnung ihn
darstellt. Um so beachtenswerter und größer ist das Verdienst Abekens, daß
er, so viel ich sehe, als erster (nach Goethe selbst) den Versuch wagte, auf
Grund des damals vorliegenden Briefmaterials das Bild des "jungen" Goethe
zu zeichnen.

Auf die kleineren, Goethe und seine Zeit betreffenden Arbeiten Abekens kann
hier nicht näher eingegangen werden, ihre bloße Aufzählung würde einen großen
Raum einnehmen. Wie er selbst manche Briefe Goethes zum ersten Mal ver¬
öffentlicht hat (an Justus Mösers Tochter Jenny v. Voigts, an die Marquise
Branconi u. a.), so würdigte er die großen Briefwechsel Goethes mit Schiller,
mit Zelter, mit Knebel und das Briefbuch Kestners .Goethe und Werther' alsbald
nach deren Erscheinen in ausführlichen, gehaltvollen Besprechungen, ebenso die
Ausgabe letzter Hand von Goethes Werken, den Zweiten Teil des.Faust' und
Falls nachgelassene Schrift,Goethe aus näherm persönlichen Umgange dargestellt'.

Ob Abeken noch die Absicht gehabt hat, die reichen Schätze seiner Familien¬
papiere, seiner Autographen-Sammlung, seine Briefwechsel mit Freunden und
andere, zumeist aus der Goethe-Schiller-Epoche stammende oder auf sie sich
beziehenden Handschriften für eine Veröffentlichung zu verwerten, ist mir un¬
bekannt; jedenfalls ist er nicht dazu gekommen, und so blieb diese Aufgabe den
Besitzern seines Nachlasses anheim gegeben.

Leider ist dieser wertvolle litterarische Nachlaß in beklagenswerter Weise
zersplittert worden. Einen der wichtigsten Teile: die Briefe der Freunde Heinrich
Voß und Johann Dieterich Gries an Abeken, hat die Königliche Öffentliche
Bibliothek zu Dresden durch Kauf erworben; aus den Voß-Briefen hat zuerst
der Freiherr Woldemar von Biedermann einiges in sein großes Werk .Goethes
Gespräche' aufgenommen; sodann konnte ich selbst manches für mein Büchlein
.Goethe und Schiller in Briefen von Heinrich Voß' (Leipzig, Neclcnn ^1896^)
benutzen. Ein zweiter Teil: die Briefe von Heinrich Vossens Mutter Ernestine
an Abeken (der jetzige Besitzer ist mir unbekannt), sind von Friedrich Polle
1882/3 in den Programmen des Vitzthumschen Gymnasiums zu Dresden ver¬
öffentlicht worden. Ein dritter Teil: Abekens Autographen-Sammlung, befindet
sich im Besitz des Großkaufmanns Herrn Friedrich Broicher in London; aus ihr
hat Albrecht Wagner Briefe des Kanzlers von Müller an Abeken und anderes
bekannt gemacht (Beilage zur Allgemeinen Zeitung, München 1905 März 29/30,
Ur. 74/5; Euphorion 12, 435). Ein vierter Teil: Handschriften, auf Schiller,
dessen Familie und die Familie von Wolzogen bezüglich, bildet eine Abteilung
der Culemannschen Autographen-Sammlung im Kestner-Museum zu Hannover;
aus diesen Beständen hat Karl Ende 1905 (im Euphorion 12, 364) einige
Briefe veröffentlicht. Einen fünften Teil besitzt das Goethe- und Schiller-Archiv
zu Weimar als Geschenk der Frau von Olfers; und ein sechster Teil endlich
befand sich im Besitz des 1910 verstorbenen Schulrath Dr. Heuernrann in Osnabrück,
eines Großneffen Abekens.


Aus B. R, Abekens Nachlaß

wie Eckermann ihn uns geschildert hat und Schwerdgeburths Zeichnung ihn
darstellt. Um so beachtenswerter und größer ist das Verdienst Abekens, daß
er, so viel ich sehe, als erster (nach Goethe selbst) den Versuch wagte, auf
Grund des damals vorliegenden Briefmaterials das Bild des „jungen" Goethe
zu zeichnen.

Auf die kleineren, Goethe und seine Zeit betreffenden Arbeiten Abekens kann
hier nicht näher eingegangen werden, ihre bloße Aufzählung würde einen großen
Raum einnehmen. Wie er selbst manche Briefe Goethes zum ersten Mal ver¬
öffentlicht hat (an Justus Mösers Tochter Jenny v. Voigts, an die Marquise
Branconi u. a.), so würdigte er die großen Briefwechsel Goethes mit Schiller,
mit Zelter, mit Knebel und das Briefbuch Kestners .Goethe und Werther' alsbald
nach deren Erscheinen in ausführlichen, gehaltvollen Besprechungen, ebenso die
Ausgabe letzter Hand von Goethes Werken, den Zweiten Teil des.Faust' und
Falls nachgelassene Schrift,Goethe aus näherm persönlichen Umgange dargestellt'.

Ob Abeken noch die Absicht gehabt hat, die reichen Schätze seiner Familien¬
papiere, seiner Autographen-Sammlung, seine Briefwechsel mit Freunden und
andere, zumeist aus der Goethe-Schiller-Epoche stammende oder auf sie sich
beziehenden Handschriften für eine Veröffentlichung zu verwerten, ist mir un¬
bekannt; jedenfalls ist er nicht dazu gekommen, und so blieb diese Aufgabe den
Besitzern seines Nachlasses anheim gegeben.

Leider ist dieser wertvolle litterarische Nachlaß in beklagenswerter Weise
zersplittert worden. Einen der wichtigsten Teile: die Briefe der Freunde Heinrich
Voß und Johann Dieterich Gries an Abeken, hat die Königliche Öffentliche
Bibliothek zu Dresden durch Kauf erworben; aus den Voß-Briefen hat zuerst
der Freiherr Woldemar von Biedermann einiges in sein großes Werk .Goethes
Gespräche' aufgenommen; sodann konnte ich selbst manches für mein Büchlein
.Goethe und Schiller in Briefen von Heinrich Voß' (Leipzig, Neclcnn ^1896^)
benutzen. Ein zweiter Teil: die Briefe von Heinrich Vossens Mutter Ernestine
an Abeken (der jetzige Besitzer ist mir unbekannt), sind von Friedrich Polle
1882/3 in den Programmen des Vitzthumschen Gymnasiums zu Dresden ver¬
öffentlicht worden. Ein dritter Teil: Abekens Autographen-Sammlung, befindet
sich im Besitz des Großkaufmanns Herrn Friedrich Broicher in London; aus ihr
hat Albrecht Wagner Briefe des Kanzlers von Müller an Abeken und anderes
bekannt gemacht (Beilage zur Allgemeinen Zeitung, München 1905 März 29/30,
Ur. 74/5; Euphorion 12, 435). Ein vierter Teil: Handschriften, auf Schiller,
dessen Familie und die Familie von Wolzogen bezüglich, bildet eine Abteilung
der Culemannschen Autographen-Sammlung im Kestner-Museum zu Hannover;
aus diesen Beständen hat Karl Ende 1905 (im Euphorion 12, 364) einige
Briefe veröffentlicht. Einen fünften Teil besitzt das Goethe- und Schiller-Archiv
zu Weimar als Geschenk der Frau von Olfers; und ein sechster Teil endlich
befand sich im Besitz des 1910 verstorbenen Schulrath Dr. Heuernrann in Osnabrück,
eines Großneffen Abekens.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/586>, abgerufen am 03.07.2024.