Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Briefe aus China Nur bei der Besteuerung könnte er zulassen, daß derartige Ausgaben zur Ver¬ Bemerkenswert wäre der Einwand, daß die von den Unternehmern ver¬ Briefe aus (Lhina weiland Professor Dr. lvilhelm Grube von An seinen Bruder Carl. Macao, 21. November 1897. . . . Besonders genußreich war unser zehntägiger Aufenthalt in Canton, Briefe aus China Nur bei der Besteuerung könnte er zulassen, daß derartige Ausgaben zur Ver¬ Bemerkenswert wäre der Einwand, daß die von den Unternehmern ver¬ Briefe aus (Lhina weiland Professor Dr. lvilhelm Grube von An seinen Bruder Carl. Macao, 21. November 1897. . . . Besonders genußreich war unser zehntägiger Aufenthalt in Canton, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0532" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320133"/> <fw type="header" place="top"> Briefe aus China</fw><lb/> <p xml:id="ID_2297" prev="#ID_2296"> Nur bei der Besteuerung könnte er zulassen, daß derartige Ausgaben zur Ver¬<lb/> besserung der aus der sozialpolitischen Gesetzgebung sich ergebenden Renten der<lb/> Arbeiter von dem Einkommen des Unternehmers in Abzug gebracht werden.<lb/> Wie weit man manchmal in industriellen Kreisen noch von einen: derartigen<lb/> Gedankengang entfernt ist, dafür nur ein Beispiel: Ein größeres Werk mit mehr<lb/> als dreißigtausend Arbeitern weist in seiner Bilanz für das Jahr 1909 eine<lb/> Ersparnis an Arbeitslohn von 5,1 Millionen Mark nach. Abgelegt waren nur<lb/> etwa tausend Arbeiter. Die Ersparnis stammte also im wesentlichen aus der<lb/> Reduktion des Lohnes und der Einlage von Feierschichten. Das wäre unter<lb/> Umständen verständlich. Aber nicht verständlich vom sozialen Gesichtspunkt aus<lb/> ist es, daß es nur mit Hilfe der ersparten 5,1 Millionen möglich war, trotz<lb/> schlechter Konjunktur dieselbe hohe Dividende wie im Vorjahr zu verteilen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2298"> Bemerkenswert wäre der Einwand, daß die von den Unternehmern ver¬<lb/> langten neuen Opfer auch den ausländischen Arbeitern zugute kommen würden,<lb/> und daß dazu keine Veranlassung vorliege. Momentan ließe sich das vielleicht<lb/> schwer vermeiden. Aber doch nur momentan. Denn die Zahl der Inländer<lb/> wächst jährlich um mehr als achthunderttausend Köpfe. Andererseits ist eine<lb/> Ausdehnung der Industrie in dem bisherigen Maße nicht zu erwarten. Denn<lb/> die heimische Kaufkraft läßt sich nicht ins Unendliche steigern und die Zunahme<lb/> des Exports hat ihre Grenzen in den Weltmarktpreisen. Somit kann man mit<lb/> ziemlicher Sicherheit auf das allmähliche Verschwinden der Ausländer rechnen.<lb/> Es würde aber auch den Unternehmern nicht verschlossen sein, von derartigen<lb/> Kasseneinrichtungen die ausländischen Arbeiter schon jetzt auszuschließen und<lb/> somit den deutschen Arbeitern einen besonderen Schutz zu gewähren.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Briefe aus (Lhina <note type="byline"> weiland Professor Dr. lvilhelm Grube</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_2299"> An seinen Bruder Carl.</p><lb/> <p xml:id="ID_2300"> Macao, 21. November 1897.</p><lb/> <p xml:id="ID_2301" next="#ID_2302"> . . . Besonders genußreich war unser zehntägiger Aufenthalt in Canton,<lb/> dieser interessantesten aller Städte, die wir bisher gesehen haben. Wer Canton<lb/> nicht kennt, kennt China nicht. Besonders interessant war es mir, dort mit den<lb/> Kreisen des jungen China, wenn ich es so nennen kann, in persönliche Beziehungen<lb/> zu treten. Dieser frische Idealismus, dieser mutige Kampf gegen das feit Jahr¬<lb/> tausenden Althergebrachte hat wirklich etwas Erhebendes und Ergreifendes zu¬<lb/> gleich; und das Merkwürdigste daran ist, daß diese fortschrittliche Richtung den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0532]
Briefe aus China
Nur bei der Besteuerung könnte er zulassen, daß derartige Ausgaben zur Ver¬
besserung der aus der sozialpolitischen Gesetzgebung sich ergebenden Renten der
Arbeiter von dem Einkommen des Unternehmers in Abzug gebracht werden.
Wie weit man manchmal in industriellen Kreisen noch von einen: derartigen
Gedankengang entfernt ist, dafür nur ein Beispiel: Ein größeres Werk mit mehr
als dreißigtausend Arbeitern weist in seiner Bilanz für das Jahr 1909 eine
Ersparnis an Arbeitslohn von 5,1 Millionen Mark nach. Abgelegt waren nur
etwa tausend Arbeiter. Die Ersparnis stammte also im wesentlichen aus der
Reduktion des Lohnes und der Einlage von Feierschichten. Das wäre unter
Umständen verständlich. Aber nicht verständlich vom sozialen Gesichtspunkt aus
ist es, daß es nur mit Hilfe der ersparten 5,1 Millionen möglich war, trotz
schlechter Konjunktur dieselbe hohe Dividende wie im Vorjahr zu verteilen.
Bemerkenswert wäre der Einwand, daß die von den Unternehmern ver¬
langten neuen Opfer auch den ausländischen Arbeitern zugute kommen würden,
und daß dazu keine Veranlassung vorliege. Momentan ließe sich das vielleicht
schwer vermeiden. Aber doch nur momentan. Denn die Zahl der Inländer
wächst jährlich um mehr als achthunderttausend Köpfe. Andererseits ist eine
Ausdehnung der Industrie in dem bisherigen Maße nicht zu erwarten. Denn
die heimische Kaufkraft läßt sich nicht ins Unendliche steigern und die Zunahme
des Exports hat ihre Grenzen in den Weltmarktpreisen. Somit kann man mit
ziemlicher Sicherheit auf das allmähliche Verschwinden der Ausländer rechnen.
Es würde aber auch den Unternehmern nicht verschlossen sein, von derartigen
Kasseneinrichtungen die ausländischen Arbeiter schon jetzt auszuschließen und
somit den deutschen Arbeitern einen besonderen Schutz zu gewähren.
Briefe aus (Lhina weiland Professor Dr. lvilhelm Grube von
An seinen Bruder Carl.
Macao, 21. November 1897.
. . . Besonders genußreich war unser zehntägiger Aufenthalt in Canton,
dieser interessantesten aller Städte, die wir bisher gesehen haben. Wer Canton
nicht kennt, kennt China nicht. Besonders interessant war es mir, dort mit den
Kreisen des jungen China, wenn ich es so nennen kann, in persönliche Beziehungen
zu treten. Dieser frische Idealismus, dieser mutige Kampf gegen das feit Jahr¬
tausenden Althergebrachte hat wirklich etwas Erhebendes und Ergreifendes zu¬
gleich; und das Merkwürdigste daran ist, daß diese fortschrittliche Richtung den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |