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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Die Ahnen des Reichskanzlers v. Bethmmm-Hollweg

Mit diesen Feststellungen dürfte die Behauptung der angeblichen israelitischen
Herkunft des Geschlechtes Rougemont auch erledigt sein. Es ist aber noch ein
Wort über die methodisch falschen Voraussetzungen zu sagen, die zu dieser irrigen
Behauptung geführt haben. Weil ein "Bankgeschäft" vorhanden ist, der Vater der
Jsabella v. Rougemont u. a. den biblischen Vornamen Abram (Abraham) führte
und ein Wort wie "Löwenberg" vorkommt, wurde gleich eine jüdische Abstammung
"gelindert". Es muß demgegenüber einmal deutlich ausgesprochen werden, daß
dieser Weg in die Irre führen muß. Die Herkunft und Abstammung eines
Geschlechtes kann man ausschließlich auf dem Wege der genealogischen
Ermittlung der Abstammungstatsachen feststellen. Es gibt Träger klangvoller
Adelsnamen, denen es äußerlich niemand anmerkt, daß das Geschlecht aus jüdischem
Stamme ist; es gibt umgekehrt durchaus jüdisch klingende Geschlechtsnamen, deren
Träger durchaus christlichen Stammes sind. Aus biblischen oder gar alttestament-
lichen Vornamen ist vollends an sich gar nichts zu schließen, aus dem Berufe
endlich nicht viel.

Zum Abschluß nur noch Folgendes. Die "Ahnen" des Reichskanzlers
Dr. Theobald v. Bethmann-Hollweg sind seit seiner Übernahme dieses hohen Amtes
von eifrigen Familiengeschichtsforschern so eingehend untersucht worden, wie fast
von keinem anderen lebenden Menschen, es sei denn, daß er ein gekröntes
Haupt oder wenigstens ein Mitglied eines regierenden Hauses wäre. Über die
Bethmann liegt eine umfangreiche Veröffentlichung vor: "Simon Moritz von
Bethmann und seine Vorfahren", verfaßt von Dr. Heinrich Pallmann, erschienen
1898 in Frankfurt a. M. Die Genealogie der Hollweg ist im "Gothaischen
Genealogischen Taschenbuch der briesadeligen Häuser", Gotha 1907 ff. zwar
etwas knapp behandelt. Dafür hat aber der Frankfurter Genealoge Karl Kiefer
"Die väterlichen Ahnen des fünften deutschen Reichskanzlers" im Deutschen Herold,
Jahrgang 1909. S. 223 ff., sehr genau festgestellt. Der rheinische Genealoge
Hera. Friedr. Macao schrieb über "Die Abstammung des V. deutschen Reichs¬
kanzlers usw. von Aachener Patrizierfamilien des 15. Jahrhunderts" in der
Aachener Allgemeinen Zeitung, Ur. 426 vom 28. August 1909. Endlich hat der
durchaus zuverlässige Genealoge Dr. Bernhard Koerner in dem gleichen Blatte
wie Kiefer (Jahrgang 1910, Ur. 20, S. 118) über die Ahnen der Jsabella
v. Rougemont ausführliche Mitteilungen gemacht, denen die vorstehenden Angaben
über die Rougemont-Stammreihe entnommen sind. Es kann versichert werden,
daß nirgends unter diesen vielen Ahnen eine Stelle erkennbar ist, an der ein
Einströmen jüdischen oder, allgemeiner gefaßt, semitischen Blutes in die Ahnen¬
tafel des Reichskanzlers l)r. Theobald v. Bethmann-Hollweg erkennbar wäre.




Die Ahnen des Reichskanzlers v. Bethmmm-Hollweg

Mit diesen Feststellungen dürfte die Behauptung der angeblichen israelitischen
Herkunft des Geschlechtes Rougemont auch erledigt sein. Es ist aber noch ein
Wort über die methodisch falschen Voraussetzungen zu sagen, die zu dieser irrigen
Behauptung geführt haben. Weil ein „Bankgeschäft" vorhanden ist, der Vater der
Jsabella v. Rougemont u. a. den biblischen Vornamen Abram (Abraham) führte
und ein Wort wie „Löwenberg" vorkommt, wurde gleich eine jüdische Abstammung
„gelindert". Es muß demgegenüber einmal deutlich ausgesprochen werden, daß
dieser Weg in die Irre führen muß. Die Herkunft und Abstammung eines
Geschlechtes kann man ausschließlich auf dem Wege der genealogischen
Ermittlung der Abstammungstatsachen feststellen. Es gibt Träger klangvoller
Adelsnamen, denen es äußerlich niemand anmerkt, daß das Geschlecht aus jüdischem
Stamme ist; es gibt umgekehrt durchaus jüdisch klingende Geschlechtsnamen, deren
Träger durchaus christlichen Stammes sind. Aus biblischen oder gar alttestament-
lichen Vornamen ist vollends an sich gar nichts zu schließen, aus dem Berufe
endlich nicht viel.

Zum Abschluß nur noch Folgendes. Die „Ahnen" des Reichskanzlers
Dr. Theobald v. Bethmann-Hollweg sind seit seiner Übernahme dieses hohen Amtes
von eifrigen Familiengeschichtsforschern so eingehend untersucht worden, wie fast
von keinem anderen lebenden Menschen, es sei denn, daß er ein gekröntes
Haupt oder wenigstens ein Mitglied eines regierenden Hauses wäre. Über die
Bethmann liegt eine umfangreiche Veröffentlichung vor: „Simon Moritz von
Bethmann und seine Vorfahren", verfaßt von Dr. Heinrich Pallmann, erschienen
1898 in Frankfurt a. M. Die Genealogie der Hollweg ist im „Gothaischen
Genealogischen Taschenbuch der briesadeligen Häuser", Gotha 1907 ff. zwar
etwas knapp behandelt. Dafür hat aber der Frankfurter Genealoge Karl Kiefer
„Die väterlichen Ahnen des fünften deutschen Reichskanzlers" im Deutschen Herold,
Jahrgang 1909. S. 223 ff., sehr genau festgestellt. Der rheinische Genealoge
Hera. Friedr. Macao schrieb über „Die Abstammung des V. deutschen Reichs¬
kanzlers usw. von Aachener Patrizierfamilien des 15. Jahrhunderts" in der
Aachener Allgemeinen Zeitung, Ur. 426 vom 28. August 1909. Endlich hat der
durchaus zuverlässige Genealoge Dr. Bernhard Koerner in dem gleichen Blatte
wie Kiefer (Jahrgang 1910, Ur. 20, S. 118) über die Ahnen der Jsabella
v. Rougemont ausführliche Mitteilungen gemacht, denen die vorstehenden Angaben
über die Rougemont-Stammreihe entnommen sind. Es kann versichert werden,
daß nirgends unter diesen vielen Ahnen eine Stelle erkennbar ist, an der ein
Einströmen jüdischen oder, allgemeiner gefaßt, semitischen Blutes in die Ahnen¬
tafel des Reichskanzlers l)r. Theobald v. Bethmann-Hollweg erkennbar wäre.




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[0508] Die Ahnen des Reichskanzlers v. Bethmmm-Hollweg Mit diesen Feststellungen dürfte die Behauptung der angeblichen israelitischen Herkunft des Geschlechtes Rougemont auch erledigt sein. Es ist aber noch ein Wort über die methodisch falschen Voraussetzungen zu sagen, die zu dieser irrigen Behauptung geführt haben. Weil ein „Bankgeschäft" vorhanden ist, der Vater der Jsabella v. Rougemont u. a. den biblischen Vornamen Abram (Abraham) führte und ein Wort wie „Löwenberg" vorkommt, wurde gleich eine jüdische Abstammung „gelindert". Es muß demgegenüber einmal deutlich ausgesprochen werden, daß dieser Weg in die Irre führen muß. Die Herkunft und Abstammung eines Geschlechtes kann man ausschließlich auf dem Wege der genealogischen Ermittlung der Abstammungstatsachen feststellen. Es gibt Träger klangvoller Adelsnamen, denen es äußerlich niemand anmerkt, daß das Geschlecht aus jüdischem Stamme ist; es gibt umgekehrt durchaus jüdisch klingende Geschlechtsnamen, deren Träger durchaus christlichen Stammes sind. Aus biblischen oder gar alttestament- lichen Vornamen ist vollends an sich gar nichts zu schließen, aus dem Berufe endlich nicht viel. Zum Abschluß nur noch Folgendes. Die „Ahnen" des Reichskanzlers Dr. Theobald v. Bethmann-Hollweg sind seit seiner Übernahme dieses hohen Amtes von eifrigen Familiengeschichtsforschern so eingehend untersucht worden, wie fast von keinem anderen lebenden Menschen, es sei denn, daß er ein gekröntes Haupt oder wenigstens ein Mitglied eines regierenden Hauses wäre. Über die Bethmann liegt eine umfangreiche Veröffentlichung vor: „Simon Moritz von Bethmann und seine Vorfahren", verfaßt von Dr. Heinrich Pallmann, erschienen 1898 in Frankfurt a. M. Die Genealogie der Hollweg ist im „Gothaischen Genealogischen Taschenbuch der briesadeligen Häuser", Gotha 1907 ff. zwar etwas knapp behandelt. Dafür hat aber der Frankfurter Genealoge Karl Kiefer „Die väterlichen Ahnen des fünften deutschen Reichskanzlers" im Deutschen Herold, Jahrgang 1909. S. 223 ff., sehr genau festgestellt. Der rheinische Genealoge Hera. Friedr. Macao schrieb über „Die Abstammung des V. deutschen Reichs¬ kanzlers usw. von Aachener Patrizierfamilien des 15. Jahrhunderts" in der Aachener Allgemeinen Zeitung, Ur. 426 vom 28. August 1909. Endlich hat der durchaus zuverlässige Genealoge Dr. Bernhard Koerner in dem gleichen Blatte wie Kiefer (Jahrgang 1910, Ur. 20, S. 118) über die Ahnen der Jsabella v. Rougemont ausführliche Mitteilungen gemacht, denen die vorstehenden Angaben über die Rougemont-Stammreihe entnommen sind. Es kann versichert werden, daß nirgends unter diesen vielen Ahnen eine Stelle erkennbar ist, an der ein Einströmen jüdischen oder, allgemeiner gefaßt, semitischen Blutes in die Ahnen¬ tafel des Reichskanzlers l)r. Theobald v. Bethmann-Hollweg erkennbar wäre.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/508>, abgerufen am 23.07.2024.