Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Briefe aus Lhina Tee bewirtet und schließlich unter vielen Verbeugungen und Komplimenten Wir bestiegen dann den City Hill, der, mitten in der Stadt gelegen, ihre Leider änderte sich von jetzt an das Wetter, und während wir über den Als wir nach langer Fahrt endlich in Su-chow angelangt waren, gingen Da Dr. D. B. uns dreimal nachdrücklichst mitgeteilt hatte, daß um halb Am nächsten Morgen holten wir Dr. D. B. um 8 Uhr ab und wanderten Briefe aus Lhina Tee bewirtet und schließlich unter vielen Verbeugungen und Komplimenten Wir bestiegen dann den City Hill, der, mitten in der Stadt gelegen, ihre Leider änderte sich von jetzt an das Wetter, und während wir über den Als wir nach langer Fahrt endlich in Su-chow angelangt waren, gingen Da Dr. D. B. uns dreimal nachdrücklichst mitgeteilt hatte, daß um halb Am nächsten Morgen holten wir Dr. D. B. um 8 Uhr ab und wanderten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320004"/> <fw type="header" place="top"> Briefe aus Lhina</fw><lb/> <p xml:id="ID_1655" prev="#ID_1654"> Tee bewirtet und schließlich unter vielen Verbeugungen und Komplimenten<lb/> entlassen. Jeder Besucher Chinas, der in eine ähnliche Lage gekommen ist,<lb/> wird Beispiele dieser Art zu Dutzenden anführen können. Ein klassisches Zitat,<lb/> richtig verstanden oder gar bei einer passenden Gelegenheit geschickt eingeflochten,<lb/> kann Wunder wirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1656"> Wir bestiegen dann den City Hill, der, mitten in der Stadt gelegen, ihre<lb/> Heiligtümer birgt. Hier ist der Tempel des Stadtgottes und eine Menge anderer<lb/> Tempel, die nahezu das ganze chinesische Pantheon enthalten. Überall wurden<lb/> wir mit größter Zuvorkommenheit behandelt. Der Blick, den man vom Gipfel<lb/> dieses Hügels auf die Stadt und ihre Umgebung hat, ist einzig schön.</p><lb/> <p xml:id="ID_1657"> Leider änderte sich von jetzt an das Wetter, und während wir über den<lb/> herrlichen T'al-Hu-See (kurz vor Su-chow) segelten, goß es leider ununterbrochen,<lb/> sodaß wir uns aus Verzweiflung die Zeit durch „Sechsundsechzig" vertrieben.<lb/> Dieser inselreiche, zum Teil von Bergen umrahmte See ist so riesengroß, daß<lb/> man das gegenüberliegende Ufer selbst bei klarem Wetter nicht sehen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1658"> Als wir nach langer Fahrt endlich in Su-chow angelangt waren, gingen<lb/> wir Vier sofort auf gut Glück ohne jegliche Begleitung in die Stadt: Ich<lb/> wollte hier den Dr. D.B. von der Presbyterian Mission aufsuchen, da er sich<lb/> eingehend mit der chinesischen Volksreligion beschäftigt hat. Wir wußten, in<lb/> welcher Richtung der Stadt sein Haus gelegen war, und siehe da: nach einer<lb/> ungefähr einstündigem Wanderung begegnete uns ein langbärtiger Europäer, der<lb/> zufällig kein anderer war, als der Gesuchte. Es war gerade Sonntag und er<lb/> hatte fünf Gottesdienste abzuhalten, so daß er den ganzen Tag besetzt war; für<lb/> den nächsten Tag stellte er sich uns aber mit Freuden zur Verfügung. So<lb/> entschlossen wir uns denn, einen Tag zuzugeben, während unsere Reisegefährten<lb/> bereits am selben Tage ihre Heimreise nach Shanghai antraten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1659"> Da Dr. D. B. uns dreimal nachdrücklichst mitgeteilt hatte, daß um halb<lb/> fünf Uhr English Service in der Wohnung des Dr. P. im Missionshospital<lb/> standfinde, blieb uns natürlich nichts anderes übrig, als hinzugehen. Dr.D.B. selbst<lb/> hielt die Predigt, die sich ausschließlich mit der l'ögurrectivn ok tus doa^<lb/> befaßte — von, Geist war nicht weiter die Rede, er kam offenbar nicht in Betracht<lb/> und schien, soviel ich sehen konnte, unter den Anwesenden auch nicht einmal vertreten<lb/> zu sein. Erbanlich war es also nicht, rührend aber war es zu sehen, wie diese<lb/> kleine Gemeinde — wir waren vielleicht zwanzig Personen — zusammenhält. Die<lb/> Gottesdienste finden jeden Sonntag abwechselnd bei den verschiedenen Familien<lb/> statt. Wir wurden allen Anwesenden vorgestellt, und alle kamen uns mit größter<lb/> Herzlichkeit entgegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1660" next="#ID_1661"> Am nächsten Morgen holten wir Dr. D. B. um 8 Uhr ab und wanderten<lb/> dann volle achtStunden unter seiner sachkundigen Führung in der Stadt umher, wo<lb/> es verschiedene für mich besonders interessante Tempel zu sehen gab. Su-chow, das<lb/> einstmalige Paris Chinas, hat durch die Taiping-Revolutwu arg gelitten, und<lb/> Zahlreiche wüste Plätze mitten in der Stadt sind bis auf den heutigen Tag die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0403]
Briefe aus Lhina
Tee bewirtet und schließlich unter vielen Verbeugungen und Komplimenten
entlassen. Jeder Besucher Chinas, der in eine ähnliche Lage gekommen ist,
wird Beispiele dieser Art zu Dutzenden anführen können. Ein klassisches Zitat,
richtig verstanden oder gar bei einer passenden Gelegenheit geschickt eingeflochten,
kann Wunder wirken.
Wir bestiegen dann den City Hill, der, mitten in der Stadt gelegen, ihre
Heiligtümer birgt. Hier ist der Tempel des Stadtgottes und eine Menge anderer
Tempel, die nahezu das ganze chinesische Pantheon enthalten. Überall wurden
wir mit größter Zuvorkommenheit behandelt. Der Blick, den man vom Gipfel
dieses Hügels auf die Stadt und ihre Umgebung hat, ist einzig schön.
Leider änderte sich von jetzt an das Wetter, und während wir über den
herrlichen T'al-Hu-See (kurz vor Su-chow) segelten, goß es leider ununterbrochen,
sodaß wir uns aus Verzweiflung die Zeit durch „Sechsundsechzig" vertrieben.
Dieser inselreiche, zum Teil von Bergen umrahmte See ist so riesengroß, daß
man das gegenüberliegende Ufer selbst bei klarem Wetter nicht sehen kann.
Als wir nach langer Fahrt endlich in Su-chow angelangt waren, gingen
wir Vier sofort auf gut Glück ohne jegliche Begleitung in die Stadt: Ich
wollte hier den Dr. D.B. von der Presbyterian Mission aufsuchen, da er sich
eingehend mit der chinesischen Volksreligion beschäftigt hat. Wir wußten, in
welcher Richtung der Stadt sein Haus gelegen war, und siehe da: nach einer
ungefähr einstündigem Wanderung begegnete uns ein langbärtiger Europäer, der
zufällig kein anderer war, als der Gesuchte. Es war gerade Sonntag und er
hatte fünf Gottesdienste abzuhalten, so daß er den ganzen Tag besetzt war; für
den nächsten Tag stellte er sich uns aber mit Freuden zur Verfügung. So
entschlossen wir uns denn, einen Tag zuzugeben, während unsere Reisegefährten
bereits am selben Tage ihre Heimreise nach Shanghai antraten.
Da Dr. D. B. uns dreimal nachdrücklichst mitgeteilt hatte, daß um halb
fünf Uhr English Service in der Wohnung des Dr. P. im Missionshospital
standfinde, blieb uns natürlich nichts anderes übrig, als hinzugehen. Dr.D.B. selbst
hielt die Predigt, die sich ausschließlich mit der l'ögurrectivn ok tus doa^
befaßte — von, Geist war nicht weiter die Rede, er kam offenbar nicht in Betracht
und schien, soviel ich sehen konnte, unter den Anwesenden auch nicht einmal vertreten
zu sein. Erbanlich war es also nicht, rührend aber war es zu sehen, wie diese
kleine Gemeinde — wir waren vielleicht zwanzig Personen — zusammenhält. Die
Gottesdienste finden jeden Sonntag abwechselnd bei den verschiedenen Familien
statt. Wir wurden allen Anwesenden vorgestellt, und alle kamen uns mit größter
Herzlichkeit entgegen.
Am nächsten Morgen holten wir Dr. D. B. um 8 Uhr ab und wanderten
dann volle achtStunden unter seiner sachkundigen Führung in der Stadt umher, wo
es verschiedene für mich besonders interessante Tempel zu sehen gab. Su-chow, das
einstmalige Paris Chinas, hat durch die Taiping-Revolutwu arg gelitten, und
Zahlreiche wüste Plätze mitten in der Stadt sind bis auf den heutigen Tag die
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