Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Liszt--Goethe -- Weimar Es folgte die szenische Aufführung der "Heiligen Elisabeth". Im dritten Von der Goethestadt aus- besuchte Liszt die 23. Tonkünstlerversammlung Zwei Monate später lief die Trauerkunde von Liszts Tode von Bayreuth Gar manches Mal hatte Liszts Sinnen vor dem Goethe-Schiller-Denkmal Liszt—Goethe — Weimar Es folgte die szenische Aufführung der „Heiligen Elisabeth". Im dritten Von der Goethestadt aus- besuchte Liszt die 23. Tonkünstlerversammlung Zwei Monate später lief die Trauerkunde von Liszts Tode von Bayreuth Gar manches Mal hatte Liszts Sinnen vor dem Goethe-Schiller-Denkmal <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0123" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319724"/> <fw type="header" place="top"> Liszt—Goethe — Weimar</fw><lb/> <p xml:id="ID_499"> Es folgte die szenische Aufführung der „Heiligen Elisabeth". Im dritten<lb/> Konzert dirigierte Liszt zum letztenmal in Weimar: Hans v. Bülows „symphonisches<lb/> Stimmungsbild" Nirwana und sein eigenes eben vollendetes Orchesterstück „Salve<lb/> polonia", ein „Jnterludium" des unvollendet gebliebenen Oratoriums Stanislaus.<lb/> So klang das Musikfest des Allgemeinen Musikvereius, in dessen Konzerten Liszt<lb/> unerschütterlich für alle Vertreter der neudeutschen Kunst, an erster Stelle für<lb/> Wagner, gekämpft hatte, in eine Huldigung für ihn aus, wie es begonnen.<lb/> 1885 und noch in seinem Todesjahr 1886 erschien der ewigjunge Meister<lb/> wiederum in Weimar. Und Weimar erhielt die Führung, als in Leipzig zur<lb/> Verbreitung seiner Werke der Liszt-Verein gegründet wurde, in dem der Gro߬<lb/> herzog Carl Alexander das Protektorat übernahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_500"> Von der Goethestadt aus- besuchte Liszt die 23. Tonkünstlerversammlung<lb/> des Allgemeinen Musikvereins in Sondershausen. Hier waren zwei Konzerte<lb/> ausschließlich seinen Kompositionen eingeräumt. Und wie ein Fürst zog er im<lb/> bekränzten Salonwagen wieder zu seinem geliebten Weimar zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_501"> Zwei Monate später lief die Trauerkunde von Liszts Tode von Bayreuth<lb/> aus durch die Lande. Ganz Deutschland nahm daran ergreifenden Anteil. Und<lb/> nun trat Weimars Fürst mit warmer Begeisterung vor, um für seinen toten<lb/> Freund ein Zeichen der Liebe und Verehrung aufzupflanzen, wie dieser es einst<lb/> für den Dichtergenius in der Goethestiftung erträumt hatte. Er schrieb dem<lb/> zur Leichenfeier nach Banreuth entsandten Intendanten Baron vonLoen: „Das<lb/> traurige Ereignis, das Sie nach Banreuth gerufen, die Allgemeinheit des<lb/> Anteils, dessen Ausdruck an mich herantritt, haben in mir die Sorge erstehen<lb/> lassen, ob der Augenblick nicht der günstigste wäre, der Erinnerung Liszts ein<lb/> Denkmal zu errichten. Nicht ein lebloses aber, sondern ein lebendes. Den<lb/> neuen deutschen Musikverein hatte der Meister gegründet, um seiner Kunst neue<lb/> Bahnen zu öffnen; mich hatte er zum Protektor gemacht; in des Meisters<lb/> Richtung weiter seine Kunst zu fördern, ist also meine Pflicht. Deshalb möchte<lb/> ich eine Lisztstiftung zur Förderung der neuen deutschen Musikrichtung gegründet<lb/> sehen, durch welche Schüler und Schülerinnen unterstützt würden (durch Prämien,<lb/> Stipendien usw.), welche würdig befunden würden, jenem Zwecke zu dienen".<lb/> Und was damals für Goethe in der Zeiten Lauf verkümmerte, sollte hier für<lb/> seinen Ruhmeskünder erstehen: am 22. Oktober 1887 trat die Lisztstiftung unter<lb/> dem Weimarer Großherzog ins Leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_502" next="#ID_503"> Gar manches Mal hatte Liszts Sinnen vor dem Goethe-Schiller-Denkmal<lb/> in die Vergangenheit zurückgestreift, vor dem Goethe-Schiller-Denkmal, dessen<lb/> symbolische Gliederung ihm zu phantasievollen Äußerungen Anlaß gab. Der<lb/> Blick konzentrierte sich auf das Bild Goethes. „Seine Hand, deren feste Um¬<lb/> risse die Kraft verraten, lehnt sich aus die rechte Schulter Schillers — fast<lb/> unbewußt, möchten wir sagen —>, als triebe ein innerer Zug geheimer Ver¬<lb/> brüderung ihn an, sich mit demjenigen zu verbinden, der, leidenschaftlicher,<lb/> glühender im Drange der Jugend, schmerzlicher von den Enttäuschungen der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0123]
Liszt—Goethe — Weimar
Es folgte die szenische Aufführung der „Heiligen Elisabeth". Im dritten
Konzert dirigierte Liszt zum letztenmal in Weimar: Hans v. Bülows „symphonisches
Stimmungsbild" Nirwana und sein eigenes eben vollendetes Orchesterstück „Salve
polonia", ein „Jnterludium" des unvollendet gebliebenen Oratoriums Stanislaus.
So klang das Musikfest des Allgemeinen Musikvereius, in dessen Konzerten Liszt
unerschütterlich für alle Vertreter der neudeutschen Kunst, an erster Stelle für
Wagner, gekämpft hatte, in eine Huldigung für ihn aus, wie es begonnen.
1885 und noch in seinem Todesjahr 1886 erschien der ewigjunge Meister
wiederum in Weimar. Und Weimar erhielt die Führung, als in Leipzig zur
Verbreitung seiner Werke der Liszt-Verein gegründet wurde, in dem der Gro߬
herzog Carl Alexander das Protektorat übernahm.
Von der Goethestadt aus- besuchte Liszt die 23. Tonkünstlerversammlung
des Allgemeinen Musikvereins in Sondershausen. Hier waren zwei Konzerte
ausschließlich seinen Kompositionen eingeräumt. Und wie ein Fürst zog er im
bekränzten Salonwagen wieder zu seinem geliebten Weimar zurück.
Zwei Monate später lief die Trauerkunde von Liszts Tode von Bayreuth
aus durch die Lande. Ganz Deutschland nahm daran ergreifenden Anteil. Und
nun trat Weimars Fürst mit warmer Begeisterung vor, um für seinen toten
Freund ein Zeichen der Liebe und Verehrung aufzupflanzen, wie dieser es einst
für den Dichtergenius in der Goethestiftung erträumt hatte. Er schrieb dem
zur Leichenfeier nach Banreuth entsandten Intendanten Baron vonLoen: „Das
traurige Ereignis, das Sie nach Banreuth gerufen, die Allgemeinheit des
Anteils, dessen Ausdruck an mich herantritt, haben in mir die Sorge erstehen
lassen, ob der Augenblick nicht der günstigste wäre, der Erinnerung Liszts ein
Denkmal zu errichten. Nicht ein lebloses aber, sondern ein lebendes. Den
neuen deutschen Musikverein hatte der Meister gegründet, um seiner Kunst neue
Bahnen zu öffnen; mich hatte er zum Protektor gemacht; in des Meisters
Richtung weiter seine Kunst zu fördern, ist also meine Pflicht. Deshalb möchte
ich eine Lisztstiftung zur Förderung der neuen deutschen Musikrichtung gegründet
sehen, durch welche Schüler und Schülerinnen unterstützt würden (durch Prämien,
Stipendien usw.), welche würdig befunden würden, jenem Zwecke zu dienen".
Und was damals für Goethe in der Zeiten Lauf verkümmerte, sollte hier für
seinen Ruhmeskünder erstehen: am 22. Oktober 1887 trat die Lisztstiftung unter
dem Weimarer Großherzog ins Leben.
Gar manches Mal hatte Liszts Sinnen vor dem Goethe-Schiller-Denkmal
in die Vergangenheit zurückgestreift, vor dem Goethe-Schiller-Denkmal, dessen
symbolische Gliederung ihm zu phantasievollen Äußerungen Anlaß gab. Der
Blick konzentrierte sich auf das Bild Goethes. „Seine Hand, deren feste Um¬
risse die Kraft verraten, lehnt sich aus die rechte Schulter Schillers — fast
unbewußt, möchten wir sagen —>, als triebe ein innerer Zug geheimer Ver¬
brüderung ihn an, sich mit demjenigen zu verbinden, der, leidenschaftlicher,
glühender im Drange der Jugend, schmerzlicher von den Enttäuschungen der
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