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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Zur Reform
der deutschen Universitäten.
Von
Dr. InZ. und Ol'. peut. K. L. Dr. jur.
Heinrich Waerttig,
Wirklicher Geheimer Rat und Ministerialdirektor a. D.
Vreis W. 1.80.
Hier schöpft ein warmer und erprobter Freund unserer Universitäten aus dem
Vollen einer langjährigen Erfahrung und Beobachtung und findet dabei nicht nur die
richtigen Formeln zum materiellen Ausgleich offenkundiger Unvilligkeitcn, sondern seine
ruhigen und von ungetrübter Sachlichkeit getragenen Darlegungen stimmen auffallend
überein mit den vorbehmidelten Haupterhebungen der Extraordinarien einerseits,
anderseits aber auch mit den Forderungen und Reformvorschlägen, die führende
und unbefangene Geister aus dem Kreise der Hochschullehrer selbst als bordringlich
bezeichnen. "Hochschul-Nachrichten."
Verlag der Grenzboten G.in.b.s., Berlin SW. 11.

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Wir machen auf den der heutigen Gesamtauflage beiliegenden Prospekt der Verlags¬
buchhandlung Strecker 6 Schröder in Stuttgart betr. Marokko hierdurch besonders auf¬
merksam.

Stolypin und Rußland
Von George Lie in vo

an hält mir vor, ich besäße nicht das notwendige Rechtsbewußtsein, --
man fordert, ich solle das System ändern; darauf kann ich nur
erwidern: das ist nicht meine Sache. Gestützt auf ein gesundes
Rechtsbewußtsein habe ich gerecht und streng für die Aufrecht-
erhaltung der Ordnung in Rußland zu sorgen. (Lärm, Pfiffe!)
Dieser Lärm stört mich wohl, aber er schreckt mich nicht und kann mich auch
nicht schrecken. Ordnung herzustellen, das ist meine Aufgabe; aber die Gesetz¬
gebung an mich zu reißen bin ich nicht berechtigt. Gesetze kann ich nicht ändern.
Die Gesetze ändern und entsprechend wirken werden Sie! (Lärm. Rufe: Abschied!
Abschied!)" In diesen kurzen Sätzen, die der damalige Minister des Innern am
8./21. Juni 1906 in die erregte Versammlung in: Taurischen Palais donnerte,
ist Stolypins ganzes Regierungsprogramm enthalten. Die Regierung sorgt für
Wiederherstellung der Ruhe -- die Volksvertreter mögen Gesetze ausarbeiten und
die Änderung der veralteten vorbereiten! Die Duma hörte indessen nur den
Vorsatz, -- das Leitmotiv der inneren Politik Alexanders des Dritten! -- der
Nachsatz ging in: Tosen unter. Der Demokrat (Kadett) Nabokow erhielt das
Wort und erklärte dem Minister bei lautloser Stille, daß alle seine sachlichen
Angaben auf falschen Berichten berichten, der untersuchungführende Richter habe
ihn ermächtigt, solches vor der Duma zu erklären.

Es handelte sich um eine Jnterpellation, die behauptete, im Gebäude des
Ministeriums würden von Beamten der politischen Polizei aufreizende Proklama¬
tionen gegen die Abgeordneten der Reichsduma sowie gegen die Juden gedruckt
und durch Organe des Ministers des Innern verbreitet.

In jener sechsten Nachmittagsstunde war das Schicksal Stolypins und
damit dasjenige der Erneuerung Rußlands auf der Grundlage des Manifestes vom


Grenzboten III 1911 74


Zur Reform
der deutschen Universitäten.
Von
Dr. InZ. und Ol'. peut. K. L. Dr. jur.
Heinrich Waerttig,
Wirklicher Geheimer Rat und Ministerialdirektor a. D.
Vreis W. 1.80.
Hier schöpft ein warmer und erprobter Freund unserer Universitäten aus dem
Vollen einer langjährigen Erfahrung und Beobachtung und findet dabei nicht nur die
richtigen Formeln zum materiellen Ausgleich offenkundiger Unvilligkeitcn, sondern seine
ruhigen und von ungetrübter Sachlichkeit getragenen Darlegungen stimmen auffallend
überein mit den vorbehmidelten Haupterhebungen der Extraordinarien einerseits,
anderseits aber auch mit den Forderungen und Reformvorschlägen, die führende
und unbefangene Geister aus dem Kreise der Hochschullehrer selbst als bordringlich
bezeichnen. „Hochschul-Nachrichten."
Verlag der Grenzboten G.in.b.s., Berlin SW. 11.

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Wir machen auf den der heutigen Gesamtauflage beiliegenden Prospekt der Verlags¬
buchhandlung Strecker 6 Schröder in Stuttgart betr. Marokko hierdurch besonders auf¬
merksam.

Stolypin und Rußland
Von George Lie in vo

an hält mir vor, ich besäße nicht das notwendige Rechtsbewußtsein, —
man fordert, ich solle das System ändern; darauf kann ich nur
erwidern: das ist nicht meine Sache. Gestützt auf ein gesundes
Rechtsbewußtsein habe ich gerecht und streng für die Aufrecht-
erhaltung der Ordnung in Rußland zu sorgen. (Lärm, Pfiffe!)
Dieser Lärm stört mich wohl, aber er schreckt mich nicht und kann mich auch
nicht schrecken. Ordnung herzustellen, das ist meine Aufgabe; aber die Gesetz¬
gebung an mich zu reißen bin ich nicht berechtigt. Gesetze kann ich nicht ändern.
Die Gesetze ändern und entsprechend wirken werden Sie! (Lärm. Rufe: Abschied!
Abschied!)" In diesen kurzen Sätzen, die der damalige Minister des Innern am
8./21. Juni 1906 in die erregte Versammlung in: Taurischen Palais donnerte,
ist Stolypins ganzes Regierungsprogramm enthalten. Die Regierung sorgt für
Wiederherstellung der Ruhe — die Volksvertreter mögen Gesetze ausarbeiten und
die Änderung der veralteten vorbereiten! Die Duma hörte indessen nur den
Vorsatz, — das Leitmotiv der inneren Politik Alexanders des Dritten! — der
Nachsatz ging in: Tosen unter. Der Demokrat (Kadett) Nabokow erhielt das
Wort und erklärte dem Minister bei lautloser Stille, daß alle seine sachlichen
Angaben auf falschen Berichten berichten, der untersuchungführende Richter habe
ihn ermächtigt, solches vor der Duma zu erklären.

Es handelte sich um eine Jnterpellation, die behauptete, im Gebäude des
Ministeriums würden von Beamten der politischen Polizei aufreizende Proklama¬
tionen gegen die Abgeordneten der Reichsduma sowie gegen die Juden gedruckt
und durch Organe des Ministers des Innern verbreitet.

In jener sechsten Nachmittagsstunde war das Schicksal Stolypins und
damit dasjenige der Erneuerung Rußlands auf der Grundlage des Manifestes vom


Grenzboten III 1911 74
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/593>, abgerufen am 04.01.2025.