Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Reichsspiegel möchten eine solche Lösung der Marokkofrage für äußerst wünschenswert halten, Die Kompensationen, die Deutschland erhalten soll, sind bisher nur in Die Marokkoverhandlungen haben im Innern des Reichs eine Bewegung Die Beruhigung im Lande ist trotz dieser Sachlage nicht vorangegangen. Ich habe in Heft W von der Post, der Rheinisch-Westfälischen Zeitung und Reichsspiegel möchten eine solche Lösung der Marokkofrage für äußerst wünschenswert halten, Die Kompensationen, die Deutschland erhalten soll, sind bisher nur in Die Marokkoverhandlungen haben im Innern des Reichs eine Bewegung Die Beruhigung im Lande ist trotz dieser Sachlage nicht vorangegangen. Ich habe in Heft W von der Post, der Rheinisch-Westfälischen Zeitung und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0539" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319486"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_2552" prev="#ID_2551"> möchten eine solche Lösung der Marokkofrage für äußerst wünschenswert halten,<lb/> vorausgesetzt, daß es auch tatsächlich gelingt, die Franzosen so zu verpflichten,<lb/> wie es die Interessen unserer Unternehmer und unseres Handels erheischen.<lb/> Natürlich sträuben sich die Franzosen, sich in dieser Richtung auf Einzelheiten<lb/> festlegen zu lassen. Sie fürchten die deutsche Konkurrenz und suchen daher alle<lb/> solchen Bestimmungen aus dem Vertrage fernzuhalten, die geeignet sein könnten,<lb/> sie für alle Zeiten zu binden. Hierzu gehört vor allen Dingen die Festsetzung der<lb/> Formalien ein für allemal beim Erwerb von Konzessionen, bei der Vergebung<lb/> von öffentlichen Bauten, bei Kauf- und Pachtverträgen u. a. in. Ohne die Übernahme<lb/> solcher Pflichten aber wäre jedes neue Marokkoabkommen nur eine VerWässerung<lb/> des voraufgegangenen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2553"> Die Kompensationen, die Deutschland erhalten soll, sind bisher nur in<lb/> allgemeinen Umrissen vereinbart. Eine genaue Abgrenzung der in Frage stehenden<lb/> Territorien wird, wie es besonders nach französischen Quellen scheint, Gegenstand<lb/> weiterer Verhandlungen sein. Ebenso scheint noch keine Klarheit darüber zu<lb/> herrschen, ob nicht Gebietsteile ausgetauscht werden sollen. Auch wegen Togo ist<lb/> nach Zeitungsberichten das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wir möchten darum<lb/> nicht verfehlen, die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß sie das nationale<lb/> Empfinden tief verletzen würde, wollte sie Togo verhandeln. Was deutsch ist,<lb/> muß deutsch bleibenI Die Preisgabe Togos würde die an sich schon über Gebühr<lb/> erregte öffentliche Meinung auf das empfindlichste berühren.</p><lb/> <p xml:id="ID_2554"> Die Marokkoverhandlungen haben im Innern des Reichs eine Bewegung<lb/> hervorgerufen, die weder durch den Stand der Dinge noch durch das Objekt<lb/> überhaupt gerechtfertigt erscheint. Solange sich nicht eine dritte Macht als<lb/> Störenfried in die Aussprache zwischen Frankreich und Deutschland mischt, solange<lb/> liegt für Deutschland kein Grund vor. zum Schwert zu greifen. Sollte wider<lb/> Erwarten England aus seiner bisherigen Reserve hervortreten, dann freilich wäre<lb/> der nasus belli geschaffen. Wir glauben aber nicht, daß England seiner bisher<lb/> beobachteten Methode untreu werden wird. Man weiß jenseits des Kanals die<lb/> Stimmung in Deutschland durchaus richtig in das politische Rechenexempel ein-<lb/> zusetzen und kennt auch den Wert der sozialdemokratischen Friedensdemonstrationen.<lb/> In dem Augenblick, wo der Kaiser ruft, gibt es keine Parteien mehr in Deutsch¬<lb/> land, sondern nur eine deutsche Nation, die der Armee aus Millionen Kannten<lb/> Kräfte zuführt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2555"> Die Beruhigung im Lande ist trotz dieser Sachlage nicht vorangegangen.<lb/> Es rast der See und will sein Opfer haben! Wie das Bild unserer Wirt¬<lb/> schaft augenblicklich aussieht, wird in der Abteilung „Bank und Geld" dargestellt:<lb/> ein Trümmerhaufen zerstörter Hoffnungen. Trotz der augenscheinlichen Ver¬<lb/> wüstungen in unserem Wirtschaftsleben fährt ein Teil der Presse fort, einseitig<lb/> gegen alle die zu agitieren, die nicht in die Kriegstrompete stoßen. Unsere War¬<lb/> nungen in dieser Beziehung haben ebenso wenig genutzt wie die anderer, besonnener<lb/> Tageszeitungen. —---</p><lb/> <p xml:id="ID_2556" next="#ID_2557"> Ich habe in Heft W von der Post, der Rheinisch-Westfälischen Zeitung und<lb/> von der Täglichen Rundschau behauptet, sie führten in der Maroktofrage die<lb/> öffentliche Meinung irre, und habe auf ihre Beziehungen (Fäden) zu den Herren<lb/> Mannesman!! hingewiesen. Von den Blättern hat sich nur die Tägliche Rundschau</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0539]
Reichsspiegel
möchten eine solche Lösung der Marokkofrage für äußerst wünschenswert halten,
vorausgesetzt, daß es auch tatsächlich gelingt, die Franzosen so zu verpflichten,
wie es die Interessen unserer Unternehmer und unseres Handels erheischen.
Natürlich sträuben sich die Franzosen, sich in dieser Richtung auf Einzelheiten
festlegen zu lassen. Sie fürchten die deutsche Konkurrenz und suchen daher alle
solchen Bestimmungen aus dem Vertrage fernzuhalten, die geeignet sein könnten,
sie für alle Zeiten zu binden. Hierzu gehört vor allen Dingen die Festsetzung der
Formalien ein für allemal beim Erwerb von Konzessionen, bei der Vergebung
von öffentlichen Bauten, bei Kauf- und Pachtverträgen u. a. in. Ohne die Übernahme
solcher Pflichten aber wäre jedes neue Marokkoabkommen nur eine VerWässerung
des voraufgegangenen.
Die Kompensationen, die Deutschland erhalten soll, sind bisher nur in
allgemeinen Umrissen vereinbart. Eine genaue Abgrenzung der in Frage stehenden
Territorien wird, wie es besonders nach französischen Quellen scheint, Gegenstand
weiterer Verhandlungen sein. Ebenso scheint noch keine Klarheit darüber zu
herrschen, ob nicht Gebietsteile ausgetauscht werden sollen. Auch wegen Togo ist
nach Zeitungsberichten das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wir möchten darum
nicht verfehlen, die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß sie das nationale
Empfinden tief verletzen würde, wollte sie Togo verhandeln. Was deutsch ist,
muß deutsch bleibenI Die Preisgabe Togos würde die an sich schon über Gebühr
erregte öffentliche Meinung auf das empfindlichste berühren.
Die Marokkoverhandlungen haben im Innern des Reichs eine Bewegung
hervorgerufen, die weder durch den Stand der Dinge noch durch das Objekt
überhaupt gerechtfertigt erscheint. Solange sich nicht eine dritte Macht als
Störenfried in die Aussprache zwischen Frankreich und Deutschland mischt, solange
liegt für Deutschland kein Grund vor. zum Schwert zu greifen. Sollte wider
Erwarten England aus seiner bisherigen Reserve hervortreten, dann freilich wäre
der nasus belli geschaffen. Wir glauben aber nicht, daß England seiner bisher
beobachteten Methode untreu werden wird. Man weiß jenseits des Kanals die
Stimmung in Deutschland durchaus richtig in das politische Rechenexempel ein-
zusetzen und kennt auch den Wert der sozialdemokratischen Friedensdemonstrationen.
In dem Augenblick, wo der Kaiser ruft, gibt es keine Parteien mehr in Deutsch¬
land, sondern nur eine deutsche Nation, die der Armee aus Millionen Kannten
Kräfte zuführt.
Die Beruhigung im Lande ist trotz dieser Sachlage nicht vorangegangen.
Es rast der See und will sein Opfer haben! Wie das Bild unserer Wirt¬
schaft augenblicklich aussieht, wird in der Abteilung „Bank und Geld" dargestellt:
ein Trümmerhaufen zerstörter Hoffnungen. Trotz der augenscheinlichen Ver¬
wüstungen in unserem Wirtschaftsleben fährt ein Teil der Presse fort, einseitig
gegen alle die zu agitieren, die nicht in die Kriegstrompete stoßen. Unsere War¬
nungen in dieser Beziehung haben ebenso wenig genutzt wie die anderer, besonnener
Tageszeitungen. —---
Ich habe in Heft W von der Post, der Rheinisch-Westfälischen Zeitung und
von der Täglichen Rundschau behauptet, sie führten in der Maroktofrage die
öffentliche Meinung irre, und habe auf ihre Beziehungen (Fäden) zu den Herren
Mannesman!! hingewiesen. Von den Blättern hat sich nur die Tägliche Rundschau
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