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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Englische Politik
von Zvilly Androas

Wi s ist eine beklagenswerte Erscheinung, daß die moderne Geschichts-
I Wissenschaft im Gesamtkreis unserer Bildung und unserer nationalen
! Entwicklung nicht mehr jenen hervorragenden Platz einnimmt, den
! sie in der Blütezeit unserer großen politischen Historiker besessen
hat. Noch mehr zu bedauern ist freilich, daß diese Entfremdung
von den Fachgenossen selbst lange nicht in genügendem Maße empfunden wird.
An Stelle der innigen Berührung zwischen den wirkenden Kräften unseres
Volkstums und unserer historischen Arbeit, an Stelle wechselseitigen Gebens und
Nehmens, ist vielfach akademische Verengung und der Eifer strengwissenschaft¬
licher Selbstgenügsamkeit getreten, der natürlich seine wohlgemessene Berechtigung
hat, aber doch auch seine Gefahren birgt, wenn er statt in das Leben ein¬
zuführen, aus ihm herausführt. Es kann hier nicht den mancherlei Ursachen
dieser Wandlung nachgegangen werden, die nach anderen Seiten hin auch
gewisse Bereicherungen gebracht hat; und das eine darf man ja billigerweise
nicht vergessen, daß die Historie der Reichsgründungszeit durch den Schwung
der Ereignisse selber auf ihre Höhe emporgetragen worden ist.

Mit lebhaften. Dank ist es daher zu begrüßen, daß Erich Marcks vor
kurzen: über einen Gegenstand das Wort ergriffen hat, der gerade in diesen
Wochen innerer Erregung und Spannung mächtig an die Gegenwarts- und
Zukunftsfragen unseres Vaterlandes rührt. Es handelt sich um die Einheitlich¬
keit der englischen Auslandspolitik von 1500 bis auf den heutigen Tag.")



*) Vgl. E. Marcks "Die Einheitlichkeit der englischen Nuslandspolitil von 1600 bis zur
Gegenwart". Zweite Auflage. Cotta. 1910. 38 S, 1 M.
Grenzöoten III 1911 66


Englische Politik
von Zvilly Androas

Wi s ist eine beklagenswerte Erscheinung, daß die moderne Geschichts-
I Wissenschaft im Gesamtkreis unserer Bildung und unserer nationalen
! Entwicklung nicht mehr jenen hervorragenden Platz einnimmt, den
! sie in der Blütezeit unserer großen politischen Historiker besessen
hat. Noch mehr zu bedauern ist freilich, daß diese Entfremdung
von den Fachgenossen selbst lange nicht in genügendem Maße empfunden wird.
An Stelle der innigen Berührung zwischen den wirkenden Kräften unseres
Volkstums und unserer historischen Arbeit, an Stelle wechselseitigen Gebens und
Nehmens, ist vielfach akademische Verengung und der Eifer strengwissenschaft¬
licher Selbstgenügsamkeit getreten, der natürlich seine wohlgemessene Berechtigung
hat, aber doch auch seine Gefahren birgt, wenn er statt in das Leben ein¬
zuführen, aus ihm herausführt. Es kann hier nicht den mancherlei Ursachen
dieser Wandlung nachgegangen werden, die nach anderen Seiten hin auch
gewisse Bereicherungen gebracht hat; und das eine darf man ja billigerweise
nicht vergessen, daß die Historie der Reichsgründungszeit durch den Schwung
der Ereignisse selber auf ihre Höhe emporgetragen worden ist.

Mit lebhaften. Dank ist es daher zu begrüßen, daß Erich Marcks vor
kurzen: über einen Gegenstand das Wort ergriffen hat, der gerade in diesen
Wochen innerer Erregung und Spannung mächtig an die Gegenwarts- und
Zukunftsfragen unseres Vaterlandes rührt. Es handelt sich um die Einheitlich¬
keit der englischen Auslandspolitik von 1500 bis auf den heutigen Tag.")



*) Vgl. E. Marcks „Die Einheitlichkeit der englischen Nuslandspolitil von 1600 bis zur
Gegenwart". Zweite Auflage. Cotta. 1910. 38 S, 1 M.
Grenzöoten III 1911 66
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[0449] [Abbildung] Englische Politik von Zvilly Androas Wi s ist eine beklagenswerte Erscheinung, daß die moderne Geschichts- I Wissenschaft im Gesamtkreis unserer Bildung und unserer nationalen ! Entwicklung nicht mehr jenen hervorragenden Platz einnimmt, den ! sie in der Blütezeit unserer großen politischen Historiker besessen hat. Noch mehr zu bedauern ist freilich, daß diese Entfremdung von den Fachgenossen selbst lange nicht in genügendem Maße empfunden wird. An Stelle der innigen Berührung zwischen den wirkenden Kräften unseres Volkstums und unserer historischen Arbeit, an Stelle wechselseitigen Gebens und Nehmens, ist vielfach akademische Verengung und der Eifer strengwissenschaft¬ licher Selbstgenügsamkeit getreten, der natürlich seine wohlgemessene Berechtigung hat, aber doch auch seine Gefahren birgt, wenn er statt in das Leben ein¬ zuführen, aus ihm herausführt. Es kann hier nicht den mancherlei Ursachen dieser Wandlung nachgegangen werden, die nach anderen Seiten hin auch gewisse Bereicherungen gebracht hat; und das eine darf man ja billigerweise nicht vergessen, daß die Historie der Reichsgründungszeit durch den Schwung der Ereignisse selber auf ihre Höhe emporgetragen worden ist. Mit lebhaften. Dank ist es daher zu begrüßen, daß Erich Marcks vor kurzen: über einen Gegenstand das Wort ergriffen hat, der gerade in diesen Wochen innerer Erregung und Spannung mächtig an die Gegenwarts- und Zukunftsfragen unseres Vaterlandes rührt. Es handelt sich um die Einheitlich¬ keit der englischen Auslandspolitik von 1500 bis auf den heutigen Tag.") *) Vgl. E. Marcks „Die Einheitlichkeit der englischen Nuslandspolitil von 1600 bis zur Gegenwart". Zweite Auflage. Cotta. 1910. 38 S, 1 M. Grenzöoten III 1911 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/449>, abgerufen am 29.12.2024.