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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Till Lulenspiegel

Eulenspiegel
(mit Verbeugung):

Vor Euch der Doktor Eulenspiegel steht.

(Lamme stürzt in Ebes Nachigewand und Nachthaube durch die Menge, hinterdrein
Eve in LnmmeS Wams.)

Lamme:

Halt ein! Halt eint Ich nehme ihn zum Mann!
'


Elle:

Halt auf! Halt auf! Mir gab ers Ehversvrechen!

Er will die Ehe unterm Galgen brechen!

(Alles in höchster Verwunderung und Belustigung.)

Lamme:

Was lacht ihr denn!? -- Ja, bin ich denn verdreht!?

O Till! was seh ich!? -- Du bist ja gerettet!


Eve
(zu Lamme):

Ja, und mit mir bist du zur Eh verkettet!

El geb sie Ruh! Ich hab doch eine Frau!


Lamme:

Potz Sapermillement I Seht doch, wie schlau --


Eve:

Um sich von allen Folgen zu befrein,

Fällt plötzlich ihm die Eheliebste ein!


Eulenspiegel:

O weh, du fandst bei ihr wohl Liebesglück?


Lamme:

Ach, Till, dazu ist sie doch viel zu dick!


Eve:

Warte, er frecher Bruder Lüderlich I


Lamme:

Zieh sie sich lieber an und Scham sie sich,
'

Auf offnem Markte Ehleut nachzustellen!


Eve:

Ihr hohen Herrn, der Bursche will mich prellen!

Welch krauser Fall! Ihr Herren Richter, sprecht,


Landgraf:

Wie kommt die Jungfer nun zu ihrem Recht?

Vielleicht könnt man das gute Mittel wählen,


Eulenspiegel:

Sie einfach morganatisch zu vermählen.

(Das Volk lacht, doch etwas verlegen.)

Macht mit mir, was ihr wollt! -- Hört, groß und klein


Lamme:

Lad in den Schwanen ich zum Frühstück ein!


Einige:

El ja! Hurra! Gleich fließen Braunbierbäche!
'

Und unser gradger Landgraf zahlt die Zeche!


Lamme
(etwas unsicher):

Der Landgraf hoch! Der Landgraf lebe! lebet


Volk:

Was für ein närrisch Volk! -- All Leid vergessen --


Landgraf
(nickt gnädig lächelnd):

Und immer nur das Essen. Essen, Essen!

Hoheit, verzeiht, ob gut. ob schlechte Tage --


Eulenspiegel (
mit Verbeugung):

Die Welt bleibt stets doch eine Magenfrage.

Ist nebenan der Braten aufgetragen,

Wird Euch kein Philosoph was Tiefes sagen. --

(Unter dem Jubel der nach der Schenke drängenden Menge fällt der Vorhang.)

Ende.




Till Lulenspiegel

Eulenspiegel
(mit Verbeugung):

Vor Euch der Doktor Eulenspiegel steht.

(Lamme stürzt in Ebes Nachigewand und Nachthaube durch die Menge, hinterdrein
Eve in LnmmeS Wams.)

Lamme:

Halt ein! Halt eint Ich nehme ihn zum Mann!
'


Elle:

Halt auf! Halt auf! Mir gab ers Ehversvrechen!

Er will die Ehe unterm Galgen brechen!

(Alles in höchster Verwunderung und Belustigung.)

Lamme:

Was lacht ihr denn!? — Ja, bin ich denn verdreht!?

O Till! was seh ich!? — Du bist ja gerettet!


Eve
(zu Lamme):

Ja, und mit mir bist du zur Eh verkettet!

El geb sie Ruh! Ich hab doch eine Frau!


Lamme:

Potz Sapermillement I Seht doch, wie schlau —


Eve:

Um sich von allen Folgen zu befrein,

Fällt plötzlich ihm die Eheliebste ein!


Eulenspiegel:

O weh, du fandst bei ihr wohl Liebesglück?


Lamme:

Ach, Till, dazu ist sie doch viel zu dick!


Eve:

Warte, er frecher Bruder Lüderlich I


Lamme:

Zieh sie sich lieber an und Scham sie sich,
'

Auf offnem Markte Ehleut nachzustellen!


Eve:

Ihr hohen Herrn, der Bursche will mich prellen!

Welch krauser Fall! Ihr Herren Richter, sprecht,


Landgraf:

Wie kommt die Jungfer nun zu ihrem Recht?

Vielleicht könnt man das gute Mittel wählen,


Eulenspiegel:

Sie einfach morganatisch zu vermählen.

(Das Volk lacht, doch etwas verlegen.)

Macht mit mir, was ihr wollt! — Hört, groß und klein


Lamme:

Lad in den Schwanen ich zum Frühstück ein!


Einige:

El ja! Hurra! Gleich fließen Braunbierbäche!
'

Und unser gradger Landgraf zahlt die Zeche!


Lamme
(etwas unsicher):

Der Landgraf hoch! Der Landgraf lebe! lebet


Volk:

Was für ein närrisch Volk! — All Leid vergessen —


Landgraf
(nickt gnädig lächelnd):

Und immer nur das Essen. Essen, Essen!

Hoheit, verzeiht, ob gut. ob schlechte Tage —


Eulenspiegel (
mit Verbeugung):

Die Welt bleibt stets doch eine Magenfrage.

Ist nebenan der Braten aufgetragen,

Wird Euch kein Philosoph was Tiefes sagen. —

(Unter dem Jubel der nach der Schenke drängenden Menge fällt der Vorhang.)

Ende.




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[0043] Till Lulenspiegel Eulenspiegel (mit Verbeugung): Vor Euch der Doktor Eulenspiegel steht. (Lamme stürzt in Ebes Nachigewand und Nachthaube durch die Menge, hinterdrein Eve in LnmmeS Wams.) Lamme: Halt ein! Halt eint Ich nehme ihn zum Mann! ' Elle: Halt auf! Halt auf! Mir gab ers Ehversvrechen! Er will die Ehe unterm Galgen brechen! (Alles in höchster Verwunderung und Belustigung.) Lamme: Was lacht ihr denn!? — Ja, bin ich denn verdreht!? O Till! was seh ich!? — Du bist ja gerettet! Eve (zu Lamme): Ja, und mit mir bist du zur Eh verkettet! El geb sie Ruh! Ich hab doch eine Frau! Lamme: Potz Sapermillement I Seht doch, wie schlau — Eve: Um sich von allen Folgen zu befrein, Fällt plötzlich ihm die Eheliebste ein! Eulenspiegel: O weh, du fandst bei ihr wohl Liebesglück? Lamme: Ach, Till, dazu ist sie doch viel zu dick! Eve: Warte, er frecher Bruder Lüderlich I Lamme: Zieh sie sich lieber an und Scham sie sich, ' Auf offnem Markte Ehleut nachzustellen! Eve: Ihr hohen Herrn, der Bursche will mich prellen! Welch krauser Fall! Ihr Herren Richter, sprecht, Landgraf: Wie kommt die Jungfer nun zu ihrem Recht? Vielleicht könnt man das gute Mittel wählen, Eulenspiegel: Sie einfach morganatisch zu vermählen. (Das Volk lacht, doch etwas verlegen.) Macht mit mir, was ihr wollt! — Hört, groß und klein Lamme: Lad in den Schwanen ich zum Frühstück ein! Einige: El ja! Hurra! Gleich fließen Braunbierbäche! ' Und unser gradger Landgraf zahlt die Zeche! Lamme (etwas unsicher): Der Landgraf hoch! Der Landgraf lebe! lebet Volk: Was für ein närrisch Volk! — All Leid vergessen — Landgraf (nickt gnädig lächelnd): Und immer nur das Essen. Essen, Essen! Hoheit, verzeiht, ob gut. ob schlechte Tage — Eulenspiegel ( mit Verbeugung): Die Welt bleibt stets doch eine Magenfrage. Ist nebenan der Braten aufgetragen, Wird Euch kein Philosoph was Tiefes sagen. — (Unter dem Jubel der nach der Schenke drängenden Menge fällt der Vorhang.) Ende.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/43>, abgerufen am 29.12.2024.