Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Die Bedeutung großer Armeemanöver geschnittene Schützengräben und Unterstände aller Arten gegen die Wirkung des Alle diese Fragen konnten wohl theoretisch vorher erwogen und durch¬ Die Bedeutung großer Armeemanöver geschnittene Schützengräben und Unterstände aller Arten gegen die Wirkung des Alle diese Fragen konnten wohl theoretisch vorher erwogen und durch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319307"/> <fw type="header" place="top"> Die Bedeutung großer Armeemanöver</fw><lb/> <p xml:id="ID_1826" prev="#ID_1825"> geschnittene Schützengräben und Unterstände aller Arten gegen die Wirkung des<lb/> feindlichen Feuers zu schützen, zeigte es sich, daß die Feldartillerie nicht mehr<lb/> imstande war, derartige Stellungen sturmreif zu machen und der vorgehenden<lb/> Infanterie den Weg zum Siege zu bahnen. Es lag der Gedanke nahe, dies<lb/> durch Verwendung schwererer Geschütze zu erreichen. Voraussetzung dazu aber<lb/> war, daß sie in bezug auf ihre Organisation, Beweglichkeit, Munitionsersatz alle<lb/> den Forderungen entsprachen, die man an eine Waffe stellen muß, welche die<lb/> Feldarmee auf ihrem Vormarsch begleiten will und gleich der Feldartillerie in<lb/> offener Feldschlacht verwendet werden soll. Daneben mußte Entscheidung darüber<lb/> getroffen werden, in welcher Weise das Zusammenwirken von Feld- und schwerer<lb/> Artillerie zu sichern sei, wer den gemeinsamen Befehl über beide Waffen zu<lb/> führen habe, wie der notwendige Einfluß des eigentlichen Truppenführers<lb/> bezüglich Wahl des Zieles und der Feuereröffnung zu sichern sei. Ferner war<lb/> zu bestimmen, welchem Verbände die neue Waffe zuzuleiten sei, ob sie unter<lb/> dem Befehle des Armeeführers bleiben oder auf die Armeekorps oder gar die<lb/> Divisionen verteilt werden sollte. Auch über ihren Platz auf den: Marsche<lb/> mußten Bestimmungen erlassen werden. Häufig traten dabei einander wider¬<lb/> sprechende Ansichten zutage. Die verschiedenen Interessen waren nur schwer zu<lb/> vereinigen. So wollte die Fußartillerie, die lange Zeit nur im verborgenen<lb/> geblüht und ein ruhiges Leben hinter den Festungswällen geführt hatte, jetzt,<lb/> nachdem sie wie Dornröschen durch den Kuß des Prinzen zu neuem Leben und<lb/> Taten erweckt war, gleich dieselbe Stellung und Beachtung erlangen, welche der<lb/> Feldartillerie schon lange zuteil geworden war. Sie befürchtete, im Kampfe zu<lb/> spät zu kommen, und erstrebte einen Platz möglichst weit vorn in der Marsch¬<lb/> kolonne. Wenn die Truppenführung auch jedes neue Kriegsmittel mit Freuden<lb/> begrüßte, daß die Chancen des Sieges erhöhte und die Niederwerfung des<lb/> Gegners erleichterte, so mußte sie doch darauf achten, daß nicht die anderen<lb/> Waffen in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1827" next="#ID_1828"> Alle diese Fragen konnten wohl theoretisch vorher erwogen und durch¬<lb/> gearbeitet werden, auch Kriegsspiele und Generalstabsreisen gaben Gelegenheit<lb/> zu eingehender Prüfung aller dieser Fragen, aber dies konnte immer nur als<lb/> eine Vorbereitung für die endgültige Lösung gelten. Es war ferner zu berück¬<lb/> sichtigen, daß einem kleinen Truppenverbande keine schwere Artillerie des Feld¬<lb/> heeres mitgegeben wird. Einem solchen fallen keine Aufgaben zu, die die<lb/> Verwendung dieser Waffe erfordern. Deshalb sind auch bei uns die schweren<lb/> Feldhaubitzen planmäßig den: Armeekorps zugeteilt. Sollte also die kriegsgemäße<lb/> Verwendung der schweren Artillerie zur Darstellung kommen mit dem ganzen<lb/> schwierigen Apparat der Erkundung, der Schußbeobachtung, des Munitions¬<lb/> ersatzes, so mußte auf der Partei, der diese neue Waffe zugeteilt war, mindestens<lb/> ein Armeekorps vorhanden sein. Hätte man nur einen Teil davon durch Voll¬<lb/> truppen, den Rest durch Flaggentruppen darstellen wollen, so hätte man wohl<lb/> die Ausdehnungen nach Breite und Tiefe angeben können, aber niemals ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
Die Bedeutung großer Armeemanöver
geschnittene Schützengräben und Unterstände aller Arten gegen die Wirkung des
feindlichen Feuers zu schützen, zeigte es sich, daß die Feldartillerie nicht mehr
imstande war, derartige Stellungen sturmreif zu machen und der vorgehenden
Infanterie den Weg zum Siege zu bahnen. Es lag der Gedanke nahe, dies
durch Verwendung schwererer Geschütze zu erreichen. Voraussetzung dazu aber
war, daß sie in bezug auf ihre Organisation, Beweglichkeit, Munitionsersatz alle
den Forderungen entsprachen, die man an eine Waffe stellen muß, welche die
Feldarmee auf ihrem Vormarsch begleiten will und gleich der Feldartillerie in
offener Feldschlacht verwendet werden soll. Daneben mußte Entscheidung darüber
getroffen werden, in welcher Weise das Zusammenwirken von Feld- und schwerer
Artillerie zu sichern sei, wer den gemeinsamen Befehl über beide Waffen zu
führen habe, wie der notwendige Einfluß des eigentlichen Truppenführers
bezüglich Wahl des Zieles und der Feuereröffnung zu sichern sei. Ferner war
zu bestimmen, welchem Verbände die neue Waffe zuzuleiten sei, ob sie unter
dem Befehle des Armeeführers bleiben oder auf die Armeekorps oder gar die
Divisionen verteilt werden sollte. Auch über ihren Platz auf den: Marsche
mußten Bestimmungen erlassen werden. Häufig traten dabei einander wider¬
sprechende Ansichten zutage. Die verschiedenen Interessen waren nur schwer zu
vereinigen. So wollte die Fußartillerie, die lange Zeit nur im verborgenen
geblüht und ein ruhiges Leben hinter den Festungswällen geführt hatte, jetzt,
nachdem sie wie Dornröschen durch den Kuß des Prinzen zu neuem Leben und
Taten erweckt war, gleich dieselbe Stellung und Beachtung erlangen, welche der
Feldartillerie schon lange zuteil geworden war. Sie befürchtete, im Kampfe zu
spät zu kommen, und erstrebte einen Platz möglichst weit vorn in der Marsch¬
kolonne. Wenn die Truppenführung auch jedes neue Kriegsmittel mit Freuden
begrüßte, daß die Chancen des Sieges erhöhte und die Niederwerfung des
Gegners erleichterte, so mußte sie doch darauf achten, daß nicht die anderen
Waffen in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt wurden.
Alle diese Fragen konnten wohl theoretisch vorher erwogen und durch¬
gearbeitet werden, auch Kriegsspiele und Generalstabsreisen gaben Gelegenheit
zu eingehender Prüfung aller dieser Fragen, aber dies konnte immer nur als
eine Vorbereitung für die endgültige Lösung gelten. Es war ferner zu berück¬
sichtigen, daß einem kleinen Truppenverbande keine schwere Artillerie des Feld¬
heeres mitgegeben wird. Einem solchen fallen keine Aufgaben zu, die die
Verwendung dieser Waffe erfordern. Deshalb sind auch bei uns die schweren
Feldhaubitzen planmäßig den: Armeekorps zugeteilt. Sollte also die kriegsgemäße
Verwendung der schweren Artillerie zur Darstellung kommen mit dem ganzen
schwierigen Apparat der Erkundung, der Schußbeobachtung, des Munitions¬
ersatzes, so mußte auf der Partei, der diese neue Waffe zugeteilt war, mindestens
ein Armeekorps vorhanden sein. Hätte man nur einen Teil davon durch Voll¬
truppen, den Rest durch Flaggentruppen darstellen wollen, so hätte man wohl
die Ausdehnungen nach Breite und Tiefe angeben können, aber niemals ein
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |