Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Die Bedeutung großer Armeemanöver ankommt, ob der Befehl schneller oder langsamer erlassen wird, wo Zeit zum Mit der Größe der Truppenverbände, die im Kriege zur Verwendung Die Bedeutung großer Armeemanöver ankommt, ob der Befehl schneller oder langsamer erlassen wird, wo Zeit zum Mit der Größe der Truppenverbände, die im Kriege zur Verwendung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319303"/> <fw type="header" place="top"> Die Bedeutung großer Armeemanöver</fw><lb/> <p xml:id="ID_1816" prev="#ID_1815"> ankommt, ob der Befehl schneller oder langsamer erlassen wird, wo Zeit zum<lb/> Überlegen ist und wo ein Versehen oder Fehler höchstens eine Rüge oder<lb/> Belehrung zur Folge hat, oder ob wirkliche Truppen vorhanden sind, die mit<lb/> Ungeduld auf die Befehle warten, wo ein Versehen sich häufig überhaupt nicht<lb/> wieder gutmachen läßt. Die wirkliche Verantwortung, welche Führer und Stäbe<lb/> bei derartigen Übungen zu tragen haben, ersetzen wenigstens einigermaßen die<lb/> Aufregungen und die nervenaufreibende Tätigkeit des Ernstfalles. Die zweck¬<lb/> mäßige Organisation des gesamten Stabsdienstes, der praktische Aufbau des<lb/> Befehlsmechanismus, die Ordnung der inneren Verhältnisse eines größeren<lb/> Stabes lassen sich nur an der Hand der Praxis erlernen. Es ist daher dringend<lb/> erwünscht, daß jeder Generalstabsoffizier und Adjutant wenigstens einmal in<lb/> seiner Laufbahn Gelegenheit gehabt hat, am Kaisermanöver in einem größeren<lb/> Stäbe teilzunehmen. Die Erfahrungen, die er hierbei gemacht hat, werden ihm<lb/> zugute kommen, auch wenn er selbst später als Chef des Stabes oder als Ober¬<lb/> quartiermeister einen solchen Stab zu organisieren hat oder selbst in die Reihen<lb/> der höheren Führer getreten ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1817" next="#ID_1818"> Mit der Größe der Truppenverbände, die im Kriege zur Verwendung<lb/> kommen, sind auch alle räumlichen Verhältnisse gewachsen. Die einzelnen<lb/> Kommandostellen sind so weit voneinander entfernt, daß die Verbindung zwischen<lb/> ihnen nicht mehr durch Reiter aufrecht erhalten werden kann. Es bedarf hierzu<lb/> besonderer technischer Verbindung^- und Nachrichtenmittel. Dies gilt in der¬<lb/> selben Weise von der Verbindung mit der vorgeschickten Kavallerie. In früheren<lb/> Zeiten konnte der Feldherr sein verhältnismäßig kleines Heer, das noch dazu<lb/> auf engem Raum in dichten Massen zusammenstand und sich ebenso bewegte,<lb/> durch Adjutanten und Ordonnanzoffiziere leiten. Dies ist jetzt ausgeschlossen.<lb/> Früher konnte er von einem hochgelegenen, günstig gewählten Punkte aus die<lb/> feindliche Stellung und die eigene Heeresfront übersehen. Auch dies ist nicht<lb/> mehr möglich. Ist hierdurch die Kunst der Truppensührung unzweifelhaft<lb/> schwieriger geworden, so hat doch die im Frieden hoch entwickelte Technik dem<lb/> Führer vielfache Mittel an die Hand gegeben, um diese Schwierigkeiten zu<lb/> überwinden, die Meldungen der vorgehenden Patrouillen rechtzeitig zu erhalten<lb/> und seinen Führerwillen auch bei den entfernten Truppen zum Ausdruck zu<lb/> bringen. Telegraph, Telephon, Radiotelegraphie, optische Signale, Luftschiffe,<lb/> Flugzeuge, Selbstfahrer, Motorfahrräder stehen ihm hierzu zur Verfügung. Alle<lb/> derartigen technischen Hilfsmittel müssen aber unter kriegsgemäßen Verhältnissen<lb/> schon im Frieden ausprobiert und angewendet werden. Sie müssen zunächst<lb/> ihre Kriegsbrauchbarkeit beweisen, ehe sie in der Armee allgemein eingeführt<lb/> werden. Ist dies der Fall und ist ihre Verwendung für den Kriegsfall in<lb/> Aussicht genommen, so müssen Führer und Truppe sich auch an das neue<lb/> Kriegsmittel gewöhnen und sich schon im Frieden mit seiner Anwendung ver¬<lb/> traut machen, einerseits um den möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen,<lb/> anderseits um keine Erwartungen zu hegen und Forderungen zu erheben, welche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
Die Bedeutung großer Armeemanöver
ankommt, ob der Befehl schneller oder langsamer erlassen wird, wo Zeit zum
Überlegen ist und wo ein Versehen oder Fehler höchstens eine Rüge oder
Belehrung zur Folge hat, oder ob wirkliche Truppen vorhanden sind, die mit
Ungeduld auf die Befehle warten, wo ein Versehen sich häufig überhaupt nicht
wieder gutmachen läßt. Die wirkliche Verantwortung, welche Führer und Stäbe
bei derartigen Übungen zu tragen haben, ersetzen wenigstens einigermaßen die
Aufregungen und die nervenaufreibende Tätigkeit des Ernstfalles. Die zweck¬
mäßige Organisation des gesamten Stabsdienstes, der praktische Aufbau des
Befehlsmechanismus, die Ordnung der inneren Verhältnisse eines größeren
Stabes lassen sich nur an der Hand der Praxis erlernen. Es ist daher dringend
erwünscht, daß jeder Generalstabsoffizier und Adjutant wenigstens einmal in
seiner Laufbahn Gelegenheit gehabt hat, am Kaisermanöver in einem größeren
Stäbe teilzunehmen. Die Erfahrungen, die er hierbei gemacht hat, werden ihm
zugute kommen, auch wenn er selbst später als Chef des Stabes oder als Ober¬
quartiermeister einen solchen Stab zu organisieren hat oder selbst in die Reihen
der höheren Führer getreten ist.
Mit der Größe der Truppenverbände, die im Kriege zur Verwendung
kommen, sind auch alle räumlichen Verhältnisse gewachsen. Die einzelnen
Kommandostellen sind so weit voneinander entfernt, daß die Verbindung zwischen
ihnen nicht mehr durch Reiter aufrecht erhalten werden kann. Es bedarf hierzu
besonderer technischer Verbindung^- und Nachrichtenmittel. Dies gilt in der¬
selben Weise von der Verbindung mit der vorgeschickten Kavallerie. In früheren
Zeiten konnte der Feldherr sein verhältnismäßig kleines Heer, das noch dazu
auf engem Raum in dichten Massen zusammenstand und sich ebenso bewegte,
durch Adjutanten und Ordonnanzoffiziere leiten. Dies ist jetzt ausgeschlossen.
Früher konnte er von einem hochgelegenen, günstig gewählten Punkte aus die
feindliche Stellung und die eigene Heeresfront übersehen. Auch dies ist nicht
mehr möglich. Ist hierdurch die Kunst der Truppensührung unzweifelhaft
schwieriger geworden, so hat doch die im Frieden hoch entwickelte Technik dem
Führer vielfache Mittel an die Hand gegeben, um diese Schwierigkeiten zu
überwinden, die Meldungen der vorgehenden Patrouillen rechtzeitig zu erhalten
und seinen Führerwillen auch bei den entfernten Truppen zum Ausdruck zu
bringen. Telegraph, Telephon, Radiotelegraphie, optische Signale, Luftschiffe,
Flugzeuge, Selbstfahrer, Motorfahrräder stehen ihm hierzu zur Verfügung. Alle
derartigen technischen Hilfsmittel müssen aber unter kriegsgemäßen Verhältnissen
schon im Frieden ausprobiert und angewendet werden. Sie müssen zunächst
ihre Kriegsbrauchbarkeit beweisen, ehe sie in der Armee allgemein eingeführt
werden. Ist dies der Fall und ist ihre Verwendung für den Kriegsfall in
Aussicht genommen, so müssen Führer und Truppe sich auch an das neue
Kriegsmittel gewöhnen und sich schon im Frieden mit seiner Anwendung ver¬
traut machen, einerseits um den möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen,
anderseits um keine Erwartungen zu hegen und Forderungen zu erheben, welche
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