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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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fallor jene lokalen Kreditinstitute schädigen und in ihrem natürlichen Wirkungs¬
bereich bedrängen. Man sollte glauben, daß eine Abgrenzung der Interessen¬
sphäre schon durch die Verschiedenheit der Aufgaben sich von selbst ergeben
müßte. Gleichwohl aber beschweren sich nicht nur die Kreditgenossenschaften
über die Banken und die Sparkassen, weil letztere ihren Betrieb bartmäßig
auszugestalten suchen, sondern umgekehrt auch die Sparkassen über die Kredit¬
genossenschaften, weil sie die Bezeichnung "Sparkassengelder" als eine ihnen
ausschließlich zukommende in Anspruch nehmen möchten. Der zurzeit in Stettin
versammelte Allgemeine deutsche Genossenschaftstag beschäftigt sich daher,
wie schon bei früheren Tagungen, auch diesmal wieder mit dieser Frage. Eine
größere Klärung werden die Verhandlungen- kaum bringen. Doch wird sich
hoffentlich allen Beteiligten nach und nach die Einsicht aufdrängen, daß zwischen
Instituten mit gänzlich verschiedenen wirtschaftlichen Aufgaben, von denen über¬
dies Kreditgenossenschaften wie Sparkassen keine Erwerbsinstitute sind, eine
Konkurrenz nicht bestehen kann, weder hinsichtlich der Aufgaben selbst, noch
hinsichtlich der Beschaffung der Mittel, die diesen angepaßt sein müssen.

Der Streit im Kaligewerbe darf als beendigt gelten. Wenigstens
stehen nunmehr die Grundlinien fest, auf denen es zu einer Einigung zwischen
den Kaliwerken Aschersleben, dem Kalisyndikat und dem abtrünnigen amerika¬
nischen Vertragsgegner kommen wird. Dieses Abkommen wird kaum anders
lauten, als es von Ursprung an vorausgesagt wurde. Aschersleben erhält für
die Aufgabe der Kontrakte eine erhebliche Entschädigung durch die Amerikaner
und erwirbt Sollstedt zurück, zugleich werden ihm bei seinem Beitritt zum
Syndikat gewisse Sondervorteile zugestanden. Das Kalisyndikat, welches den
so gefährlichen Außenseiter nunmehr beseitigt hat, wird zu der ihm so
erwünschten Lösung zweifelsohne erhebliche Beisteuern zahlen, in welcher Form
und in welcher Höhe ist einstweilen nicht bekannt, für die Öffentlichkeit aber
auch im ganzen gleichgültig. Wichtig ist nur, daß jetzt das Kalisyndikat in
seiner Preispolitik unbeschränkt freie Hand hat. Der von Aschersleben unter
Schmidtmanns Einfluß unternommene Versuch, den Absatz von Kali durch
billige Preise zu fördern und den hochentwickelten Werken Gelegenheit zu ver¬
mehrtem Absatz zu geben, durch das niedrige Preisniveau zugleich auf eine
Unterdrückung der schwachen Werke und auf eine verminderte Neugründung
hinzuwirken, ist endgültig gescheitert. Nunmehr hat die Kalimdustrie ihr
Heil nur in der Syndikatspolitik zu suchen. Ganz im Gegensatz zu den
Schmidtmannschen Absichten ist infolge des Kaligesetzes eine Periode der Massen¬
gründungen eingetreten. Nun gilt es, Ausdehnung des Absatzes mit hohen
Preisen Hand in Hand gehen zu lassen. Eine schwierige Aufgabe! Ohne eine
sehr schnelle und kräftige Entwicklung des Kaliabsatzes wird das bei der gesetz¬
lichen Regelung beabsichtigte Ziel, die Kaliindustrie vor einer verhängnisvollen
Produktionskrisis zu bewahren, sich nicht erreichen lassen. Schon macht sich
selbst im Inlande eine Konkurrenz in künstlichen Düngemitteln geltend


Reichsspiegol

fallor jene lokalen Kreditinstitute schädigen und in ihrem natürlichen Wirkungs¬
bereich bedrängen. Man sollte glauben, daß eine Abgrenzung der Interessen¬
sphäre schon durch die Verschiedenheit der Aufgaben sich von selbst ergeben
müßte. Gleichwohl aber beschweren sich nicht nur die Kreditgenossenschaften
über die Banken und die Sparkassen, weil letztere ihren Betrieb bartmäßig
auszugestalten suchen, sondern umgekehrt auch die Sparkassen über die Kredit¬
genossenschaften, weil sie die Bezeichnung „Sparkassengelder" als eine ihnen
ausschließlich zukommende in Anspruch nehmen möchten. Der zurzeit in Stettin
versammelte Allgemeine deutsche Genossenschaftstag beschäftigt sich daher,
wie schon bei früheren Tagungen, auch diesmal wieder mit dieser Frage. Eine
größere Klärung werden die Verhandlungen- kaum bringen. Doch wird sich
hoffentlich allen Beteiligten nach und nach die Einsicht aufdrängen, daß zwischen
Instituten mit gänzlich verschiedenen wirtschaftlichen Aufgaben, von denen über¬
dies Kreditgenossenschaften wie Sparkassen keine Erwerbsinstitute sind, eine
Konkurrenz nicht bestehen kann, weder hinsichtlich der Aufgaben selbst, noch
hinsichtlich der Beschaffung der Mittel, die diesen angepaßt sein müssen.

Der Streit im Kaligewerbe darf als beendigt gelten. Wenigstens
stehen nunmehr die Grundlinien fest, auf denen es zu einer Einigung zwischen
den Kaliwerken Aschersleben, dem Kalisyndikat und dem abtrünnigen amerika¬
nischen Vertragsgegner kommen wird. Dieses Abkommen wird kaum anders
lauten, als es von Ursprung an vorausgesagt wurde. Aschersleben erhält für
die Aufgabe der Kontrakte eine erhebliche Entschädigung durch die Amerikaner
und erwirbt Sollstedt zurück, zugleich werden ihm bei seinem Beitritt zum
Syndikat gewisse Sondervorteile zugestanden. Das Kalisyndikat, welches den
so gefährlichen Außenseiter nunmehr beseitigt hat, wird zu der ihm so
erwünschten Lösung zweifelsohne erhebliche Beisteuern zahlen, in welcher Form
und in welcher Höhe ist einstweilen nicht bekannt, für die Öffentlichkeit aber
auch im ganzen gleichgültig. Wichtig ist nur, daß jetzt das Kalisyndikat in
seiner Preispolitik unbeschränkt freie Hand hat. Der von Aschersleben unter
Schmidtmanns Einfluß unternommene Versuch, den Absatz von Kali durch
billige Preise zu fördern und den hochentwickelten Werken Gelegenheit zu ver¬
mehrtem Absatz zu geben, durch das niedrige Preisniveau zugleich auf eine
Unterdrückung der schwachen Werke und auf eine verminderte Neugründung
hinzuwirken, ist endgültig gescheitert. Nunmehr hat die Kalimdustrie ihr
Heil nur in der Syndikatspolitik zu suchen. Ganz im Gegensatz zu den
Schmidtmannschen Absichten ist infolge des Kaligesetzes eine Periode der Massen¬
gründungen eingetreten. Nun gilt es, Ausdehnung des Absatzes mit hohen
Preisen Hand in Hand gehen zu lassen. Eine schwierige Aufgabe! Ohne eine
sehr schnelle und kräftige Entwicklung des Kaliabsatzes wird das bei der gesetz¬
lichen Regelung beabsichtigte Ziel, die Kaliindustrie vor einer verhängnisvollen
Produktionskrisis zu bewahren, sich nicht erreichen lassen. Schon macht sich
selbst im Inlande eine Konkurrenz in künstlichen Düngemitteln geltend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/298>, abgerufen am 04.01.2025.