Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Staat und Handel er schützen müsse. Wenn aber ein Staat einmal Zölle, die die schädliche Höhe Versicherungen für Arbeitslose braucht kein Staat! Er hat Hilfsmittel Ein freier Handelsstand kann seine Geschäfte im Verkehre mit den Völkern Zu all dem ist aber erste und notwendige Voraussetzung: eine Revision Der Staat -- oder die Leitung einer gemeinsamen Volksmasse -- hat Staat und Handel er schützen müsse. Wenn aber ein Staat einmal Zölle, die die schädliche Höhe Versicherungen für Arbeitslose braucht kein Staat! Er hat Hilfsmittel Ein freier Handelsstand kann seine Geschäfte im Verkehre mit den Völkern Zu all dem ist aber erste und notwendige Voraussetzung: eine Revision Der Staat — oder die Leitung einer gemeinsamen Volksmasse — hat <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0263" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319212"/> <fw type="header" place="top"> Staat und Handel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1524" prev="#ID_1523"> er schützen müsse. Wenn aber ein Staat einmal Zölle, die die schädliche Höhe<lb/> erreicht hatten, abgeschafft hat (Englands Korngesetze), dann handelte er im<lb/> Interesse seines Volkes, handelte naturgemäß und gab seinem Handelsstande das,<lb/> was erst den Handelsstand gemacht hat, was ihm Lebensbedingung ist, wieder —<lb/> Freiheit! Der freie Kaufmann kann in seiner Hand, gehoben durch den<lb/> erleichterten Verkehr, begünstigt durch alle Hilfsmittel, die der menschliche Geist<lb/> inzwischen der Natur abgerungen hat, so viele Möglichkeiten und Quellen der<lb/> Arbeit vereinen, daß ein großes Volk dadurch findet, was es für sein Staatswesen und<lb/> seine eigene Unterhaltung, Kräftigung und Vermehrung braucht — Arbeit!</p><lb/> <p xml:id="ID_1525"> Versicherungen für Arbeitslose braucht kein Staat! Er hat Hilfsmittel<lb/> genug in der Hand, keine Arbeitslosen in seiner Mitte zu dulden. Haiden sind<lb/> urbar zu machen, Wälder sind aufzuforsten, Kanäle sind zu bauen, Straßen<lb/> sind anzulegen — Millionen Geldes können mit ruhiger Sicherheit aufgewendet<lb/> werden, wenn die einengendem Zollschranken fallen, und der Handelsstand bringt<lb/> dem Staate all diese Milliarden in rastloser Arbeit wieder ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1526"> Ein freier Handelsstand kann seine Geschäfte im Verkehre mit den Völkern<lb/> der Welt so machen, daß er seinem Staate, der ihm mit seinem Ansehen die<lb/> Ruhe, Ordnung und Sicherheit aufrecht erhalten soll, reichlich dafür Tribut<lb/> zahlen kann — aber der Staat muß seine Geschäfte dann auch fo machen,<lb/> wie er es von seinen sorgfältigen Kaufleuten verlangt. Der Staat besitzt: Post,<lb/> Eisenbahn, Heer, Flotte. Das sind vier mächtige Maschinen in seinem Betriebe.<lb/> Wer sich aber eine Maschine für seinen Betrieb anschafft, muß diese Maschine<lb/> auch so arbeiten lassen oder beschäftigen können, daß sie nicht nur sich selbst<lb/> amortisiert, sondern auch dem Besitzer Verdienste einbringt. Ist das nicht der<lb/> Fall, dann ist die Maschine ein Luxusartikel, die sich nur ein reicher Nabob<lb/> leisten kann. Solche reichen Staaten gibt es nicht auf dieser Erde. Es muß<lb/> Mittel und Wege geben, diese Maschinen so im Laufe zu haben, daß sie dem<lb/> Staate Verdienste abwerfen. Oder ein Kaufmann, der ein garantiertes Absatz¬<lb/> gebiet von essenden Menschenkörpern hat, wie das Heer, sollte nicht<lb/> Dividenden zahlen können? Der Eisenbahnkönig, der die Kilometercmzahl der<lb/> Schienenstränge des Deutschen Reiches sein eigen nennt, sollte nicht Milliardär<lb/> werden?— Da liegt der Kernpunkt aller Finanzreformen! Die vier Maschinen,<lb/> die so viel Feuerung verschlucken, laufen falsch. Die dürfen nichts kosten, die<lb/> müssen verdienen, und zwar so viel verdienen, daß der Staat überhaupt keine<lb/> Zölle braucht. Wären die Vier vier Aktiengesellschaften und zahlten keine<lb/> Dividenden — das würden stürmische Generalversammlungen werden und doch<lb/> würde man sie „sanieren".</p><lb/> <p xml:id="ID_1527"> Zu all dem ist aber erste und notwendige Voraussetzung: eine Revision<lb/> und Herabsetzung der Zollschranken und ein Aufsuchen neuer Steuerqnellen, die<lb/> der modernen Entwicklung entsprechen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1528" next="#ID_1529"> Der Staat — oder die Leitung einer gemeinsamen Volksmasse — hat<lb/> die moralische Verpflichtung, nur wenige Zollschranken oder Steuern aufrecht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0263]
Staat und Handel
er schützen müsse. Wenn aber ein Staat einmal Zölle, die die schädliche Höhe
erreicht hatten, abgeschafft hat (Englands Korngesetze), dann handelte er im
Interesse seines Volkes, handelte naturgemäß und gab seinem Handelsstande das,
was erst den Handelsstand gemacht hat, was ihm Lebensbedingung ist, wieder —
Freiheit! Der freie Kaufmann kann in seiner Hand, gehoben durch den
erleichterten Verkehr, begünstigt durch alle Hilfsmittel, die der menschliche Geist
inzwischen der Natur abgerungen hat, so viele Möglichkeiten und Quellen der
Arbeit vereinen, daß ein großes Volk dadurch findet, was es für sein Staatswesen und
seine eigene Unterhaltung, Kräftigung und Vermehrung braucht — Arbeit!
Versicherungen für Arbeitslose braucht kein Staat! Er hat Hilfsmittel
genug in der Hand, keine Arbeitslosen in seiner Mitte zu dulden. Haiden sind
urbar zu machen, Wälder sind aufzuforsten, Kanäle sind zu bauen, Straßen
sind anzulegen — Millionen Geldes können mit ruhiger Sicherheit aufgewendet
werden, wenn die einengendem Zollschranken fallen, und der Handelsstand bringt
dem Staate all diese Milliarden in rastloser Arbeit wieder ein.
Ein freier Handelsstand kann seine Geschäfte im Verkehre mit den Völkern
der Welt so machen, daß er seinem Staate, der ihm mit seinem Ansehen die
Ruhe, Ordnung und Sicherheit aufrecht erhalten soll, reichlich dafür Tribut
zahlen kann — aber der Staat muß seine Geschäfte dann auch fo machen,
wie er es von seinen sorgfältigen Kaufleuten verlangt. Der Staat besitzt: Post,
Eisenbahn, Heer, Flotte. Das sind vier mächtige Maschinen in seinem Betriebe.
Wer sich aber eine Maschine für seinen Betrieb anschafft, muß diese Maschine
auch so arbeiten lassen oder beschäftigen können, daß sie nicht nur sich selbst
amortisiert, sondern auch dem Besitzer Verdienste einbringt. Ist das nicht der
Fall, dann ist die Maschine ein Luxusartikel, die sich nur ein reicher Nabob
leisten kann. Solche reichen Staaten gibt es nicht auf dieser Erde. Es muß
Mittel und Wege geben, diese Maschinen so im Laufe zu haben, daß sie dem
Staate Verdienste abwerfen. Oder ein Kaufmann, der ein garantiertes Absatz¬
gebiet von essenden Menschenkörpern hat, wie das Heer, sollte nicht
Dividenden zahlen können? Der Eisenbahnkönig, der die Kilometercmzahl der
Schienenstränge des Deutschen Reiches sein eigen nennt, sollte nicht Milliardär
werden?— Da liegt der Kernpunkt aller Finanzreformen! Die vier Maschinen,
die so viel Feuerung verschlucken, laufen falsch. Die dürfen nichts kosten, die
müssen verdienen, und zwar so viel verdienen, daß der Staat überhaupt keine
Zölle braucht. Wären die Vier vier Aktiengesellschaften und zahlten keine
Dividenden — das würden stürmische Generalversammlungen werden und doch
würde man sie „sanieren".
Zu all dem ist aber erste und notwendige Voraussetzung: eine Revision
und Herabsetzung der Zollschranken und ein Aufsuchen neuer Steuerqnellen, die
der modernen Entwicklung entsprechen.
Der Staat — oder die Leitung einer gemeinsamen Volksmasse — hat
die moralische Verpflichtung, nur wenige Zollschranken oder Steuern aufrecht
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