Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Landeskunde der Provinz Brandenburg dieses Königs, ein einheitliches Recht für seine Lande zu schaffen, im Sande, Im Zusammenhange mit der Rechtsgeschichte steht die Verwaltungsgeschichte, Mit den Gründungen der Städte in askanischer Zeit ging die Entstehung Grenzboton III 1911 1?
Landeskunde der Provinz Brandenburg dieses Königs, ein einheitliches Recht für seine Lande zu schaffen, im Sande, Im Zusammenhange mit der Rechtsgeschichte steht die Verwaltungsgeschichte, Mit den Gründungen der Städte in askanischer Zeit ging die Entstehung Grenzboton III 1911 1?
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Landeskunde der Provinz Brandenburg
dieses Königs, ein einheitliches Recht für seine Lande zu schaffen, im Sande,
ebenso hatten die Unternehmungen des Kanzlers Cocceji, das materielle Recht,
das Verfahren und die Gerichtsverfassung von Grund aus neu zu gestalten, fast
keinen Erfolg. Ebenderselbe aber hat das große Verdienst, ein jugendkräftiges
Richtertum herangebildet, für anständige Besoldung gesorgt, abgelebte Richter
beseitigt und für einen vortrefflichen Nachwuchs gesorgt zu haben. Er führte die
große Staatsprüfung ein. Ein weiterer Schritt wurde schließlich durch den Justiz-
minister Carmer unternommen, als er daS Allgemeine Landrecht für die preußischen
Staaten zustande brachte und das Verfahren neu regelte.
Im Zusammenhange mit der Rechtsgeschichte steht die Verwaltungsgeschichte,
die von Dr. Spatz behandelt wird. Von einer Verwaltung im engeren Sinne
kann freilich erst die Rede sein, seitdem Albrecht der Bär in der Mark regierte
und sich die Städte zu entfalten begannen. In der Wendenzeit gab eS
nur kleinere oder größere Dörfer, denen eine geordnete Verfassung fehlte. Nach
der Ausbreitung des Deutschtums war der Fürst zumeist zugleich der Herr der
Stadt, der sie angelegt und erweitert hatte. Die dabei tätigen Mittelspersonen
(looawres) erhielten für ihre Mühewaltung eine Gerechtsame, reichen Grundbesitz
und das erbliche Schultheißenamt. Sie hatten die Einkünfte für den Stadtherrn
einzusammeln, namentlich die Gerichtsbußen, Zölle und andere landesherrliche
Regalien und grundherrliche Rechte, wohnten dauernd in der Stadt und waren
landesherrliche Beamte. Neben ihnen gab es den bürgerlichen Rat, der das
städtische Leben, den Handels- und Marktverkehr unter sich hatte. Die Ratmannen
oder Konsuln sind wohl zu unterscheiden von den Schoppen, denen die Rechtspflege
oblag. Zu erwähnen sind endlich noch die Jnnungsmeister als maßgebender
Bestandteil des Stadtregiments.
Mit den Gründungen der Städte in askanischer Zeit ging die Entstehung
der Dörfer Hand in Hand; ein Teil der deutschen Siedlungen lehnte sich zwar
an schon bestehende slawische Orte an, aber Tausende von Dörfern entstanden neu
und die deutschen Bauern überflügelten sehr bald die wendischen in wirtschaftlicher
Beziehung. Die deutschen Dörfer standen fast durchweg auf grundherrlichen Boden,
die Bauern zahlten für die Verleihung des Ackerlandes dem Grundherrn
einen Zins und entrichteten außerdem Leistungen öffentlich-rechtlicher Natur. An
der Spitze der Dorfschaft stand der Schulze, der dem Schultheißen in der Stadt
entsprach und oft erblicher Lehnmann war; er stand im Mittelpunkt der Dorf¬
gemeinde und hatte deren Verwaltung nach außen und innen zu besorgen.
Zwischen den Städten und Dörfern stand der adlige Grundbesitz, der den Rittern
vom Markgrafen zur Kolonisation übergeben worden war, und man nimmt an,
daß diese dann erst die Dörfer angelegt und die einzelnen Hufen an Kolonisten
vergeben haben. Der gemeinsame Oberherr der Bauern, Ritter und Bürger war
der Markgraf, aber es hielt schwer, sie in einem gemeinsamen Landtage zu ver¬
einigen, da die Zusammengehörigkeit der einzelnen Landschaften noch zu wenig
ausgebildet war. Eine neue Zeit in der Verwaltungsgeschichte trat mit dem
Beginn der Herrschaft der Hohenzollern ein. Während sich die Städte zu größerer
Freiheit emporarbeiteten, kamen die Dörfer immer mehr unter die Verwaltung der
Gutsherrschaft, die im Orte ansässig war und möglichst viel Bauerngüter
erwarb.
Grenzboton III 1911 1?
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