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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Till Lulcnspiegcl

Das Volt kann Hierzuland kein Spiel verstehen,

Wo nicht am Ende beißt ins Gras ein Tropf.


Kanzler:

Ich werd beim Kaiser bittre Klag erheben.


Eulenspiegel:

Das tut nur ja mit größter Schleunigkeit.

Ich sorg', Ihr werdet's sonst nicht mehr erleben --

Der Kaiser wohnt ja auch so schrecklich weit.

Sagt, Freund, Ihr könntet mir den Landgraf bitten,


.Kanzler:

Daß er dem Ding ein Ende macht.


Eulenspiegel:

O weht

Der Landgraf ist zur Jagd grad ausgeritten,

Und bis er kommt, tut Euch kein Haar mehr weh.

Ja, aber wann soll denn die Tollheit enden!?


Kanzler:
Eulenspiegel:

Vertraut Euch, Herr, getrost nur meinen Händen. --
'

Mir, Eurem Beistand, könnt Jhrs ja gestehen,

(vertraulich)

Daß Ihr der Narr Till Eulenspiegel seid.

Ihr seid wie alle hier nicht recht gescheit!


Kanzler:
Eulenspiegel:

Sehr schmeichelhaft! -- Da kommt schon das Gericht! --


Einzelne Bürger:

Sie kommen schon!

Das Urtel! Hört, das Urtel!


Andere Bürger:
Grober:

Im Namen des hochweisen Kriminal

Verkünde ich das Urteil:

Till Eulenspiegel wird für schuld befunden

Der Krimina, so ihn die Klage zeiht,

Und wird zum Tod verurteilt durch den Strang.

Da er geleugnet hat, schreibt das Gesetz

Die Foltrung vor der Exekutiv vor,

Wogegen er die peinliche Befragung

Erspart, wenn er gesteht. --

Gerichtet wird die Malefizverson

In fünfter Stunde morgen in der Frühe,

Nachdem die Urteilsgründe kundgetan.

Als Richtplatz dient, weil seine Tat begangen

In publiLO, der Markt. -- Dies wird verkündet
'

Im Namn des Kaisers und hiermit geschlossen. --


Ein Bürger:

Tod durch den Strang! Hört nur, der arme Schelm!


Ein Anderer:

Ein hartes Urteil!

Aber 's ist gerecht!


Ein Dritter:

Nein, 's ist zu streng!


Der Zweite:
Der Dritte:

Juckt etwa dir der Hals?

Ich find's gerecht. -- Es lebe Kaiser Karl!


Wenige:

Er lebe! lebe!


Grober:

Geht jetzt heim, ihr Leute,

Und haltet Ruhe!


Einige:

Kommt! Wir wollen geheilt

(Die Bürger zerstreuen sich nur allmählich, so daß einzelne um Schluß des Aufzuges,
wenn auch in weiterer Entfernung, noch umherstehen.)

Kanzler:

Ist jetzt der Possen aus? -- Löst mir die Schellen? --

El wartet, teuer kommt es euch zu stehen. --

Nehmt die drei Narrenrichter sogleich fest,

Samt Kläger, Beistand und Protokollar!


Till Lulcnspiegcl

Das Volt kann Hierzuland kein Spiel verstehen,

Wo nicht am Ende beißt ins Gras ein Tropf.


Kanzler:

Ich werd beim Kaiser bittre Klag erheben.


Eulenspiegel:

Das tut nur ja mit größter Schleunigkeit.

Ich sorg', Ihr werdet's sonst nicht mehr erleben —

Der Kaiser wohnt ja auch so schrecklich weit.

Sagt, Freund, Ihr könntet mir den Landgraf bitten,


.Kanzler:

Daß er dem Ding ein Ende macht.


Eulenspiegel:

O weht

Der Landgraf ist zur Jagd grad ausgeritten,

Und bis er kommt, tut Euch kein Haar mehr weh.

Ja, aber wann soll denn die Tollheit enden!?


Kanzler:
Eulenspiegel:

Vertraut Euch, Herr, getrost nur meinen Händen. —
'

Mir, Eurem Beistand, könnt Jhrs ja gestehen,

(vertraulich)

Daß Ihr der Narr Till Eulenspiegel seid.

Ihr seid wie alle hier nicht recht gescheit!


Kanzler:
Eulenspiegel:

Sehr schmeichelhaft! — Da kommt schon das Gericht! —


Einzelne Bürger:

Sie kommen schon!

Das Urtel! Hört, das Urtel!


Andere Bürger:
Grober:

Im Namen des hochweisen Kriminal

Verkünde ich das Urteil:

Till Eulenspiegel wird für schuld befunden

Der Krimina, so ihn die Klage zeiht,

Und wird zum Tod verurteilt durch den Strang.

Da er geleugnet hat, schreibt das Gesetz

Die Foltrung vor der Exekutiv vor,

Wogegen er die peinliche Befragung

Erspart, wenn er gesteht. —

Gerichtet wird die Malefizverson

In fünfter Stunde morgen in der Frühe,

Nachdem die Urteilsgründe kundgetan.

Als Richtplatz dient, weil seine Tat begangen

In publiLO, der Markt. — Dies wird verkündet
'

Im Namn des Kaisers und hiermit geschlossen. —


Ein Bürger:

Tod durch den Strang! Hört nur, der arme Schelm!


Ein Anderer:

Ein hartes Urteil!

Aber 's ist gerecht!


Ein Dritter:

Nein, 's ist zu streng!


Der Zweite:
Der Dritte:

Juckt etwa dir der Hals?

Ich find's gerecht. — Es lebe Kaiser Karl!


Wenige:

Er lebe! lebe!


Grober:

Geht jetzt heim, ihr Leute,

Und haltet Ruhe!


Einige:

Kommt! Wir wollen geheilt

(Die Bürger zerstreuen sich nur allmählich, so daß einzelne um Schluß des Aufzuges,
wenn auch in weiterer Entfernung, noch umherstehen.)

Kanzler:

Ist jetzt der Possen aus? — Löst mir die Schellen? —

El wartet, teuer kommt es euch zu stehen. —

Nehmt die drei Narrenrichter sogleich fest,

Samt Kläger, Beistand und Protokollar!


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[0640] Till Lulcnspiegcl Das Volt kann Hierzuland kein Spiel verstehen, Wo nicht am Ende beißt ins Gras ein Tropf. Kanzler: Ich werd beim Kaiser bittre Klag erheben. Eulenspiegel: Das tut nur ja mit größter Schleunigkeit. Ich sorg', Ihr werdet's sonst nicht mehr erleben — Der Kaiser wohnt ja auch so schrecklich weit. Sagt, Freund, Ihr könntet mir den Landgraf bitten, .Kanzler: Daß er dem Ding ein Ende macht. Eulenspiegel: O weht Der Landgraf ist zur Jagd grad ausgeritten, Und bis er kommt, tut Euch kein Haar mehr weh. Ja, aber wann soll denn die Tollheit enden!? Kanzler: Eulenspiegel: Vertraut Euch, Herr, getrost nur meinen Händen. — ' Mir, Eurem Beistand, könnt Jhrs ja gestehen, (vertraulich) Daß Ihr der Narr Till Eulenspiegel seid. Ihr seid wie alle hier nicht recht gescheit! Kanzler: Eulenspiegel: Sehr schmeichelhaft! — Da kommt schon das Gericht! — Einzelne Bürger: Sie kommen schon! Das Urtel! Hört, das Urtel! Andere Bürger: Grober: Im Namen des hochweisen Kriminal Verkünde ich das Urteil: Till Eulenspiegel wird für schuld befunden Der Krimina, so ihn die Klage zeiht, Und wird zum Tod verurteilt durch den Strang. Da er geleugnet hat, schreibt das Gesetz Die Foltrung vor der Exekutiv vor, Wogegen er die peinliche Befragung Erspart, wenn er gesteht. — Gerichtet wird die Malefizverson In fünfter Stunde morgen in der Frühe, Nachdem die Urteilsgründe kundgetan. Als Richtplatz dient, weil seine Tat begangen In publiLO, der Markt. — Dies wird verkündet ' Im Namn des Kaisers und hiermit geschlossen. — Ein Bürger: Tod durch den Strang! Hört nur, der arme Schelm! Ein Anderer: Ein hartes Urteil! Aber 's ist gerecht! Ein Dritter: Nein, 's ist zu streng! Der Zweite: Der Dritte: Juckt etwa dir der Hals? Ich find's gerecht. — Es lebe Kaiser Karl! Wenige: Er lebe! lebe! Grober: Geht jetzt heim, ihr Leute, Und haltet Ruhe! Einige: Kommt! Wir wollen geheilt (Die Bürger zerstreuen sich nur allmählich, so daß einzelne um Schluß des Aufzuges, wenn auch in weiterer Entfernung, noch umherstehen.) Kanzler: Ist jetzt der Possen aus? — Löst mir die Schellen? — El wartet, teuer kommt es euch zu stehen. — Nehmt die drei Narrenrichter sogleich fest, Samt Kläger, Beistand und Protokollar!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/640>, abgerufen am 26.06.2024.