Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulenspicgel Und die Beweise? Grober: Die Dokumente hier und aller Zeugnis. Lobwasser: Ich glaub, ich bin verrücktl Kanzler: Ist er gefragt!? -- Grober: Und Euer Antrag? (zu Lobwasser) AntragI Ach ja jat -- Lobwasser: Beinah hätt ich's vergessen. -- In Betracht Ein Bürger: Hört nur, den Tod durch Strang! Grober: Ich bitte Ruhe! -- Hat der Jnkulpat Dazu was vorzubringen? Kanzler: Nichts, als daß ich verrückt bin oder Ihr! Grober: Und er bekennt der ihm zur Last gelegten Delikta sich nicht schuldig? Keineswegs. Kanzler: Er leugnet, habt Jhr's, Herr Protokoll"!? Grober: Einige aus dem Volk: Er leugnet, hört; dabei sind all wir Zeugen! Bürgermeister ( "Der Jnkulpat, verstockt und hartgesotten liest): Leugnet die Schuld und schilt besessen gar Grober "Oder", -- "oder"! -- (verbessernd): Alsdann zur Untersuchung, Herr'n Kollegen! -- (Mulendorf und Nickelspuhl treten zusammen und vergleichen.) Nickelspuhl: Oha! Gleich eingangs, seht, Kollega, seht! Des "teutschen Landes Kaiser" steht. -- Und Ihr? Mulendorf: Ich hab des "teutschen Reiches Kaiser". Seht mal, seht! Nickelspuhl: Mulendorf: Und ist doch klar, daß "Reich" zu Recht besteht. Nickelspuhl: Erlaubt mal, nein! Denn Teutschland ist ein Land! Mulendors: Jedoch als "Reich" ist's in der Welt bekannt. Nickelspuhl: Ich hab doch hier das echte Dokument! Mulendorf: Nein, meines ist das echte, sapperment! Nickelspuhl: Ich bitte Euch, -- hier stehts doch von der Schenkung. Mulendorf: Ach ja -- ja ja -- verzeiht! -- War in Versenkung Des Western schon. Habt Ihr schon was gefunden? Nickelspuhl: Das Siegel, find ich, ist gar sehr beschunden. Mulendorf: Nickelspuhl ( Und zwar so sehr, daß nichts man drauf erkennt! anschauend): Zeigt Eures mal. -- Ja, Eures ist stupend Mulendorf: Und akkurat geprägt! Nickelspuhl: Ganz wundervoll! Ergo, es folgt daraus, der Bursch ist toll, Mulendorf: Till Lulenspicgel Und die Beweise? Grober: Die Dokumente hier und aller Zeugnis. Lobwasser: Ich glaub, ich bin verrücktl Kanzler: Ist er gefragt!? — Grober: Und Euer Antrag? (zu Lobwasser) AntragI Ach ja jat — Lobwasser: Beinah hätt ich's vergessen. — In Betracht Ein Bürger: Hört nur, den Tod durch Strang! Grober: Ich bitte Ruhe! — Hat der Jnkulpat Dazu was vorzubringen? Kanzler: Nichts, als daß ich verrückt bin oder Ihr! Grober: Und er bekennt der ihm zur Last gelegten Delikta sich nicht schuldig? Keineswegs. Kanzler: Er leugnet, habt Jhr's, Herr Protokoll«!? Grober: Einige aus dem Volk: Er leugnet, hört; dabei sind all wir Zeugen! Bürgermeister ( „Der Jnkulpat, verstockt und hartgesotten liest): Leugnet die Schuld und schilt besessen gar Grober „Oder", — „oder"! — (verbessernd): Alsdann zur Untersuchung, Herr'n Kollegen! — (Mulendorf und Nickelspuhl treten zusammen und vergleichen.) Nickelspuhl: Oha! Gleich eingangs, seht, Kollega, seht! Des „teutschen Landes Kaiser" steht. — Und Ihr? Mulendorf: Ich hab des „teutschen Reiches Kaiser". Seht mal, seht! Nickelspuhl: Mulendorf: Und ist doch klar, daß „Reich" zu Recht besteht. Nickelspuhl: Erlaubt mal, nein! Denn Teutschland ist ein Land! Mulendors: Jedoch als „Reich" ist's in der Welt bekannt. Nickelspuhl: Ich hab doch hier das echte Dokument! Mulendorf: Nein, meines ist das echte, sapperment! Nickelspuhl: Ich bitte Euch, — hier stehts doch von der Schenkung. Mulendorf: Ach ja — ja ja — verzeiht! — War in Versenkung Des Western schon. Habt Ihr schon was gefunden? Nickelspuhl: Das Siegel, find ich, ist gar sehr beschunden. Mulendorf: Nickelspuhl ( Und zwar so sehr, daß nichts man drauf erkennt! anschauend): Zeigt Eures mal. — Ja, Eures ist stupend Mulendorf: Und akkurat geprägt! Nickelspuhl: Ganz wundervoll! Ergo, es folgt daraus, der Bursch ist toll, Mulendorf: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0636" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318919"/> <fw type="header" place="top"> Till Lulenspicgel</fw><lb/> <p xml:id="ID_4701"> Und die Beweise?</p><lb/> <note type="speaker"> Grober:</note><lb/> <p xml:id="ID_4702"> Die Dokumente hier und aller Zeugnis.</p><lb/> <note type="speaker"> Lobwasser: </note><lb/> <p xml:id="ID_4703"> Ich glaub, ich bin verrücktl</p><lb/> <note type="speaker"> Kanzler:</note><lb/> <p xml:id="ID_4704"> Ist er gefragt!? —</p><lb/> <note type="speaker"> Grober:</note><lb/> <p xml:id="ID_4705"> Und Euer Antrag?</p><lb/> <stage> (zu Lobwasser) </stage><lb/> <p xml:id="ID_4706"> AntragI Ach ja jat —</p><lb/> <note type="speaker"> Lobwasser:</note><lb/> <p xml:id="ID_4707"> Beinah hätt ich's vergessen. — In Betracht<lb/> Solch schwerer Krimina und Halsverbrechen —<lb/> Tod durch den Strang I</p><lb/> <note type="speaker"> Ein Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_4708"> Hört nur, den Tod durch Strang!</p><lb/> <note type="speaker"> Grober:</note><lb/> <p xml:id="ID_4709"> Ich bitte Ruhe! — Hat der Jnkulpat</p><lb/> <p xml:id="ID_4710"> Dazu was vorzubringen?</p><lb/> <note type="speaker"> Kanzler:</note><lb/> <p xml:id="ID_4711"> Nichts, als daß ich verrückt bin oder Ihr!</p><lb/> <note type="speaker"> Grober:</note><lb/> <p xml:id="ID_4712"> Und er bekennt der ihm zur Last gelegten</p><lb/> <p xml:id="ID_4713"> Delikta sich nicht schuldig?</p><lb/> <p xml:id="ID_4714"> Keineswegs.</p><lb/> <note type="speaker"> Kanzler:</note><lb/> <p xml:id="ID_4715"> Er leugnet, habt Jhr's, Herr Protokoll«!?</p><lb/> <note type="speaker"> Grober:</note><lb/> <note type="speaker"> Einige aus dem Volk:</note><lb/> <p xml:id="ID_4716"> Er leugnet, hört; dabei sind all wir Zeugen!</p><lb/> <note type="speaker"> Bürgermeister (</note><lb/> <p xml:id="ID_4717"> „Der Jnkulpat, verstockt und hartgesotten</p><lb/> <stage> liest):</stage><lb/> <p xml:id="ID_4718"> Leugnet die Schuld und schilt besessen gar<lb/> Sich selbst und den Gerichtshof."</p><lb/> <note type="speaker"> Grober </note><lb/> <p xml:id="ID_4719"> „Oder", — „oder"! —</p><lb/> <stage> (verbessernd):</stage><lb/> <p xml:id="ID_4720"> Alsdann zur Untersuchung, Herr'n Kollegen! —<lb/> Daß er der Schalk, kein Zweifel ist zu hegen;<lb/> Zumal durch allen Volkes Mund<lb/> Wird allemal die Wahrheit kund. —<lb/> Doch nun die Dokument«! Zum Vergleiche<lb/> Ich Euch das eine, — Euch das andre reiche;<lb/> Meßt an des Kanzlers Dokument, wie frei<lb/> Aus dem des Schalks die kecke Täuschung sei.</p><lb/> <stage> (Mulendorf und Nickelspuhl treten zusammen und vergleichen.)</stage><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4721"> Oha! Gleich eingangs, seht, Kollega, seht!</p><lb/> <p xml:id="ID_4722"> Des „teutschen Landes Kaiser" steht. — Und Ihr?</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <p xml:id="ID_4723"> Ich hab des „teutschen Reiches Kaiser".</p><lb/> <p xml:id="ID_4724"> Seht mal, seht!</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <p xml:id="ID_4725"> Und ist doch klar, daß „Reich" zu Recht besteht.</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4726"> Erlaubt mal, nein! Denn Teutschland ist ein Land!</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendors:</note><lb/> <p xml:id="ID_4727"> Jedoch als „Reich" ist's in der Welt bekannt.</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4728"> Ich hab doch hier das echte Dokument!</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <p xml:id="ID_4729"> Nein, meines ist das echte, sapperment!<lb/> '</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4730"> Ich bitte Euch, — hier stehts doch von der Schenkung.</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <p xml:id="ID_4731"> Ach ja — ja ja — verzeiht! — War in Versenkung</p><lb/> <p xml:id="ID_4732"> Des Western schon.</p><lb/> <p xml:id="ID_4733"> Habt Ihr schon was gefunden?</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4734"> Das Siegel, find ich, ist gar sehr beschunden.</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl (</note><lb/> <p xml:id="ID_4735"> Und zwar so sehr, daß nichts man drauf erkennt!</p><lb/> <stage> anschauend):</stage><lb/> <p xml:id="ID_4736"> Zeigt Eures mal. — Ja, Eures ist stupend</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> <p xml:id="ID_4737"> Und akkurat geprägt!</p><lb/> <note type="speaker"> Nickelspuhl:</note><lb/> <p xml:id="ID_4738"> Ganz wundervoll!</p><lb/> <p xml:id="ID_4739"> Ergo, es folgt daraus, der Bursch ist toll,</p><lb/> <note type="speaker"> Mulendorf:</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0636]
Till Lulenspicgel
Und die Beweise?
Grober:
Die Dokumente hier und aller Zeugnis.
Lobwasser:
Ich glaub, ich bin verrücktl
Kanzler:
Ist er gefragt!? —
Grober:
Und Euer Antrag?
(zu Lobwasser)
AntragI Ach ja jat —
Lobwasser:
Beinah hätt ich's vergessen. — In Betracht
Solch schwerer Krimina und Halsverbrechen —
Tod durch den Strang I
Ein Bürger:
Hört nur, den Tod durch Strang!
Grober:
Ich bitte Ruhe! — Hat der Jnkulpat
Dazu was vorzubringen?
Kanzler:
Nichts, als daß ich verrückt bin oder Ihr!
Grober:
Und er bekennt der ihm zur Last gelegten
Delikta sich nicht schuldig?
Keineswegs.
Kanzler:
Er leugnet, habt Jhr's, Herr Protokoll«!?
Grober:
Einige aus dem Volk:
Er leugnet, hört; dabei sind all wir Zeugen!
Bürgermeister (
„Der Jnkulpat, verstockt und hartgesotten
liest):
Leugnet die Schuld und schilt besessen gar
Sich selbst und den Gerichtshof."
Grober
„Oder", — „oder"! —
(verbessernd):
Alsdann zur Untersuchung, Herr'n Kollegen! —
Daß er der Schalk, kein Zweifel ist zu hegen;
Zumal durch allen Volkes Mund
Wird allemal die Wahrheit kund. —
Doch nun die Dokument«! Zum Vergleiche
Ich Euch das eine, — Euch das andre reiche;
Meßt an des Kanzlers Dokument, wie frei
Aus dem des Schalks die kecke Täuschung sei.
(Mulendorf und Nickelspuhl treten zusammen und vergleichen.)
Nickelspuhl:
Oha! Gleich eingangs, seht, Kollega, seht!
Des „teutschen Landes Kaiser" steht. — Und Ihr?
Mulendorf:
Ich hab des „teutschen Reiches Kaiser".
Seht mal, seht!
Nickelspuhl:
Mulendorf:
Und ist doch klar, daß „Reich" zu Recht besteht.
Nickelspuhl:
Erlaubt mal, nein! Denn Teutschland ist ein Land!
Mulendors:
Jedoch als „Reich" ist's in der Welt bekannt.
Nickelspuhl:
Ich hab doch hier das echte Dokument!
Mulendorf:
Nein, meines ist das echte, sapperment!
'
Nickelspuhl:
Ich bitte Euch, — hier stehts doch von der Schenkung.
Mulendorf:
Ach ja — ja ja — verzeiht! — War in Versenkung
Des Western schon.
Habt Ihr schon was gefunden?
Nickelspuhl:
Das Siegel, find ich, ist gar sehr beschunden.
Mulendorf:
Nickelspuhl (
Und zwar so sehr, daß nichts man drauf erkennt!
anschauend):
Zeigt Eures mal. — Ja, Eures ist stupend
Mulendorf:
Und akkurat geprägt!
Nickelspuhl:
Ganz wundervoll!
Ergo, es folgt daraus, der Bursch ist toll,
Mulendorf:
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |