Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till "Lulenspiegel Doch rat ich dir, falls er dich nicht empfängt, Du läufst so schnell du kannst -- So schnell ich kann -- Lamme: Zur Stadt zurück und richtest das Quartier Eulenspiegel: Voll Dienstbeflissenheit für seinen Troß Am Tore draußen, in der Lindenschenke -- Drei Gäule sind es und zwei Reiterknechte -- Lamme: Vielleicht ist besser, Bruder, in der Stadt?' Er hat die Linde gern und wird dirs danken. Eulenspiegel: Und wenn er kommt, machst du dich ihm bekannt Und eilst dann, Lamme, daß du ja als Erster Des Kanzlers Ankunft ausrufst in der Stadt. -- Du schießt den Vogel ab! Denk deinen Lohn! L am me: O Till, ich werde fliegen wie die Schwalbe! Eulenspiegel: Nur bitte nicht so hoch! Die Wahrheit zu gestehen, Lamme: Ich hab das Hundeleben reichlich satt Und sehn mich lang nach einem trocknen Nest. Eulenspiegel: Doch läufst du erst auf einem trocknen Schuh, Der andre hat ein Loch! Ein Loch! -- Wieso? Lamme: M befiehl sich seine Schuhe.) Es sind doch beide ganz! Den Schlüssel mein' ich! Eulenspiegel: Lamme: Den Schlüssel, Till? Eulenspiegel: Ja, ohne den nichts ist. Lamme: Ich bitt dich, Till, ich steckt ihn dir doch zu! Eulenspiegel: In, eingewickelt! sollt's doch keiner sehen! Lamme: Eulenspiegel: So, keiner sehn, dn Schuft!? Warum hast du Den Schlüssel nicht vergoldet, wie ich sagte? Ich gab dir zwei Dukaten. Lamme: Zwei Dukaten? -- du? Für die Vergoldung, ja. Eulenspiegel: Ach, Herzensjunge, Lamme: Da hab ich dich ganz mißverstanden, sieh! Eulenspiegel:, Wo ist das Gold? Ach, Till, 's ist fortgeflogen! Lamme: Wie eine Schwalbe, wie? Und mit ihm auch Eulenspiegel: Des Kaisers Küchenchef, der daran hing! Lamme: Ich bitt dich, bester Till, ich konnte doch Unmöglich anredenn, daß dirs damit ernst. Sieh mal, ich dacht, ein Schlüssel ist ein Schlüssel, lind Eisen ists, das ihn zum Schlüssel macht. Gold aber ist 'ne Lanne, die verfliegt. Siehst du, das hättse du eben sagen müssen -- Das hast du nun von deiner Heimlichkeit! Eulenspiegel! Recht so! Nur flott den Spieß gedreht! -- Doch hab ich Nicht Lust und Zeit mit dir herumzustreiten. Hier ist der Schlüssel, hier ein Golddukaten -- Grcnzboteii II l911 R>
Till «Lulenspiegel Doch rat ich dir, falls er dich nicht empfängt, Du läufst so schnell du kannst — So schnell ich kann — Lamme: Zur Stadt zurück und richtest das Quartier Eulenspiegel: Voll Dienstbeflissenheit für seinen Troß Am Tore draußen, in der Lindenschenke — Drei Gäule sind es und zwei Reiterknechte — Lamme: Vielleicht ist besser, Bruder, in der Stadt?' Er hat die Linde gern und wird dirs danken. Eulenspiegel: Und wenn er kommt, machst du dich ihm bekannt Und eilst dann, Lamme, daß du ja als Erster Des Kanzlers Ankunft ausrufst in der Stadt. — Du schießt den Vogel ab! Denk deinen Lohn! L am me: O Till, ich werde fliegen wie die Schwalbe! Eulenspiegel: Nur bitte nicht so hoch! Die Wahrheit zu gestehen, Lamme: Ich hab das Hundeleben reichlich satt Und sehn mich lang nach einem trocknen Nest. Eulenspiegel: Doch läufst du erst auf einem trocknen Schuh, Der andre hat ein Loch! Ein Loch! — Wieso? Lamme: M befiehl sich seine Schuhe.) Es sind doch beide ganz! Den Schlüssel mein' ich! Eulenspiegel: Lamme: Den Schlüssel, Till? Eulenspiegel: Ja, ohne den nichts ist. Lamme: Ich bitt dich, Till, ich steckt ihn dir doch zu! Eulenspiegel: In, eingewickelt! sollt's doch keiner sehen! Lamme: Eulenspiegel: So, keiner sehn, dn Schuft!? Warum hast du Den Schlüssel nicht vergoldet, wie ich sagte? Ich gab dir zwei Dukaten. Lamme: Zwei Dukaten? — du? Für die Vergoldung, ja. Eulenspiegel: Ach, Herzensjunge, Lamme: Da hab ich dich ganz mißverstanden, sieh! Eulenspiegel:, Wo ist das Gold? Ach, Till, 's ist fortgeflogen! Lamme: Wie eine Schwalbe, wie? Und mit ihm auch Eulenspiegel: Des Kaisers Küchenchef, der daran hing! Lamme: Ich bitt dich, bester Till, ich konnte doch Unmöglich anredenn, daß dirs damit ernst. Sieh mal, ich dacht, ein Schlüssel ist ein Schlüssel, lind Eisen ists, das ihn zum Schlüssel macht. Gold aber ist 'ne Lanne, die verfliegt. Siehst du, das hättse du eben sagen müssen — Das hast du nun von deiner Heimlichkeit! Eulenspiegel! Recht so! Nur flott den Spieß gedreht! — Doch hab ich Nicht Lust und Zeit mit dir herumzustreiten. Hier ist der Schlüssel, hier ein Golddukaten — Grcnzboteii II l911 R>
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0533" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318816"/> <fw type="header" place="top"> Till «Lulenspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_3095"> Doch rat ich dir, falls er dich nicht empfängt,</p><lb/> <p xml:id="ID_3096"> Du läufst so schnell du kannst —</p><lb/> <p xml:id="ID_3097"> So schnell ich kann —</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3098"> Zur Stadt zurück und richtest das Quartier</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3099"> Voll Dienstbeflissenheit für seinen Troß</p><lb/> <p xml:id="ID_3100"> Am Tore draußen, in der Lindenschenke —</p><lb/> <p xml:id="ID_3101"> Drei Gäule sind es und zwei Reiterknechte —</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme: </note><lb/> <p xml:id="ID_3102"> Vielleicht ist besser, Bruder, in der Stadt?'</p><lb/> <p xml:id="ID_3103"> Er hat die Linde gern und wird dirs danken.</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3104"> Und wenn er kommt, machst du dich ihm bekannt</p><lb/> <p xml:id="ID_3105"> Und eilst dann, Lamme, daß du ja als Erster</p><lb/> <p xml:id="ID_3106"> Des Kanzlers Ankunft ausrufst in der Stadt. —</p><lb/> <p xml:id="ID_3107"> Du schießt den Vogel ab! Denk deinen Lohn!</p><lb/> <note type="speaker"> L am me:</note><lb/> <p xml:id="ID_3108"> O Till, ich werde fliegen wie die Schwalbe!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3109"> Nur bitte nicht so hoch!</p><lb/> <p xml:id="ID_3110"> Die Wahrheit zu gestehen,</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3111"> Ich hab das Hundeleben reichlich satt</p><lb/> <p xml:id="ID_3112"> Und sehn mich lang nach einem trocknen Nest.</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3113"> Doch läufst du erst auf einem trocknen Schuh,</p><lb/> <p xml:id="ID_3114"> Der andre hat ein Loch!</p><lb/> <p xml:id="ID_3115"> Ein Loch! — Wieso? </p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <stage> M befiehl sich seine Schuhe.)</stage><lb/> <p xml:id="ID_3116"> Es sind doch beide ganz!</p><lb/> <p xml:id="ID_3117"> Den Schlüssel mein' ich!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3118"> Den Schlüssel, Till?</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3119"> Ja, ohne den nichts ist.</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme: </note><lb/> <p xml:id="ID_3120"> Ich bitt dich, Till, ich steckt ihn dir doch zu!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3121"> In, eingewickelt!</p><lb/> <p xml:id="ID_3122"> sollt's doch keiner sehen!</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3123"> So, keiner sehn, dn Schuft!? Warum hast du</p><lb/> <p xml:id="ID_3124"> Den Schlüssel nicht vergoldet, wie ich sagte?</p><lb/> <p xml:id="ID_3125"> Ich gab dir zwei Dukaten.</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3126"> Zwei Dukaten? — du?</p><lb/> <p xml:id="ID_3127"> Für die Vergoldung, ja.</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3128"> Ach, Herzensjunge,</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3129"> Da hab ich dich ganz mißverstanden, sieh!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:, </note><lb/> <p xml:id="ID_3130"> Wo ist das Gold?</p><lb/> <p xml:id="ID_3131"> Ach, Till, 's ist fortgeflogen!</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/> <p xml:id="ID_3132"> Wie eine Schwalbe, wie? Und mit ihm auch</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3133"> Des Kaisers Küchenchef, der daran hing!</p><lb/> <note type="speaker"> Lamme: </note><lb/> <p xml:id="ID_3134"> Ich bitt dich, bester Till, ich konnte doch<lb/> ''</p><lb/> <p xml:id="ID_3135"> Unmöglich anredenn, daß dirs damit ernst.</p><lb/> <p xml:id="ID_3136"> Sieh mal, ich dacht, ein Schlüssel ist ein Schlüssel,<lb/> ''</p><lb/> <p xml:id="ID_3137"> lind Eisen ists, das ihn zum Schlüssel macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_3138"> Gold aber ist 'ne Lanne, die verfliegt.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_3139"> Siehst du, das hättse du eben sagen müssen —</p><lb/> <p xml:id="ID_3140"> Das hast du nun von deiner Heimlichkeit!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel!</note><lb/> <p xml:id="ID_3141"> Recht so! Nur flott den Spieß gedreht! — Doch hab ich</p><lb/> <p xml:id="ID_3142"> Nicht Lust und Zeit mit dir herumzustreiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_3143"> Hier ist der Schlüssel, hier ein Golddukaten —</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzboteii II l911 R></fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0533]
Till «Lulenspiegel
Doch rat ich dir, falls er dich nicht empfängt,
Du läufst so schnell du kannst —
So schnell ich kann —
Lamme:
Zur Stadt zurück und richtest das Quartier
Eulenspiegel:
Voll Dienstbeflissenheit für seinen Troß
Am Tore draußen, in der Lindenschenke —
Drei Gäule sind es und zwei Reiterknechte —
Lamme:
Vielleicht ist besser, Bruder, in der Stadt?'
Er hat die Linde gern und wird dirs danken.
Eulenspiegel:
Und wenn er kommt, machst du dich ihm bekannt
Und eilst dann, Lamme, daß du ja als Erster
Des Kanzlers Ankunft ausrufst in der Stadt. —
Du schießt den Vogel ab! Denk deinen Lohn!
L am me:
O Till, ich werde fliegen wie die Schwalbe!
Eulenspiegel:
Nur bitte nicht so hoch!
Die Wahrheit zu gestehen,
Lamme:
Ich hab das Hundeleben reichlich satt
Und sehn mich lang nach einem trocknen Nest.
Eulenspiegel:
Doch läufst du erst auf einem trocknen Schuh,
Der andre hat ein Loch!
Ein Loch! — Wieso?
Lamme:
M befiehl sich seine Schuhe.)
Es sind doch beide ganz!
Den Schlüssel mein' ich!
Eulenspiegel:
Lamme:
Den Schlüssel, Till?
Eulenspiegel:
Ja, ohne den nichts ist.
Lamme:
Ich bitt dich, Till, ich steckt ihn dir doch zu!
Eulenspiegel:
In, eingewickelt!
sollt's doch keiner sehen!
Lamme:
Eulenspiegel:
So, keiner sehn, dn Schuft!? Warum hast du
Den Schlüssel nicht vergoldet, wie ich sagte?
Ich gab dir zwei Dukaten.
Lamme:
Zwei Dukaten? — du?
Für die Vergoldung, ja.
Eulenspiegel:
Ach, Herzensjunge,
Lamme:
Da hab ich dich ganz mißverstanden, sieh!
Eulenspiegel:,
Wo ist das Gold?
Ach, Till, 's ist fortgeflogen!
Lamme:
Wie eine Schwalbe, wie? Und mit ihm auch
Eulenspiegel:
Des Kaisers Küchenchef, der daran hing!
Lamme:
Ich bitt dich, bester Till, ich konnte doch
''
Unmöglich anredenn, daß dirs damit ernst.
Sieh mal, ich dacht, ein Schlüssel ist ein Schlüssel,
''
lind Eisen ists, das ihn zum Schlüssel macht.
Gold aber ist 'ne Lanne, die verfliegt.
'
Siehst du, das hättse du eben sagen müssen —
Das hast du nun von deiner Heimlichkeit!
Eulenspiegel!
Recht so! Nur flott den Spieß gedreht! — Doch hab ich
Nicht Lust und Zeit mit dir herumzustreiten.
Hier ist der Schlüssel, hier ein Golddukaten —
Grcnzboteii II l911 R>
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |