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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Till Lulenspiegel

O wunderbar!


Frieder:

Nicht wahr, Ihr scherzt doch nicht?


Christof:
Eulenspiegel:

Wie dürfte ich!


Focke:

Da seid Ihr wohl schon tüchtig 'rumgekommen

In aller Welt?


Eulenspiegel:

O ja, ich kann nicht klagen,

Ein Stücklein sah ich wohl davon. Jedoch

Ich kann die Hitze schwer vertragen, und

Das macht das Reisen oft recht unbequem.

Nicht wahr, das teutsche Klima habt Ihr gern?


Lorenz:

Ja, hier zu Lande lebt sich's wirklich leichter.


Eulenspiegel:

Wird's irgend mal zu heiß, so geht man stracks
'

Zur nächsten Landesgrenze, -- schon ists kühl.

Das machen die Gebirge.


Frieder:

Freilich, freilich!


Eulenspiegel:

Ein jeder Fürst hat seinen eignen Wind.
-'


Frieder:

Da habt Ihr recht, und s gilt nicht bloß vom Wind,

Nein, auch von den Politicis.

Was Ihr nicht saget


Eulenspiegel:

Bei Gott, ich hatte daran nicht gedacht.

Doch Ihr habt recht, unübertrefflich recht.

Nun ja, man hat doch auch sein eigen Urteil.


Frieder:

Doch nur, wenn man den Jahren so voraus


Eulenspiegel:

Wie Ihr.

Ich bitte, Herr, Ihr schmeichelt.


Frieder:

Niemals!


Eulenspiegel:

Nehmt jedes Wort so wie es ist gemeint.

Prost, meine Herren!

Zur Gesundheit! Prosit!


Studenten:

Sagtet Ihr nicht, Ihr habt auf Euren Reisen


Lorenz:

Den Schalksnarr Eulenspiegel auch getroffen?

Gewiß, er ist mir heut noch gegenwärtig.


Eulenspiegel:
Focke:

Erzählt uns doch! Ist wirklich er gerieben?'


Eulenspiegel:

Gerieben? Nein. -- Er ist wohl eh zu wahr.

Zu wahr! -- Das Lügenmaul!


Lorenz:

Seht, Herrn, so spricht


Eulenspiegel:

Die platte Menge -- nun ihr fast sie ja

In ihrer dumm-verlegner Tölpigkeit,

Die Einfaltspinsel! Aber wir, die wir

Den Dingen schauen bis zum Grund, wir sehen

Doch manches anders als der Pöbel sagt;

Dem stimmt ihr zu?


Studenten:

Gewiß! Ganz recht! Ja, ja!

So sah ich Eulenspiegel einst in Flandern


Eulenspiegel:

Auf einer Kirmeß; und er tanzte grad

Auf einem Seil. Tags vorher hatten es

Die dummen Buben heimlich angeschnitten,

Daß er ins Wasser wie 'ne Katze fiel.

Er tanzte wiederum und hatte sich,
'

Auf Grund ner Wette, von den grünen Burschen


Till Lulenspiegel

O wunderbar!


Frieder:

Nicht wahr, Ihr scherzt doch nicht?


Christof:
Eulenspiegel:

Wie dürfte ich!


Focke:

Da seid Ihr wohl schon tüchtig 'rumgekommen

In aller Welt?


Eulenspiegel:

O ja, ich kann nicht klagen,

Ein Stücklein sah ich wohl davon. Jedoch

Ich kann die Hitze schwer vertragen, und

Das macht das Reisen oft recht unbequem.

Nicht wahr, das teutsche Klima habt Ihr gern?


Lorenz:

Ja, hier zu Lande lebt sich's wirklich leichter.


Eulenspiegel:

Wird's irgend mal zu heiß, so geht man stracks
'

Zur nächsten Landesgrenze, — schon ists kühl.

Das machen die Gebirge.


Frieder:

Freilich, freilich!


Eulenspiegel:

Ein jeder Fürst hat seinen eignen Wind.
-'


Frieder:

Da habt Ihr recht, und s gilt nicht bloß vom Wind,

Nein, auch von den Politicis.

Was Ihr nicht saget


Eulenspiegel:

Bei Gott, ich hatte daran nicht gedacht.

Doch Ihr habt recht, unübertrefflich recht.

Nun ja, man hat doch auch sein eigen Urteil.


Frieder:

Doch nur, wenn man den Jahren so voraus


Eulenspiegel:

Wie Ihr.

Ich bitte, Herr, Ihr schmeichelt.


Frieder:

Niemals!


Eulenspiegel:

Nehmt jedes Wort so wie es ist gemeint.

Prost, meine Herren!

Zur Gesundheit! Prosit!


Studenten:

Sagtet Ihr nicht, Ihr habt auf Euren Reisen


Lorenz:

Den Schalksnarr Eulenspiegel auch getroffen?

Gewiß, er ist mir heut noch gegenwärtig.


Eulenspiegel:
Focke:

Erzählt uns doch! Ist wirklich er gerieben?'


Eulenspiegel:

Gerieben? Nein. — Er ist wohl eh zu wahr.

Zu wahr! — Das Lügenmaul!


Lorenz:

Seht, Herrn, so spricht


Eulenspiegel:

Die platte Menge — nun ihr fast sie ja

In ihrer dumm-verlegner Tölpigkeit,

Die Einfaltspinsel! Aber wir, die wir

Den Dingen schauen bis zum Grund, wir sehen

Doch manches anders als der Pöbel sagt;

Dem stimmt ihr zu?


Studenten:

Gewiß! Ganz recht! Ja, ja!

So sah ich Eulenspiegel einst in Flandern


Eulenspiegel:

Auf einer Kirmeß; und er tanzte grad

Auf einem Seil. Tags vorher hatten es

Die dummen Buben heimlich angeschnitten,

Daß er ins Wasser wie 'ne Katze fiel.

Er tanzte wiederum und hatte sich,
'

Auf Grund ner Wette, von den grünen Burschen


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[0526] Till Lulenspiegel O wunderbar! Frieder: Nicht wahr, Ihr scherzt doch nicht? Christof: Eulenspiegel: Wie dürfte ich! Focke: Da seid Ihr wohl schon tüchtig 'rumgekommen In aller Welt? Eulenspiegel: O ja, ich kann nicht klagen, Ein Stücklein sah ich wohl davon. Jedoch Ich kann die Hitze schwer vertragen, und Das macht das Reisen oft recht unbequem. Nicht wahr, das teutsche Klima habt Ihr gern? Lorenz: Ja, hier zu Lande lebt sich's wirklich leichter. Eulenspiegel: Wird's irgend mal zu heiß, so geht man stracks ' Zur nächsten Landesgrenze, — schon ists kühl. Das machen die Gebirge. Frieder: Freilich, freilich! Eulenspiegel: Ein jeder Fürst hat seinen eignen Wind. -' Frieder: Da habt Ihr recht, und s gilt nicht bloß vom Wind, Nein, auch von den Politicis. Was Ihr nicht saget Eulenspiegel: Bei Gott, ich hatte daran nicht gedacht. Doch Ihr habt recht, unübertrefflich recht. Nun ja, man hat doch auch sein eigen Urteil. Frieder: Doch nur, wenn man den Jahren so voraus Eulenspiegel: Wie Ihr. Ich bitte, Herr, Ihr schmeichelt. Frieder: Niemals! Eulenspiegel: Nehmt jedes Wort so wie es ist gemeint. Prost, meine Herren! Zur Gesundheit! Prosit! Studenten: Sagtet Ihr nicht, Ihr habt auf Euren Reisen Lorenz: Den Schalksnarr Eulenspiegel auch getroffen? Gewiß, er ist mir heut noch gegenwärtig. Eulenspiegel: Focke: Erzählt uns doch! Ist wirklich er gerieben?' Eulenspiegel: Gerieben? Nein. — Er ist wohl eh zu wahr. Zu wahr! — Das Lügenmaul! Lorenz: Seht, Herrn, so spricht Eulenspiegel: Die platte Menge — nun ihr fast sie ja In ihrer dumm-verlegner Tölpigkeit, Die Einfaltspinsel! Aber wir, die wir Den Dingen schauen bis zum Grund, wir sehen Doch manches anders als der Pöbel sagt; Dem stimmt ihr zu? Studenten: Gewiß! Ganz recht! Ja, ja! So sah ich Eulenspiegel einst in Flandern Eulenspiegel: Auf einer Kirmeß; und er tanzte grad Auf einem Seil. Tags vorher hatten es Die dummen Buben heimlich angeschnitten, Daß er ins Wasser wie 'ne Katze fiel. Er tanzte wiederum und hatte sich, ' Auf Grund ner Wette, von den grünen Burschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/526>, abgerufen am 23.07.2024.