Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulensxiegel Dritter Bürger: Er ist gewiß schon drin! Eulenspiegel: -- So! So! Und den nennt ihr 'nen Lügner und 'nen Gauner? Erster Bürger: Der Hohe Rat hat's proklamiert! Eulenspiegel (spöttisch): Der Hohe RatI Dritter Bürger: Und fünfzig Golddukaten, wer ihn fängt! Eulenspiegel: El el, das scheint mir eine kleine Summe. Oh, eine große Summe ist's, 'ne schöne Summe! Vierter Bürger: Eulenspiegel: Ich sage euch, 's ist schmutzig wenig für Ein Mann wie ihn! -- Wenn es noch tausend Karlsgulden wären! Tausend Karlsgulden! Erster Bürger: Hört nur, das Riesengeld! Zweiter Bürger: Dafür könnt man Vierter Bürger: Den Mond sich kaufen! Und die ganzen Sterne Eulenspiegel: Bekam umsonst man zu! Ja, ja, 's ist viel! Erster Bürger: Dritter Bürger: Ha, ha, ha, ha! Einige: Was denn! -- was lachst du denn? Dritter Bürger: Fünfzig Dukaten sind ja tausend Gulden! Einige: Wahrhaftig, ja! Ganz akkurat dasselbe! (Gelächter.) Eulenspiegel: Eben drum! Gab ich euch weniges von Gotteswerk, Ihr würdet es nicht achten. Nach dem Vielen, Das breit und albern ist und silbern klingt. Streckt ihr die Hände aus und stürmt damit Unmöglichkeiten! -- Doch halt ich euch von eurem Handgeld ab. Einige: Ganz Rom? Eulenspiegel: Jawohl, ganz Rom, der Papst, die Kardinäle. Die Bischof, Pfaffen, alle sind geplatzt, Und wer noch nicht geplatzt, der wird noch platzen An seiner Medizin! -- s ist höchste Zeit, Daß ihr ihn fangt! Einige: Wir laufen schon I Wir suchen! -- (Sie stürmen los, kehren aber wieder um.) Werter Bürger: Doch sagt, wie sieht er aus? Eulenspiegel: Er hat der Fratzen hundert oder mehr! Till Lulensxiegel Dritter Bürger: Er ist gewiß schon drin! Eulenspiegel: — So! So! Und den nennt ihr 'nen Lügner und 'nen Gauner? Erster Bürger: Der Hohe Rat hat's proklamiert! Eulenspiegel (spöttisch): Der Hohe RatI Dritter Bürger: Und fünfzig Golddukaten, wer ihn fängt! Eulenspiegel: El el, das scheint mir eine kleine Summe. Oh, eine große Summe ist's, 'ne schöne Summe! Vierter Bürger: Eulenspiegel: Ich sage euch, 's ist schmutzig wenig für Ein Mann wie ihn! — Wenn es noch tausend Karlsgulden wären! Tausend Karlsgulden! Erster Bürger: Hört nur, das Riesengeld! Zweiter Bürger: Dafür könnt man Vierter Bürger: Den Mond sich kaufen! Und die ganzen Sterne Eulenspiegel: Bekam umsonst man zu! Ja, ja, 's ist viel! Erster Bürger: Dritter Bürger: Ha, ha, ha, ha! Einige: Was denn! — was lachst du denn? Dritter Bürger: Fünfzig Dukaten sind ja tausend Gulden! Einige: Wahrhaftig, ja! Ganz akkurat dasselbe! (Gelächter.) Eulenspiegel: Eben drum! Gab ich euch weniges von Gotteswerk, Ihr würdet es nicht achten. Nach dem Vielen, Das breit und albern ist und silbern klingt. Streckt ihr die Hände aus und stürmt damit Unmöglichkeiten! — Doch halt ich euch von eurem Handgeld ab. Einige: Ganz Rom? Eulenspiegel: Jawohl, ganz Rom, der Papst, die Kardinäle. Die Bischof, Pfaffen, alle sind geplatzt, Und wer noch nicht geplatzt, der wird noch platzen An seiner Medizin! — s ist höchste Zeit, Daß ihr ihn fangt! Einige: Wir laufen schon I Wir suchen! — (Sie stürmen los, kehren aber wieder um.) Werter Bürger: Doch sagt, wie sieht er aus? Eulenspiegel: Er hat der Fratzen hundert oder mehr! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318806"/> <fw type="header" place="top"> Till Lulensxiegel</fw><lb/> <note type="speaker"> Dritter Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2636"> Er ist gewiß schon drin!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2637"> — So! So!</p><lb/> <p xml:id="ID_2638"> Und den nennt ihr 'nen Lügner und 'nen Gauner?</p><lb/> <note type="speaker"> Erster Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2639"> Der Hohe Rat hat's proklamiert!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel </note><lb/> <stage> (spöttisch):</stage><lb/> <p xml:id="ID_2640"> Der Hohe RatI</p><lb/> <note type="speaker"> Dritter Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2641"> Und fünfzig Golddukaten, wer ihn fängt!</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_2642"> El el, das scheint mir eine kleine Summe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2643"> Oh, eine große Summe ist's, 'ne schöne Summe!</p><lb/> <note type="speaker"> Vierter Bürger:</note><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2644"> Ich sage euch, 's ist schmutzig wenig für</p><lb/> <p xml:id="ID_2645"> Ein Mann wie ihn! — Wenn es noch tausend</p><lb/> <p xml:id="ID_2646"> Karlsgulden wären!</p><lb/> <p xml:id="ID_2647"> Tausend Karlsgulden!</p><lb/> <note type="speaker"> Erster Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2648"> Hört nur, das Riesengeld!</p><lb/> <note type="speaker"> Zweiter Bürger: </note><lb/> <p xml:id="ID_2649"> Dafür könnt man</p><lb/> <note type="speaker"> Vierter Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2650"> Den Mond sich kaufen!</p><lb/> <p xml:id="ID_2651"> Und die ganzen Sterne</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2652"> Bekam umsonst man zu!</p><lb/> <p xml:id="ID_2653"> Ja, ja, 's ist viel!</p><lb/> <note type="speaker"> Erster Bürger:</note><lb/> <note type="speaker"> Dritter Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2654"> Ha, ha, ha, ha!</p><lb/> <note type="speaker"> Einige:</note><lb/> <p xml:id="ID_2655"> Was denn! — was lachst du denn?</p><lb/> <note type="speaker"> Dritter Bürger:</note><lb/> <p xml:id="ID_2656"> Fünfzig Dukaten sind ja tausend Gulden!</p><lb/> <note type="speaker"> Einige: </note><lb/> <p xml:id="ID_2657"> Wahrhaftig, ja! Ganz akkurat dasselbe! </p><lb/> <stage> (Gelächter.)</stage><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2658"> Eben drum!</p><lb/> <p xml:id="ID_2659"> Gab ich euch weniges von Gotteswerk,</p><lb/> <p xml:id="ID_2660"> Ihr würdet es nicht achten. Nach dem Vielen,</p><lb/> <p xml:id="ID_2661"> Das breit und albern ist und silbern klingt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2662"> Streckt ihr die Hände aus und stürmt damit</p><lb/> <p xml:id="ID_2663"> Unmöglichkeiten! —</p><lb/> <p xml:id="ID_2664"> Doch halt ich euch von eurem Handgeld ab.<lb/> Geht, lauft und sucht! Kehrt alle Winkel aus!<lb/> Die Keller, Flure, Treppen, Stuben, Kanunern I<lb/> Daß er sich nicht im Mägdeschrein verbirgt,<lb/> Um eurer Liebsten an den Hals zu springen,<lb/> Wenn sie im Unterkleid das Mieder wählt!<lb/> Und zählt die Wurst und Schinken im Kamin,<lb/> Und fehlt euch einer, Herrn, ich wett, ihr seid<lb/> Bereits bestohlen! Und die Apotheke dort,<lb/> Ich rat euch, schließt! Er tauft gewiß dort Gift!<lb/> Vergiftet alle Brunnen in der Stadt —<lb/> Ihr sterbt wie Ratzen und euch platzt der Leib!<lb/> Ist doch ganz Rom geplatzt ob seiner Frechheit. —</p><lb/> <note type="speaker"> Einige: </note><lb/> <p xml:id="ID_2665"> Ganz Rom?</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2666"> Jawohl, ganz Rom, der Papst, die Kardinäle.</p><lb/> <p xml:id="ID_2667"> Die Bischof, Pfaffen, alle sind geplatzt,</p><lb/> <p xml:id="ID_2668"> Und wer noch nicht geplatzt, der wird noch platzen<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_2669"> An seiner Medizin! — s ist höchste Zeit,</p><lb/> <p xml:id="ID_2670"> Daß ihr ihn fangt!</p><lb/> <note type="speaker"> Einige:</note><lb/> <p xml:id="ID_2671"> Wir laufen schon I Wir suchen! —</p><lb/> <stage> (Sie stürmen los, kehren aber wieder um.)</stage><lb/> <note type="speaker"> Werter Bürger: </note><lb/> <p xml:id="ID_2672"> Doch sagt, wie sieht er aus?</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_2673"> Er hat der Fratzen hundert oder mehr!</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0523]
Till Lulensxiegel
Dritter Bürger:
Er ist gewiß schon drin!
Eulenspiegel:
— So! So!
Und den nennt ihr 'nen Lügner und 'nen Gauner?
Erster Bürger:
Der Hohe Rat hat's proklamiert!
Eulenspiegel
(spöttisch):
Der Hohe RatI
Dritter Bürger:
Und fünfzig Golddukaten, wer ihn fängt!
Eulenspiegel:
El el, das scheint mir eine kleine Summe.
Oh, eine große Summe ist's, 'ne schöne Summe!
Vierter Bürger:
Eulenspiegel:
Ich sage euch, 's ist schmutzig wenig für
Ein Mann wie ihn! — Wenn es noch tausend
Karlsgulden wären!
Tausend Karlsgulden!
Erster Bürger:
Hört nur, das Riesengeld!
Zweiter Bürger:
Dafür könnt man
Vierter Bürger:
Den Mond sich kaufen!
Und die ganzen Sterne
Eulenspiegel:
Bekam umsonst man zu!
Ja, ja, 's ist viel!
Erster Bürger:
Dritter Bürger:
Ha, ha, ha, ha!
Einige:
Was denn! — was lachst du denn?
Dritter Bürger:
Fünfzig Dukaten sind ja tausend Gulden!
Einige:
Wahrhaftig, ja! Ganz akkurat dasselbe!
(Gelächter.)
Eulenspiegel:
Eben drum!
Gab ich euch weniges von Gotteswerk,
Ihr würdet es nicht achten. Nach dem Vielen,
Das breit und albern ist und silbern klingt.
Streckt ihr die Hände aus und stürmt damit
Unmöglichkeiten! —
Doch halt ich euch von eurem Handgeld ab.
Geht, lauft und sucht! Kehrt alle Winkel aus!
Die Keller, Flure, Treppen, Stuben, Kanunern I
Daß er sich nicht im Mägdeschrein verbirgt,
Um eurer Liebsten an den Hals zu springen,
Wenn sie im Unterkleid das Mieder wählt!
Und zählt die Wurst und Schinken im Kamin,
Und fehlt euch einer, Herrn, ich wett, ihr seid
Bereits bestohlen! Und die Apotheke dort,
Ich rat euch, schließt! Er tauft gewiß dort Gift!
Vergiftet alle Brunnen in der Stadt —
Ihr sterbt wie Ratzen und euch platzt der Leib!
Ist doch ganz Rom geplatzt ob seiner Frechheit. —
Einige:
Ganz Rom?
Eulenspiegel:
Jawohl, ganz Rom, der Papst, die Kardinäle.
Die Bischof, Pfaffen, alle sind geplatzt,
Und wer noch nicht geplatzt, der wird noch platzen
'
An seiner Medizin! — s ist höchste Zeit,
Daß ihr ihn fangt!
Einige:
Wir laufen schon I Wir suchen! —
(Sie stürmen los, kehren aber wieder um.)
Werter Bürger:
Doch sagt, wie sieht er aus?
Eulenspiegel:
Er hat der Fratzen hundert oder mehr!
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |