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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspiegel

gesellschaft. Diese traten ursprünglich als die Gründer und Geldgeber für die
Steaua auf, mußten aber schließlich liquidieren, und die Deutsche Bank stellte
sich nun offiziell an die Spitze der rumänischen Unternehmungen, wie man
wissen will, im Einverständnis mit der Reichsregieruug und mit der aus¬
gesprochenen Absicht, den Kampf gegen das Monopol der Standard Oil
Company aufzunehmen und durchzuführen. Nachdem sie also, wie erwähnt,
ihre Beteiligung zunächst an die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft abgeschoben
hatte, verband sie sich erst mit englischen und dann mit russischen Interessenten,
dem nobel-Konzern lind der Nothschildgruppe. In Gemeinschaft mit diesen
wurden nun zahlreiche Verkaufsgesellschasten in den einzelnen Ländern, in
Deutschland, England, Dänemark, Holland, der Schweiz gegründet. Die
deutsche Verkaufsgesellschaft, welche die bisher bestandenen besonderen Gesell¬
schaften der russischen Interessenten in sich aufnahm, war die Deutsche Petroleum-
verkaufsgesellschaft in. b. H. Ebenso schlössen sich in England die bestehenden
englischen, deutschen und russischen Verkaufsgesellschaften zu einer einheitlichen
Firma zusammen, und die Krönung des ganzen Gebäudes bildete dann die
Verschmelzung dieser englischen und der deutscheu Verkaufsgesellschaft zu der
Europäischen Petroleum Union Gesellschaft in. b. H., der auch die
Aerkaufsgesellschaften der übrigen Länder beitraten, und die also eine mono¬
polistische Kontrollgesellschaft größten Stiles darstellt. Indessen der ursprüngliche
Zweck der so weit angelegten Organisation, nämlich der Kampf gegen das
Monopol der Standard Oil, wurde jetzt, nachdem der Zusammenschluß gelungen
war, plötzlich fallen gelassen. Man fand, daß es bequemer und einträglicher
war, jetzt das Fell des Bären zu teilen, und verständigte sich mit der Standard,
indem man die deutsche Verkaufsgesellschaft unter die Leitung der Standard Oil
stellte, angeblich durch einen Vertrag, der bis 1921 läuft. Auf diese Weise ist
also die Monopolstellung der bedeutendsten Ölproduzenten zu einer dauernden
und unanfechtbaren geworden. Den Schaden trägt natürlich der Konsum, der
sich die Preise widerstandslos diktieren lassen muß. Die neue oben besprochene
Zusammenfassung der deutschen Ölproduzenten schließt sich, wie man sieht, als
ein neues Glied an diese Kette. Denn durch das Bindeglied der Deutschen
Petroleum-Aktlellgesellschnft steht der neue Trust in engsten Beziehungen zünden
Beherrschern des Marktes. Er wird uicht säumen, diesen Vorteil auszunutzen --
mit welchem Erfolg, wird man wohl an den Dividenden der Deutschen Tief¬
bohrgesellschaft sehen, die scholl bis jetzt mitunter 20 Prozent betragen haben.

Die allgemeine Situation an der Börse hat sich im Laufe der letzten
Wochen entschieden verschlechtert. Den Anstoß zu erheblichen Kursrückgängen
gaben politische Beklemmungen. Die Börse wurde plötzlich nervös, als die
Marokkofrage täglich diskutiert und sogar zum Gegenstand offiziöser Erklärungen
gemacht wurde. Man würde aber fehlgehen, wenn man hierin den wahren
Grund der mißmutigen Stimmung sehen würde. Dieser liegt vielmehr auf
wirtschaftlichem Gebiet. Die Börse verhehlt sich nicht, daß der Aufschwung, den


Reichsspiegel

gesellschaft. Diese traten ursprünglich als die Gründer und Geldgeber für die
Steaua auf, mußten aber schließlich liquidieren, und die Deutsche Bank stellte
sich nun offiziell an die Spitze der rumänischen Unternehmungen, wie man
wissen will, im Einverständnis mit der Reichsregieruug und mit der aus¬
gesprochenen Absicht, den Kampf gegen das Monopol der Standard Oil
Company aufzunehmen und durchzuführen. Nachdem sie also, wie erwähnt,
ihre Beteiligung zunächst an die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft abgeschoben
hatte, verband sie sich erst mit englischen und dann mit russischen Interessenten,
dem nobel-Konzern lind der Nothschildgruppe. In Gemeinschaft mit diesen
wurden nun zahlreiche Verkaufsgesellschasten in den einzelnen Ländern, in
Deutschland, England, Dänemark, Holland, der Schweiz gegründet. Die
deutsche Verkaufsgesellschaft, welche die bisher bestandenen besonderen Gesell¬
schaften der russischen Interessenten in sich aufnahm, war die Deutsche Petroleum-
verkaufsgesellschaft in. b. H. Ebenso schlössen sich in England die bestehenden
englischen, deutschen und russischen Verkaufsgesellschaften zu einer einheitlichen
Firma zusammen, und die Krönung des ganzen Gebäudes bildete dann die
Verschmelzung dieser englischen und der deutscheu Verkaufsgesellschaft zu der
Europäischen Petroleum Union Gesellschaft in. b. H., der auch die
Aerkaufsgesellschaften der übrigen Länder beitraten, und die also eine mono¬
polistische Kontrollgesellschaft größten Stiles darstellt. Indessen der ursprüngliche
Zweck der so weit angelegten Organisation, nämlich der Kampf gegen das
Monopol der Standard Oil, wurde jetzt, nachdem der Zusammenschluß gelungen
war, plötzlich fallen gelassen. Man fand, daß es bequemer und einträglicher
war, jetzt das Fell des Bären zu teilen, und verständigte sich mit der Standard,
indem man die deutsche Verkaufsgesellschaft unter die Leitung der Standard Oil
stellte, angeblich durch einen Vertrag, der bis 1921 läuft. Auf diese Weise ist
also die Monopolstellung der bedeutendsten Ölproduzenten zu einer dauernden
und unanfechtbaren geworden. Den Schaden trägt natürlich der Konsum, der
sich die Preise widerstandslos diktieren lassen muß. Die neue oben besprochene
Zusammenfassung der deutschen Ölproduzenten schließt sich, wie man sieht, als
ein neues Glied an diese Kette. Denn durch das Bindeglied der Deutschen
Petroleum-Aktlellgesellschnft steht der neue Trust in engsten Beziehungen zünden
Beherrschern des Marktes. Er wird uicht säumen, diesen Vorteil auszunutzen —
mit welchem Erfolg, wird man wohl an den Dividenden der Deutschen Tief¬
bohrgesellschaft sehen, die scholl bis jetzt mitunter 20 Prozent betragen haben.

Die allgemeine Situation an der Börse hat sich im Laufe der letzten
Wochen entschieden verschlechtert. Den Anstoß zu erheblichen Kursrückgängen
gaben politische Beklemmungen. Die Börse wurde plötzlich nervös, als die
Marokkofrage täglich diskutiert und sogar zum Gegenstand offiziöser Erklärungen
gemacht wurde. Man würde aber fehlgehen, wenn man hierin den wahren
Grund der mißmutigen Stimmung sehen würde. Dieser liegt vielmehr auf
wirtschaftlichem Gebiet. Die Börse verhehlt sich nicht, daß der Aufschwung, den


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[0347] Reichsspiegel gesellschaft. Diese traten ursprünglich als die Gründer und Geldgeber für die Steaua auf, mußten aber schließlich liquidieren, und die Deutsche Bank stellte sich nun offiziell an die Spitze der rumänischen Unternehmungen, wie man wissen will, im Einverständnis mit der Reichsregieruug und mit der aus¬ gesprochenen Absicht, den Kampf gegen das Monopol der Standard Oil Company aufzunehmen und durchzuführen. Nachdem sie also, wie erwähnt, ihre Beteiligung zunächst an die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft abgeschoben hatte, verband sie sich erst mit englischen und dann mit russischen Interessenten, dem nobel-Konzern lind der Nothschildgruppe. In Gemeinschaft mit diesen wurden nun zahlreiche Verkaufsgesellschasten in den einzelnen Ländern, in Deutschland, England, Dänemark, Holland, der Schweiz gegründet. Die deutsche Verkaufsgesellschaft, welche die bisher bestandenen besonderen Gesell¬ schaften der russischen Interessenten in sich aufnahm, war die Deutsche Petroleum- verkaufsgesellschaft in. b. H. Ebenso schlössen sich in England die bestehenden englischen, deutschen und russischen Verkaufsgesellschaften zu einer einheitlichen Firma zusammen, und die Krönung des ganzen Gebäudes bildete dann die Verschmelzung dieser englischen und der deutscheu Verkaufsgesellschaft zu der Europäischen Petroleum Union Gesellschaft in. b. H., der auch die Aerkaufsgesellschaften der übrigen Länder beitraten, und die also eine mono¬ polistische Kontrollgesellschaft größten Stiles darstellt. Indessen der ursprüngliche Zweck der so weit angelegten Organisation, nämlich der Kampf gegen das Monopol der Standard Oil, wurde jetzt, nachdem der Zusammenschluß gelungen war, plötzlich fallen gelassen. Man fand, daß es bequemer und einträglicher war, jetzt das Fell des Bären zu teilen, und verständigte sich mit der Standard, indem man die deutsche Verkaufsgesellschaft unter die Leitung der Standard Oil stellte, angeblich durch einen Vertrag, der bis 1921 läuft. Auf diese Weise ist also die Monopolstellung der bedeutendsten Ölproduzenten zu einer dauernden und unanfechtbaren geworden. Den Schaden trägt natürlich der Konsum, der sich die Preise widerstandslos diktieren lassen muß. Die neue oben besprochene Zusammenfassung der deutschen Ölproduzenten schließt sich, wie man sieht, als ein neues Glied an diese Kette. Denn durch das Bindeglied der Deutschen Petroleum-Aktlellgesellschnft steht der neue Trust in engsten Beziehungen zünden Beherrschern des Marktes. Er wird uicht säumen, diesen Vorteil auszunutzen — mit welchem Erfolg, wird man wohl an den Dividenden der Deutschen Tief¬ bohrgesellschaft sehen, die scholl bis jetzt mitunter 20 Prozent betragen haben. Die allgemeine Situation an der Börse hat sich im Laufe der letzten Wochen entschieden verschlechtert. Den Anstoß zu erheblichen Kursrückgängen gaben politische Beklemmungen. Die Börse wurde plötzlich nervös, als die Marokkofrage täglich diskutiert und sogar zum Gegenstand offiziöser Erklärungen gemacht wurde. Man würde aber fehlgehen, wenn man hierin den wahren Grund der mißmutigen Stimmung sehen würde. Dieser liegt vielmehr auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Börse verhehlt sich nicht, daß der Aufschwung, den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/347>, abgerufen am 26.06.2024.