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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

den Inhalt des Bandes, der somit mehr ein
Skizzenvündel als eine einheitliche Erzählung
darstellt. Exotische Landschaft, Seezeichuungen,
Bilder aus den verschiedenen Schichten der
Damvferpassagiere sind meist so festgehalten,
wie die Kinder daS alles sehen, also zugleich
scharf und doch etwas oberflächlich, dabei aber
immer unverküustelt. Nur ein-, zweimal bergißt
der Verfasser, daß er mit Kinderaugen sehen
will, und gibt seelisch tiefere Darstellungen; sie
glücken ihm und erregen im Leser den Wunsch,
auch ernstere Lebensfahrten bon diesem Manne
beschrieben zu sehen. Ich weiß nicht, wie weit
R> I, Schmied derartigen Aufgaben gewachsen
sein wird; aber sicherlich wird er ihnen eines
entgegenbringen, was heute zum seltensten
R. gehört: schlichte Natürlichkeit,


Drei eigenartige Erzählungen hat Irene
Forbes-Mosse in einem Novellenband "Ber-

deritzchcn und Andere" (S. Fischer, Verlag,
Berlin, Preis M. 2,50) vereinigt. Das kleine
Mädchen der Titelnovelle, das über seiner
französischen Grammatik ins Träumen kommt,
ist ein gar köstliches Persönchen mit seinen
halb drolligen, halb melancholischen Betrach¬
tungen, die es beim Anblick von Großmutters
Bildnis anstellt. Ein feiner Lavendelduft
scheint diesen Bildern aus der Vergangenheit zu
entsteigen, als die noch lebten, liebten und
litten, die längst von uns gegangen, deren
Namen und Geschichte wir kaum noch kennen.
Manchmal klingt der Ton der Erzählung,
als ob wir in einem Märchen von Andersen
lasen, "Entsagung" konnte man die beiden
anderen Novellen "Glück in. Dornen" und
"Liselotte" nennen; denn beide Heldinnen
müssen entsagen: die stolze, kraftvolle Britta
dem geliebten Mann, der bereits andere Fesseln
trägt, und die träumerische Liselotte, die ihre
holde Jugend einem alternden Manne zu
eigen gibt, Über den Erzählungen liegt eine
duftige, goldene Herbststimmung, die durch
den feinen, immer wieder aufblitzenden Humor
noch leuchtender wird. Diese Menschen ent¬
sagen, aber sie tun es lautlos; sie geben ihr
Liebstes mit blutendem Herzen hin aber sie
,
w. Z. R. verlieren niemals sich selbst,


[Spaltenumbruch]

Aristophanes, die jüngst bei Cotta, Stuttgart
und Berlin (Bibliothek der Weltliteratur) in
drei wohlfeilen Bänden erschien, ist eine bio¬
graphische Einleitung "Ludwig Seeger" von
Hermann Fischer vorangestellt, der liebevoll
Seegers (1810 bis 1864) Leben und Wirken
schildert. Wilhelm Schmid gibt einen Überblick
über die Geschichte der deutschen Aristophanes-
Mersetzuug bis Goethe und Wieland und von
Wieland bis Droysen und Seeger. Die neue
Ausgabe hat die Einzeleinleitungen und die
Anmerkungen weggelassen, Seegers "Epistel
an einen Freund" ist beibehalten. Erfrischend
berührt uns Seegers Stellungnahme gegen die
Prüden; er tritt bewußt für diese Poesie ein,
die sich nicht nur im Äther badet, und er
verteidigt es, daß seine Übersetzung nicht kürzt.
Und auch wir können uns an dem Urteil er¬
freuen, das die Herzogin Anna Amalia von
Weimar über Aristophanes abgab, als sie ihn
mit Wieland las: "Ich finde an ihm sehr viel
Vergnügen, sein beißender Witz ist unerschöpflich,
und mit alledem hat er so viel Grazie, daß
man ihm alles gern vergibt,, selbst seine
schmutzigen Sachen."

Dr. Karl Polhcim
Naturwissenschaften

Ans fernen Welten. Eine volkstümliche
Himmelskunde. Von Bruno Bürget. Mit vielen
Abbildungen. Pr. M. 3 --. Ullstein, Berlin.

Vor mir liegt die zweite Auflage dieses
durchaus populär und wirklich fesselnd ge¬
chriebenen astronomischen Lehrbuches, dessen
Verfasser allzu bescheiden in seiner Vorrede
agt, daß dasselbe dem großen Publikum, dem
örperlich arbeitenden Manne, der Werktätigen
Frau vornehmlich gewidmet sei zur Erholung
nach des Tagewerkes Mühe und Plage, In
er Tat wird aber selbst derjenige, welcher
ich mehr mit der Sternenkunde als der ge¬
bildete Durchschnittsmensch^ unserer Tage befaßt
at, das vorliegende Buch um so mehr des
Lesens wert erachten, als es abgesehen von
iner wahren Fülle interessanter astronomischer
Tntsachen reich ist an diesen philosophischen,
a, ich möchte fast sagen frommen Gedanken
nd dazu hie und da auch die gewaltige Poesie,
ie zu uns aus des Himmelsraumes fernsten
Fernen redet, zu Worte kommen läßt.

[Ende Spaltensatz]
Ludwig Seegcrs Übersetzung des Aristo-
phnnes.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

den Inhalt des Bandes, der somit mehr ein
Skizzenvündel als eine einheitliche Erzählung
darstellt. Exotische Landschaft, Seezeichuungen,
Bilder aus den verschiedenen Schichten der
Damvferpassagiere sind meist so festgehalten,
wie die Kinder daS alles sehen, also zugleich
scharf und doch etwas oberflächlich, dabei aber
immer unverküustelt. Nur ein-, zweimal bergißt
der Verfasser, daß er mit Kinderaugen sehen
will, und gibt seelisch tiefere Darstellungen; sie
glücken ihm und erregen im Leser den Wunsch,
auch ernstere Lebensfahrten bon diesem Manne
beschrieben zu sehen. Ich weiß nicht, wie weit
R> I, Schmied derartigen Aufgaben gewachsen
sein wird; aber sicherlich wird er ihnen eines
entgegenbringen, was heute zum seltensten
R. gehört: schlichte Natürlichkeit,


Drei eigenartige Erzählungen hat Irene
Forbes-Mosse in einem Novellenband „Ber-

deritzchcn und Andere" (S. Fischer, Verlag,
Berlin, Preis M. 2,50) vereinigt. Das kleine
Mädchen der Titelnovelle, das über seiner
französischen Grammatik ins Träumen kommt,
ist ein gar köstliches Persönchen mit seinen
halb drolligen, halb melancholischen Betrach¬
tungen, die es beim Anblick von Großmutters
Bildnis anstellt. Ein feiner Lavendelduft
scheint diesen Bildern aus der Vergangenheit zu
entsteigen, als die noch lebten, liebten und
litten, die längst von uns gegangen, deren
Namen und Geschichte wir kaum noch kennen.
Manchmal klingt der Ton der Erzählung,
als ob wir in einem Märchen von Andersen
lasen, „Entsagung" konnte man die beiden
anderen Novellen „Glück in. Dornen" und
„Liselotte" nennen; denn beide Heldinnen
müssen entsagen: die stolze, kraftvolle Britta
dem geliebten Mann, der bereits andere Fesseln
trägt, und die träumerische Liselotte, die ihre
holde Jugend einem alternden Manne zu
eigen gibt, Über den Erzählungen liegt eine
duftige, goldene Herbststimmung, die durch
den feinen, immer wieder aufblitzenden Humor
noch leuchtender wird. Diese Menschen ent¬
sagen, aber sie tun es lautlos; sie geben ihr
Liebstes mit blutendem Herzen hin aber sie
,
w. Z. R. verlieren niemals sich selbst,


[Spaltenumbruch]

Aristophanes, die jüngst bei Cotta, Stuttgart
und Berlin (Bibliothek der Weltliteratur) in
drei wohlfeilen Bänden erschien, ist eine bio¬
graphische Einleitung „Ludwig Seeger" von
Hermann Fischer vorangestellt, der liebevoll
Seegers (1810 bis 1864) Leben und Wirken
schildert. Wilhelm Schmid gibt einen Überblick
über die Geschichte der deutschen Aristophanes-
Mersetzuug bis Goethe und Wieland und von
Wieland bis Droysen und Seeger. Die neue
Ausgabe hat die Einzeleinleitungen und die
Anmerkungen weggelassen, Seegers „Epistel
an einen Freund" ist beibehalten. Erfrischend
berührt uns Seegers Stellungnahme gegen die
Prüden; er tritt bewußt für diese Poesie ein,
die sich nicht nur im Äther badet, und er
verteidigt es, daß seine Übersetzung nicht kürzt.
Und auch wir können uns an dem Urteil er¬
freuen, das die Herzogin Anna Amalia von
Weimar über Aristophanes abgab, als sie ihn
mit Wieland las: „Ich finde an ihm sehr viel
Vergnügen, sein beißender Witz ist unerschöpflich,
und mit alledem hat er so viel Grazie, daß
man ihm alles gern vergibt,, selbst seine
schmutzigen Sachen."

Dr. Karl Polhcim
Naturwissenschaften

Ans fernen Welten. Eine volkstümliche
Himmelskunde. Von Bruno Bürget. Mit vielen
Abbildungen. Pr. M. 3 —. Ullstein, Berlin.

Vor mir liegt die zweite Auflage dieses
durchaus populär und wirklich fesselnd ge¬
chriebenen astronomischen Lehrbuches, dessen
Verfasser allzu bescheiden in seiner Vorrede
agt, daß dasselbe dem großen Publikum, dem
örperlich arbeitenden Manne, der Werktätigen
Frau vornehmlich gewidmet sei zur Erholung
nach des Tagewerkes Mühe und Plage, In
er Tat wird aber selbst derjenige, welcher
ich mehr mit der Sternenkunde als der ge¬
bildete Durchschnittsmensch^ unserer Tage befaßt
at, das vorliegende Buch um so mehr des
Lesens wert erachten, als es abgesehen von
iner wahren Fülle interessanter astronomischer
Tntsachen reich ist an diesen philosophischen,
a, ich möchte fast sagen frommen Gedanken
nd dazu hie und da auch die gewaltige Poesie,
ie zu uns aus des Himmelsraumes fernsten
Fernen redet, zu Worte kommen läßt.

[Ende Spaltensatz]
Ludwig Seegcrs Übersetzung des Aristo-
phnnes.


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[0653] Maßgebliches und Unmaßgebliches den Inhalt des Bandes, der somit mehr ein Skizzenvündel als eine einheitliche Erzählung darstellt. Exotische Landschaft, Seezeichuungen, Bilder aus den verschiedenen Schichten der Damvferpassagiere sind meist so festgehalten, wie die Kinder daS alles sehen, also zugleich scharf und doch etwas oberflächlich, dabei aber immer unverküustelt. Nur ein-, zweimal bergißt der Verfasser, daß er mit Kinderaugen sehen will, und gibt seelisch tiefere Darstellungen; sie glücken ihm und erregen im Leser den Wunsch, auch ernstere Lebensfahrten bon diesem Manne beschrieben zu sehen. Ich weiß nicht, wie weit R> I, Schmied derartigen Aufgaben gewachsen sein wird; aber sicherlich wird er ihnen eines entgegenbringen, was heute zum seltensten R. gehört: schlichte Natürlichkeit, Drei eigenartige Erzählungen hat Irene Forbes-Mosse in einem Novellenband „Ber- deritzchcn und Andere" (S. Fischer, Verlag, Berlin, Preis M. 2,50) vereinigt. Das kleine Mädchen der Titelnovelle, das über seiner französischen Grammatik ins Träumen kommt, ist ein gar köstliches Persönchen mit seinen halb drolligen, halb melancholischen Betrach¬ tungen, die es beim Anblick von Großmutters Bildnis anstellt. Ein feiner Lavendelduft scheint diesen Bildern aus der Vergangenheit zu entsteigen, als die noch lebten, liebten und litten, die längst von uns gegangen, deren Namen und Geschichte wir kaum noch kennen. Manchmal klingt der Ton der Erzählung, als ob wir in einem Märchen von Andersen lasen, „Entsagung" konnte man die beiden anderen Novellen „Glück in. Dornen" und „Liselotte" nennen; denn beide Heldinnen müssen entsagen: die stolze, kraftvolle Britta dem geliebten Mann, der bereits andere Fesseln trägt, und die träumerische Liselotte, die ihre holde Jugend einem alternden Manne zu eigen gibt, Über den Erzählungen liegt eine duftige, goldene Herbststimmung, die durch den feinen, immer wieder aufblitzenden Humor noch leuchtender wird. Diese Menschen ent¬ sagen, aber sie tun es lautlos; sie geben ihr Liebstes mit blutendem Herzen hin aber sie , w. Z. R. verlieren niemals sich selbst, Aristophanes, die jüngst bei Cotta, Stuttgart und Berlin (Bibliothek der Weltliteratur) in drei wohlfeilen Bänden erschien, ist eine bio¬ graphische Einleitung „Ludwig Seeger" von Hermann Fischer vorangestellt, der liebevoll Seegers (1810 bis 1864) Leben und Wirken schildert. Wilhelm Schmid gibt einen Überblick über die Geschichte der deutschen Aristophanes- Mersetzuug bis Goethe und Wieland und von Wieland bis Droysen und Seeger. Die neue Ausgabe hat die Einzeleinleitungen und die Anmerkungen weggelassen, Seegers „Epistel an einen Freund" ist beibehalten. Erfrischend berührt uns Seegers Stellungnahme gegen die Prüden; er tritt bewußt für diese Poesie ein, die sich nicht nur im Äther badet, und er verteidigt es, daß seine Übersetzung nicht kürzt. Und auch wir können uns an dem Urteil er¬ freuen, das die Herzogin Anna Amalia von Weimar über Aristophanes abgab, als sie ihn mit Wieland las: „Ich finde an ihm sehr viel Vergnügen, sein beißender Witz ist unerschöpflich, und mit alledem hat er so viel Grazie, daß man ihm alles gern vergibt,, selbst seine schmutzigen Sachen." Dr. Karl Polhcim Naturwissenschaften Ans fernen Welten. Eine volkstümliche Himmelskunde. Von Bruno Bürget. Mit vielen Abbildungen. Pr. M. 3 —. Ullstein, Berlin. Vor mir liegt die zweite Auflage dieses durchaus populär und wirklich fesselnd ge¬ chriebenen astronomischen Lehrbuches, dessen Verfasser allzu bescheiden in seiner Vorrede agt, daß dasselbe dem großen Publikum, dem örperlich arbeitenden Manne, der Werktätigen Frau vornehmlich gewidmet sei zur Erholung nach des Tagewerkes Mühe und Plage, In er Tat wird aber selbst derjenige, welcher ich mehr mit der Sternenkunde als der ge¬ bildete Durchschnittsmensch^ unserer Tage befaßt at, das vorliegende Buch um so mehr des Lesens wert erachten, als es abgesehen von iner wahren Fülle interessanter astronomischer Tntsachen reich ist an diesen philosophischen, a, ich möchte fast sagen frommen Gedanken nd dazu hie und da auch die gewaltige Poesie, ie zu uns aus des Himmelsraumes fernsten Fernen redet, zu Worte kommen läßt. Ludwig Seegcrs Übersetzung des Aristo- phnnes.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/653>, abgerufen am 04.07.2024.