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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegcl

Gesinnung konnte es kaum wundernehmen, wenn der Papst sich schließlich stark
genug fühlte, die preußische Regierung nun auch offen angreifen zu können. Das
geschah durch die Veröffentlichung eines am 31. Dezember v. Is, an den Kardinal
Fischer-Köln gerichteten Schreibens am 2V. Januar, d.h. am Tage vor
dem Geburtstag des Kaisers und acht Tage nach der Erklärung des preußischen
Kultusministers, daß der Modernisteneid die Interessen des Staates nicht berühre,
daß darum auch "die Beibehaltung katholischer Fakultäten im Interesse des Staates"
liege. Der Papst fordert dennoch von den staatlich angestellten Priestern nicht
mehr und nicht weniger als die Auflehnung gegen die Staatsgewalt! In der
deutschen Presse hat die neuerliche Herausforderung einen Sturm der Entrüstung
hervorgerufen. Selbst die Kreuzzeitung, die durch gewisse Rücksichten den: Zentrum
gegenüber gebunden ist, hat männliche Worte der Abwehr gesunden. Nur die
Negierung schweigt noch. Doch ist anzunehmen, daß auch ihr schließlich die
Geduld reißt. Ob diese letzte Kühnheit des Papstes zu einer Klärung der inner¬
politischen Situation in Deutschland führen wird, wie manche Optimisten hoffen,
läßt sich noch nicht überschauen.




[Beginn Spaltensatz]
Bücherkiste
0. Hosmaimsthiil, Hugo: Der Roscutavalier
(Libretto der neuen Oper Richard Strauss.) Ein-
band von Karl Walser, Berlin, S, Fischer.
Hanptinan", Gerhard: Di - Ratten. Berliner Trag!-
lomödie. Berlin, S. Fischer.
Guethcs Jtaliiinischc Reise. 2 Bände. Leipzig,
Kliulhardt 6 Biermann.
Hügli, Emil: Rita Rosclli. Schiendih bei Leipzig,
W. Schäfer. M. 2.--.
Hiigli, Emil: Lockende Fluten. Schkcntul! bei
Leipzig, W. Schäfer. M. 3.--.
[Spaltenumbruch]

Ernst, Otto: Gesund und frohen Mutes. (Aus¬
wahl ans seinen Werken.1 Herausgegeben von
"nid" Hinter. Leipzig, L. Staackinann. M. 1.S0.

Die scharfsichere Beobachtung der Kinderseele ist
der beste Teil der Begabung des Appclschnut-
Dichters; deshalb liest man mit Vergnügen die
Erzählungen: "Im Seebade" und "Die Hosentaschen
des Erasmus". Vou den hier dargebotenen Ge¬
dichten hätten "Nis Räubers", "Der Grcuz-
lanf" und "Fran Beate SlupiditaS" genügt. Die
schulmeisterliche Abhandlung über "Minna vou
Barnhelm" und die üvcrschwäugliche, alles objcltiv-
Masz überschreitende Einleitung des Herausgebers
H. A. hätten ohne Schade" fortbleiben rönnen.

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Anzeigen-Annahme für diesen Teil beim Verlag der Grenzvotcn G. in. b. H.,
Berlin 8>V. II, Bernbnrger Straße 22 s/23.




Reichsspiegcl

Gesinnung konnte es kaum wundernehmen, wenn der Papst sich schließlich stark
genug fühlte, die preußische Regierung nun auch offen angreifen zu können. Das
geschah durch die Veröffentlichung eines am 31. Dezember v. Is, an den Kardinal
Fischer-Köln gerichteten Schreibens am 2V. Januar, d.h. am Tage vor
dem Geburtstag des Kaisers und acht Tage nach der Erklärung des preußischen
Kultusministers, daß der Modernisteneid die Interessen des Staates nicht berühre,
daß darum auch „die Beibehaltung katholischer Fakultäten im Interesse des Staates"
liege. Der Papst fordert dennoch von den staatlich angestellten Priestern nicht
mehr und nicht weniger als die Auflehnung gegen die Staatsgewalt! In der
deutschen Presse hat die neuerliche Herausforderung einen Sturm der Entrüstung
hervorgerufen. Selbst die Kreuzzeitung, die durch gewisse Rücksichten den: Zentrum
gegenüber gebunden ist, hat männliche Worte der Abwehr gesunden. Nur die
Negierung schweigt noch. Doch ist anzunehmen, daß auch ihr schließlich die
Geduld reißt. Ob diese letzte Kühnheit des Papstes zu einer Klärung der inner¬
politischen Situation in Deutschland führen wird, wie manche Optimisten hoffen,
läßt sich noch nicht überschauen.




[Beginn Spaltensatz]
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0. Hosmaimsthiil, Hugo: Der Roscutavalier
(Libretto der neuen Oper Richard Strauss.) Ein-
band von Karl Walser, Berlin, S, Fischer.
Hanptinan», Gerhard: Di - Ratten. Berliner Trag!-
lomödie. Berlin, S. Fischer.
Guethcs Jtaliiinischc Reise. 2 Bände. Leipzig,
Kliulhardt 6 Biermann.
Hügli, Emil: Rita Rosclli. Schiendih bei Leipzig,
W. Schäfer. M. 2.—.
Hiigli, Emil: Lockende Fluten. Schkcntul! bei
Leipzig, W. Schäfer. M. 3.—.
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Ernst, Otto: Gesund und frohen Mutes. (Aus¬
wahl ans seinen Werken.1 Herausgegeben von
«nid« Hinter. Leipzig, L. Staackinann. M. 1.S0.

Die scharfsichere Beobachtung der Kinderseele ist
der beste Teil der Begabung des Appclschnut-
Dichters; deshalb liest man mit Vergnügen die
Erzählungen: „Im Seebade" und „Die Hosentaschen
des Erasmus". Vou den hier dargebotenen Ge¬
dichten hätten „Nis Räubers", „Der Grcuz-
lanf" und „Fran Beate SlupiditaS" genügt. Die
schulmeisterliche Abhandlung über „Minna vou
Barnhelm" und die üvcrschwäugliche, alles objcltiv-
Masz überschreitende Einleitung des Herausgebers
H. A. hätten ohne Schade» fortbleiben rönnen.

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Anzeigen-Annahme für diesen Teil beim Verlag der Grenzvotcn G. in. b. H.,
Berlin 8>V. II, Bernbnrger Straße 22 s/23.




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[0269] Reichsspiegcl Gesinnung konnte es kaum wundernehmen, wenn der Papst sich schließlich stark genug fühlte, die preußische Regierung nun auch offen angreifen zu können. Das geschah durch die Veröffentlichung eines am 31. Dezember v. Is, an den Kardinal Fischer-Köln gerichteten Schreibens am 2V. Januar, d.h. am Tage vor dem Geburtstag des Kaisers und acht Tage nach der Erklärung des preußischen Kultusministers, daß der Modernisteneid die Interessen des Staates nicht berühre, daß darum auch „die Beibehaltung katholischer Fakultäten im Interesse des Staates" liege. Der Papst fordert dennoch von den staatlich angestellten Priestern nicht mehr und nicht weniger als die Auflehnung gegen die Staatsgewalt! In der deutschen Presse hat die neuerliche Herausforderung einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Selbst die Kreuzzeitung, die durch gewisse Rücksichten den: Zentrum gegenüber gebunden ist, hat männliche Worte der Abwehr gesunden. Nur die Negierung schweigt noch. Doch ist anzunehmen, daß auch ihr schließlich die Geduld reißt. Ob diese letzte Kühnheit des Papstes zu einer Klärung der inner¬ politischen Situation in Deutschland führen wird, wie manche Optimisten hoffen, läßt sich noch nicht überschauen. Bücherkiste 0. Hosmaimsthiil, Hugo: Der Roscutavalier (Libretto der neuen Oper Richard Strauss.) Ein- band von Karl Walser, Berlin, S, Fischer. Hanptinan», Gerhard: Di - Ratten. Berliner Trag!- lomödie. Berlin, S. Fischer. Guethcs Jtaliiinischc Reise. 2 Bände. Leipzig, Kliulhardt 6 Biermann. Hügli, Emil: Rita Rosclli. Schiendih bei Leipzig, W. Schäfer. M. 2.—. Hiigli, Emil: Lockende Fluten. Schkcntul! bei Leipzig, W. Schäfer. M. 3.—. Ernst, Otto: Gesund und frohen Mutes. (Aus¬ wahl ans seinen Werken.1 Herausgegeben von «nid« Hinter. Leipzig, L. Staackinann. M. 1.S0. Die scharfsichere Beobachtung der Kinderseele ist der beste Teil der Begabung des Appclschnut- Dichters; deshalb liest man mit Vergnügen die Erzählungen: „Im Seebade" und „Die Hosentaschen des Erasmus". Vou den hier dargebotenen Ge¬ dichten hätten „Nis Räubers", „Der Grcuz- lanf" und „Fran Beate SlupiditaS" genügt. Die schulmeisterliche Abhandlung über „Minna vou Barnhelm" und die üvcrschwäugliche, alles objcltiv- Masz überschreitende Einleitung des Herausgebers H. A. hätten ohne Schade» fortbleiben rönnen. Anzeigen-Annahme für diesen Teil beim Verlag der Grenzvotcn G. in. b. H., Berlin 8>V. II, Bernbnrger Straße 22 s/23.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/269>, abgerufen am 04.07.2024.